Der VKI ging - im Auftrag des BMASK - gegen die Werbung und gegen Klauseln in den Verträgen des Versicherungsanlageproduktes "Premium Edition 168" der Generali Versicherung vor und wurde in wesentlichen Punkten schon in erster Instanz bestätigt. Das OLG Wien verwarf nun die Berufung der Beklagten.
Die Generali hatte für das Produkt "Premium Edition 168" (Slogan: "Give Geld a Chance") mit einer "Kapitalgarantie 168%", "garantiert hohen Erträgen" und mit dem Logo sowie dem Slogan "unter den Flügeln des Löwen" geworben.
Tatsächlich handelte es sich bei dem Produkt um eine Anleihe der Lehman Brothers Treasury Co.B.V. in den Niederlanden; als Garantiegeber trat deren Muttergesellschaft, die Lehman Brothers Holding Inc. in den USA auf. Diese Umstände erwähnten weder die Werbung noch der Vertrag.
In den AGB schloss die Versicherung ihre Haftung zudem folgenderweise aus:
a) Für die Wertentwicklung der Anleihe […] ist ausschließlich der Emittent verantwortlich, für die Tilgung der Anleihe […] garantiert ebenso der in den besonderen Bedingungen Premium Edition 168 genannte Emittent, Veranlagungserfolg und -risiko kommen somit ausschließlich dem Begünstigten zu bzw. werden von ihm getragen.
b) Der Versicherer haftet nicht für einen allfälligen Ausfall des Emittenten der Anleihe (des Anlageproduktes, in das die Versicherungsprämie angelegt wird) und einen damit verbundenen Kapitalverlust sowie das Nichterfüllen allfälliger Garantieleistungen.
Das Erstgericht erklärte die Werbung für irreführend, die Klauseln für gesetzwidrig.
Das OLG Wien als Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Bei einem Garantieprodukt sei die Identität des Garanten gerade die Kerninformation zur Beurteilbarkeit, ob das Produkt den Sicherheitserwartungen entspreche, die Information darüber sei nicht irgendein, sondern ein zentrales Detail, und hätte in der Werbung ohne weiteres Platz gefunden.
Die Behauptung der Generali, dass die Identität des Garanten hinsichtlich des damals tadellosen Rufs der Lehman-Gruppe für die Kunden nur einen unwesentlicher Unterschied gemacht hätte, nahm das Gericht nicht als erwiesen an. Es bestätigte das Erstgericht in der Ansicht, dass die Garantie eines großen und seriösen im Inland ansässigen Versicherungsunternehmens eine einschlägige Anlockwirkung entfaltet.
Der VKI hatte daneben auch beanstandet, dass die Bewerbung der "Kapitalgarantie 168% den Eindruck erweckte, die Garantie würde sich auf diesen Prozentsatz auf Basis der insgesamt einbezahlten Prämie erstrecken, wobei tatsächlich als Basis nur die Prämie abzüglich der Versicherungssteuer herangezogen wurde. Die Generali wies in der Werbung auf dieses Faktum nur unauffällig mit einem Sternchen - Hinweis hin, was die Gerichte als unzulänglich bewerteten. Das OLG Wien kritisierte außerdem, dass der Auffälligkeitswert dieses Hinweises durch einen besonderen Kleindruck noch weiter reduziert war.
Auch dem Argument der Beklagten, zwischen einer Kapitalgarantie von 162% oder von 168% bestünde nur ein geringfügiger Unterschied, folgte das Gericht nicht. Einerseits bewertete es den Unterschied als erheblich, andererseits würde nach ansicht des Gerichts die Beklagte selbst kaum den höheren Wert derart in den Vordergrund stellen, wenn sie sich beim geringeren dasselbe Kundeninteresse erwartete.
Klauseln, die den Haftungsausschluß vorsehen
Zu § 864a ABGB (Verbot überraschender nachteiliger Klauseln in AGB) führte das Gericht aus, dass dieser alle für den Vertragspartner nachteiligen Klauseln erfasst, mit denen er nach den Umständen vernünftigerweise nicht rechnen musste, z.B. solche, die von seiner berechtigten Erwartung deutlich abweichen, Neben ihrem Inhalt ist dafür auch die Stellung der Klausel im Gesamtgefüge des Vertragstextes (ihre Einordnung in den AGB) maßgebend. Sie darf im Text nicht derart versteckt sein, dass sie der Vertragspartner - als durchschnittlich sorgfältiger Leser - dort nicht vermutet, wo sie sich befindet, und dort nicht findet, wo er sie vermuten könnte.
Der Vertragspartner im konkreten Fall würde nach Ansicht des Gerichts seinem Antrag eine Mindestleistung im Erlebensfall von 162% der einbezahlten Prämie entnehmen - die von dieser Erwartung abweichenden Klauseln stünden damit in deutlichem Konflikt. Als "Leistung im Erlebensfall" (von mindestens 162% der einbezahlten Prämie) durfte mangels entgegenstehender Hinweise - z.B. auf eine Garantieleistung des Emittenten, nämlich davon ausgegangen werden, es handle sich um die Leistung der Beklagten selbst.
Auch in den "Besonderen Bedingungen würde der durchschnittlich sorgfältige Leser keinen aufklärenden Hinweis finden, dass die Beklagte bei Insolvenz eines Dritten gar keine Leistung erbringe. Der Haftungsausschluß sei dann unter einem auf "technische Daten" hinweisenden Vertragspunkt nach einer Auflistung verschiedener börsentechnischer Details versteckt und dort nicht zu vermuten, und schon aus diesem Grund im Verbandsprozess zu beseitigen gewesen.
Gleiches gelte für die zweite beanstandete Klausel in den "Vertragsgrundlagen zur indexgebundenen Lebensversicherung": anhand der Artikelüberschrift "Was ist das Wesen der indexgebundenen Lebensversicherung?" erwarte der durchschnittlich sorgfältige Leser einschlägige Informationen zu jeglicher Lebensversicherung mit Indexbindung unabhängig vom Aspekt "Kapitalgarantie". Könne er schon den hierfür vorrangigen Besonderen Bedingungen nicht mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die Beklagte selbst eine Kapitalgarantie gerade nicht abgebe, ist für ihn umso überraschender, wenn in einer nachrangigen allgemeinen Vertragsurkunde ein derart zentraler Aspekt behandelt würde - noch dazu unmittelbar nach den Ausführungen über die Höhe der Abzüge für Versicherungssteuer und Abschlusskosten, die mit der Frage der Kapitalgarantie in keinerlei erkennbarem Zusammenhang stehen. Die Klausel sei allerdings schon nach der von der Beklagten selbst behaupteten - und vom Gericht in Frage gestellten aber nicht abschießend beurteilten - Interpretation (dass nicht die Beklagte, sondern ein Dritter Garantiegeber sei und der Kunde das Ausfallsrisiko des Emittenten und Garantiegebers tragen müsse) jedenfalls intransparent. Sie vermittle dem Kunden nämlich ein unklares Bild seiner vertraglichen Verpflichtungen.
In Ansehung der Werbung als auch der Vertragsabschlüsse (in einer festgestellten Zahl von immerhin rund 2.700) habe die Beklagte offenkundig österreichweit agiert, weshalb es auch zwecks Aufklärung eines nicht näher eingrenzbaren Personenkreises einer Veröffentlichung in der auflagenstärksten Kronen Zeitung bedürfe.
Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs nach UWG erklärte das Gericht die ordentliche Revision an den OGH für unzulässig, hinsichtlich des Anspruchs gemäß § 28 KSchG ist die ordentliche Revision an den OGH für die Beklagte möglich.
OLG Wien 21.9.2009, 4 R 189/09g
HG Wien 5.5.2009, 19 Cg 183/08w
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Klagevertreter: Brauneis, Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH, Wien
P.S.: Der VKI hat - in ähnlichem Zusammenhang - auch die Constantia Privatbank wegen ihrer "100 Prozent Kapitalgarantie" bei der Anleihe "Dragon FX Garant" (Emittent und Garant - Lehman Firmen, wie oben) wegen irreführender Werbung geklagt. Diese Verbandsklage ist in erster Instanz anhängig.