Zwei Konsumenten wollten rund € 9.000,-- sicher anlegen. Vom Vermittler (offenbar einem Versicherungsmakler) wurde eine amerikanische Secondhand Lebensversicherung empfohlen, welche über einen Anbieter in Toronto gehandelt wurde.
Der Vermittler klärte über das Währungsrisiko auf und stellte das Produkt ansonsten als sichere Anlageform dar. Das Risiko eines Totalverlustes im Fall einer Insolvenz wurde nicht besprochen. In der Folge wurden der kanadische Anbieter und die vorhandene Rückversicherung insolvent.
Beim Secondhand Polizzen Modell verkaufen Versicherungsnehmer, die Geld benötigen, ihre Versicherung. Sie erhalten dafür einen höheren Preis als der Rückkaufswert der Polizze. Die Prämie wird vom Erwerber weiterbezahlt. Anlegern wird einerseits der Kauf von Einzelpolizzen vermittelt, andererseits werden strukturierte Produkte angeboten. Die Käufer erhalten die Versicherungssumme, wenn der Versicherungsnehmer stirbt. Je früher er stirbt, desto höher ist die Rendite. Im vorliegenden Modell war vorgesehen, dass ein Rückversicherer die Versicherungssumme auszahlt, wenn der Versicherungsnehmer zwei Jahre nach dem prognostizierten Sterbedatum immer noch lebt.
Die Konsumenten klagten auf Zahlung des investierten Betrages. Wenn ihnen das Insolvenzrisiko bekannt gewesen wäre, hätten sie das Geld anders veranlagt. Für das Erstgericht war nicht feststellbar, ob und allenfalls wann und in welcher Höhe Auszahlungen an die Anleger erfolgen werden. Ebenso war nicht feststellbar, ob der Versicherungsfall, für den der Rückversicherer eintrittspflichtig wäre, eingetreten ist oder noch eintreten kann bzw. was hinsichtlich der Rückversicherung besprochen wurde. Das Insolvenzrisiko habe den Konsumenten klar sein müssen.
Im Verfahren vor dem OGH war nur mehr die unterlassene Aufklärung über die Stellung des Rückversicherers strittig. Der OGH hält fest, dass die vor allem aus dem WAG abgeleiteten Wohlverhaltensregeln auch auf den Vertrieb von Versicherungen mit zumindest veranlagungsähnlichem Charakter anwendbar sind, und zwar sowohl beim Anlageberater als auch beim Anlagevermittler. Die Beratung des Vermittlers ist daher an Hand dieser Vorgaben zu beurteilen.
Auf Grund der Feststellungen bzw. Negativfeststellungen zum Rückversicherer fehlt es allerdings an einem Kausalzusammenhang zwischen der Insolvenz des Rückversicherers und einem Schaden aus dem Erwerb der Secondhand Polizze. Es steht nämlich gerade nicht fest, dass sich ein Risiko verwirklicht hat, für welches die Aufklärung über die Stellung des Rückversicherers in der Vertragsbeziehung maßgeblich wäre.
Der OGH verweist außerdem darauf, dass § 28 Z 2 MaklerG im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, und zwar auch nicht analog. Bei der gegebenen Konstellation sind die Kläger nämlich nicht Versicherungsnehmer der Versicherungspolizzen. Es wird bei Secondhand Polizzen auch kein neues Versicherungsverhältnis begründet, es werden lediglich Ansprüche übertragen. Nach § 28 Z 2 MaklerG muss ein Versicherungsmakler nur dem Versicherungsnehmer gegenüber die Solvenz des Versicherers beurteilen. § 28 MaklerG ist daher nicht direkt anwendbar. Eine analoge Anwendung scheidet alleine schon deswegen aus, weil im Zeitpunkt des Kaufes keine Informationen zugänglich waren, wonach die USI oder der Rückversicherer von einer Insolvenz bedroht wären - zumindest gab es kein entsprechendes Vorbringen.
OGH 21.7.2011, 1 Ob 115/11k
Klagevertreter: Neumayer, Walter & Haslinger; RAe in Wien