Im Anlassfall befand sich ein Konsument mit der Zahlung einer Forderung in Höhe von EUR 262,82 in Verzug, weil er die Angemessenheit der Höhe des Rechnungsbetrages anzweifelte, zumal nach seiner Ansicht nur die Hälfte der Arbeitszeit hätte verrechnet werden dürfen. Das Unternehmen übergab daraufhin die Forderung an das letztlich beklagte Inkassobüro zur außergerichtlichen Betreibung der Forderung. Das Inkassobüro mahnte die Kapitalforderung zuzüglich Zinsen, Evidenzhaltungsgebühr, Mahn- und Interventionsspesen in Höhe von letztlich EUR 105,02 ein. Der Konsument bezahlte die Kapitalforderung, die Inkassokosten jedoch nur unter Vorbehalt der rechtlichen Klärung und Rückforderung. Die Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem von ihm beauftragten Inkassobüro lautete dahingehend, das dem Unternehmer als Auftraggeber nur dann eine Bearbeitungsgebühr von EUR 30,00 in Rechnung gestellt wird, wenn die Forderung aus wirtschaftlichen Gründen nicht weiter betrieben wird bzw Recherchekosten bis zu EUR 35,00, wenn der Schuldner die Inkassokosten nicht bezahlt. Tatsächlich wurden dem Unternehmer vom Inkassobüro keine Kosten in Rechnung gestellt.
Unter Abtretung des Anspruches klagte der VKI das Inkassobüro auf Rückzahlung der vom Konsumenten unter Vorbehalt bezahlten Inkassokosten in Höhe von EUR 105,02.
Nach Ansicht des BG Innere Stadt Wien ist das Inkassobüro ungerechtfertigt bereichert:
Für die Höhe der Inkassokosten sei auf der Grundlage des § 1333 Abs 2 ABGB zu beachten, dass die einzelnen Positionen dem Gläubiger überhaupt erst als Schaden entstanden sein müssen und ihre Ersetzbarkeit in Anlehnung an § 41 Abs 1 ZPO und § 6 Abs 1 Z 15 KSchG einer doppelten Beschränkung unterlägen. Ersetzbar seien nur zweckentsprechende außergerichtliche Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen. Die Verordnung über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen (BGBl 1996/141), die auch die dem Schuldner in Rechnung zu stellenden Positionen normiere (§ 3 der VO) lege lediglich deren Höchstsätze fest, stelle selbst aber keine Anspruchsgrundlage für vom Schuldner ersetzbare Kosten dar. Es handele sich also um einen Schadenersatzanspruch des Gläubiger gegen den schuldhaft in Verzug befindlichen Schuldner.
Der Ersatz fiktiver Kosten sei im Schadenersatzrecht nicht vorgesehen, zumal lediglich ein konkreter Schaden ausgeglichen werden solle. So seien beispielsweise nach der Rspr fiktive Mietwagenkosten nicht ersatzfähig. (Reischauer in Rummel³, § 1323 Rz 20). Fiktive Reparaturkosten seien nur ersatzfähig, wenn eine Reparaturabsicht festgestellt werden könne. Mangels Reparatur spreche die Rspr fiktive Reparaturkosten nur mehr bis zur Höhe der Minderung des gemeinen Wertes der beschädigten Sache zu. (Reischauer in Rummel³, § 1323 Rz 12). Auch fiktive Heilungskosten im Fall rechtswidriger und schuldhafter Verletzung stünden nicht zu. (Reischauer in Rummel³, § 1325 Rz 18).
Eine Vorschusspflicht bestehe für alle Fälle der Geldleistung zum Zweck der Naturalherstellung, wie zum Beispiel Heilungskosten. Bestehe das Recht auf Vorschuss nur für den Fall der Durchführung einer Maßnahme, so ergebe sich aus der Natur der Sache, dass der Empfänger des Geldes die Verwendung des Vorschusses nachzuweisen habe. Den Geschädigten träfe die Rechenschafts- bzw Rechnungslegungspflicht.
Nur der Auftraggeber des Inkassoinstitutes könne Gläubiger auf Ersatz angelaufener Inkassospesen sein (und nicht das Inkassounternehmen selbst), weil nur der Gläubiger in einem unmittelbaren Verhältnis zum Schuldner stehe. Auch nach Ansicht Rabls ("Der Schadenersatz von Inkassounternehmen dem Grunde nach", JBl 2007, 494) solle es auf der Grundlage der Inkasso-Verordnung möglich sein, den im Vermögen des Gläubigers entstandenen Schaden der Inkassokosten bis zur Höhe der in der Verordnung für die Schuldnergebühren festgesetzten Höchstsätze bei Vorliegen sämtlicher weiterer Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch als Verspätungsschaden gemäß § 918 iVm § 1333 Abs 2 ABGB gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Selbst die Beklagte führe in ihren eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Forderungsmanagement aus, dass das Mitglied/der Mandant die vom Inkassounternehmen gesetzten Leistungen nach den Tarifansätzen, die mit § 3 Inkasso-VO in Einklang stehen, honoriere. Diese Kosten können sodann vom Schuldner namens des Mitglieds/Mandanten unter dem Titel des Schadenersatzes eingefordert werden. Daher gehe auch die beklagte Partei davon aus, dass die "Schuldnergebühren" nur dann gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden können, wenn sie vom Auftraggeber auch in dieser Höhe honoriert würden.
Da aber nach den Feststellungen die Auftraggeberin aufgrund der zwischen ihr und der beklagten Partei getroffenen Vereinbarung nicht zur Zahlung der Inkassokosten von EUR 105,02 verpflichtet wurde, sei mangels Eintritts eines entsprechenden Schadens im Vermögen der Auftraggeberin auch kein diesbezüglicher Ersatzanspruch gegenüber dem Konsumenten entstanden.
Auch wenn der Schädiger nach den Grundsätzen des Schadenersatzrechts vorschusspflichtig sei und der Geschädigte nicht gezwungen werden dürfe, eigene Mittel zur Behebung eines Schadens flüssig zu machen, so könne die Bezahlung des von der beklagten Partei vom Konsumenten geforderten Betrages von EUR 105,02 dennoch nicht als Vorschuss auf die vom Auftraggeber zu tragenden Kosten des Betreibungsaufwandes angesehen werden, zumal diese Kosten nach der Vereinbarung tatsächlich und insbesondere in dieser Höhe nie entstehen würden.
Insgesamt habe daher der Konsument den Betrag von EUR 105,02 an die beklagte Partei rechtsgrundlos geleistet, sodass aufgrund ungerechtfertigter Vermögensverschiebung eine Bereicherung der beklagten Partei entstanden sei. Der Konsument habe Anspruch auf Rückersatz der geleisteten Zahlung samt gesetzlicher Zinsen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand 30.01.2014).
BG Innere Stadt Wien, 10.01.2014, 36 C 127/13i
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Klagevertreter: RA Dr. Stefan Langer