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Urteil: VKI-Erfolg gegen Kontobedingungen der CA

Die Creditanstalt verwendet in ihren Geschäftsbedingungen für Girokonten Klauseln, die gesetz- und sittenwidrig sind. Der VKI hatte die CA - im Auftrag des BMJ (Sektion Konsumentenschutz) - abgemahnt und eine Unterlassungserklärung gefordert. Diese wurde verweigert. Im nachfolgenden Verbandsklageverfahren konnte die CA in den Unterinstanzen bei einigen Klauseln sogar zunächst ihren Standpunkt durchsetzen, bis nunmehr der OGH der Klage des VKI in allen Punkten stattgegeben hat.

Konkret ging es um folgende Klauseln:

1) "Änderungen der Konditionen können vorgenommen werden, wenn sich die den diesbezüglichen Leistungen zugrundeliegenden Kosten ändern."

Der OGH ging davon aus, dass für eine einseitige Änderungsbefugnis der Bank eine - dem § 6 Abs 1 Z 5 KSchG entsprechende - vertragliche Grundlage gegeben sein müsse; daran habe § 34 Abs 3 BWG (Änderungen der Entgelte sind dem Verbraucher von Inkrafttreten der Änderung bekanntzugeben) nichts geändert. § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sei auch auf Dauerschuldverhältnisse anzuwenden, weil die - bei solchen Verträgen gegebene, aber mit mehr oder minder großen Nachteilen verbundene - faktische Möglichkeit des Verbrauchers, auf weitere Leistungen seines Vertragspartners zu verzichten, von seiner vertraglichen Position getrennt werden müsse.

Es gilt die kundenfreundlichste Auslegung

Nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG müsse eine Preisänderungsklausel an im Vertrag umschriebene Umstände anknüpfen, die vom Willen des Unternehmers unabhängig und sachlich gerechtfertigt sind. Auch müsse sich der Unternehmer im Gegenzug auch zur Senkung des Entgeltes verpflichten, wenn sich dies aus den vereinbarten Umständen ergäbe. Die Klausel sehe keine Verpflichtung zur Senkung der Entgelte vor, wenn sich die Kosten verringern. Vielmehr sei die "Änderung" der Konditionen in das Belieben der Bank ("können") gestellt.

Auch wenn die Klausel im Individualprozess "zweiseitig" auszulegen sei, so gelte im Verbandsverfahren das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung.

Die Klausel sei mangels "Zweiseitigkeit" nichtig; der OGH befasste sich daher nicht mit den weiteren Argumenten, wonach auch keine bestimmten und vom Willen des Unternehmers unabhängigen Parameter angegeben sind.

2) "Informationen an Dritte: Der Kontoinhaber ist damit einverstanden, dass die Bank alle im Zusammenhang mit der Eröffnung und Führung des Kontos/Depots stehenden Daten an eine zentrale Evidenzstelle und/oder an Gemeinschaftseinrichtungen von Kreditunternehmungen übermitteln kann."

Die beklagte Partei hatte sich auf eine Entscheidung des OGH (7 Ob 2299/96f) berufen, wonach auf einem Kontoführungsblatt enthaltene und vom Kunden unterfertigte Erklärungen im obigen Sinn, als wirksam angesehen wurden. Der OGH ging nunmehr davon aus, dass die zitierte Entscheidung im Lichte des Transparenzgebotes des § 6 Abs 3 KSchG überholt sei.

Geschäftsbedingungen müssen verständlich sein

Nach dem Transparenzgebot müssen dem Verbraucher in Verträgen unterbreitete und schriftlich niedergelegte Klauseln stets klar und verständlich abgefasst sein. Der OGH übernimmt die Judikaturlinie des BGH zum Transparenzgebot und führt aus, dass es geboten sei, dass sich der Kunde aus den Geschäftsbedingungen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung informieren könne, damit er nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werde. Maßstab sei das Verständnis eines typischen Durchschnittskunden.

Nach § 8 Abs 1 Z 2 DSG 2000 werden schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen dann nicht verletzt, wenn er der Verwendung seiner Daten zugestimmt hat, wobei ein Widerruf jederzeit möglich ist. Die Zustimmung muss aber gemäß § 4 Z 14 DSG 2000 "ohne Zwang" abgegeben werden und überdies "in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall". Daher liege eine wirksame Zustimmung nur vor, wenn der Betroffene wisse, welche seiner Daten zu welchem Zweck verwendet (übermittelt) werden sollen. Die konkrete Klausel lässt es für den Betroffenen nun aber völlig im Dunkeln, an welche konkrete Einrichtung seine Daten übermittelt werden sollen und er wird im Unklaren darüber gelassen, welche Aufgaben diese Einrichtung verfolgt und von wem und zu welchem Zweck auf die Daten zugegriffen werden kann.

Klausel widerspricht Transparenzgebot

Die Klausel widerspreche damit auch dem Transparenzgebot, weil sie die Tragweite der Einwilligung nicht erkennen lasse; dabei könnten die Auswirkungen gravierend sein, die Übermittlung der Daten könne dazu führen, dass der Kunde eine gewünschte Kontoverbindung nicht erhalte.

Darüber hinaus setzte eine wirksame Entbindung vom Bankgeheimnis gemäß § 38 Abs 2 Z 5 BWG voraus, dass die Erklärung vom Kunden unterschrieben werde; eine Aufnahme in AGB reiche nicht aus. Werde eine Klausel, die nur durch eine vom Verbraucher unterfertigte Erklärung vereinbart werden kann, in AGB aufgenommen, dann werde der Eindruck erweckt, die Klausel werde dadurch bereits Vertragsinhalt. Dies verstoße gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

3 - 4) "Diese Kontoauszüge gelten mit dem Tag der Abrufbarkeit auf dem Kontoauszugsdrucker als dem Kunden zugestellt." Und "Diese Unterlagen gelten mit dem Tag der Bereitstellung zur Abholung am Schalter als dem Kontoinhaber zugegangen."

Die CA argumentierte, diese Vereinbarungen würden - etwa wie bei der Eröffnung eines Postfaches - nur eine besondere "Zustelladresse" begründen. Die Konsequenz: Wenn Kontoauszüge oder Mitteilungen zugegangen gelten, beginnen die Fristen für allfällige Einsprüche. Versäumt man diese, so gelten Saldomitteilungen z.B. als anerkannt. Eine Konsequenz, auf die sich alle Banken gerne und oft berufen, wenn es gilt Forderungen von Konsumenten abzuwehren.

Bereitstellung am Schalter ist nicht mit der Postzustellung zu vergleichen

Der OGH ging davon aus, dass diese Sichtweise "den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht" werde. Der Zweck des § 6 Abs 1 Z 3 KSchG sei es zu verhindern, dass das Risiko des Zuganges von Erklärungen des Unternehmers auf den Verbraucher abgewälzt werde. Die Vereinbarung komme einer Zugangsfiktion nahe, weil weder der Aufmerksamkeitswert einer Zustellung durch Bereithalten am Schalter oder Kontoauszugsdrucker noch deren dadurch bewirkte tatsächliche Verfügbarkeit einer Postzustellung an der Anschrift des Kunden gleichgehalten werden könne. Die Gefahr, dass der Kunde rechtlich bedeutsame Erklärungen nicht rechtzeitig zur Kenntnis nehme, sei wesentlich größer als bei der Postzustellung. Auf diese Konsequenz weist aber die Klausel nicht hin. Daher ist die Klausel intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG.

5) "Der Kontoinhaber erteilt der Bank den Auftrag, die Kontoeröffnung seinem Arbeitgeber bzw. seiner bezugsanweisenden Stelle bzw. seiner pensionsanweisenden Stelle umgehend mitzuteilen."

Diese Klausel wurde bereits vom Erstgericht als für den Kunden im Sinn der §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB nachteilig angesehen, weil sie nicht eindeutig auf Gehalts- und Pensionskonten beschränkt sei. Diese Entscheidung blieb von der beklagten Partei unbekämpft.

6) "Der Kontoinhaber erklärt sich damit einverstanden, dass die seinem Konto gutgeschriebenen Beträge an die anweisende Stelle rücküberwiesen werden, sofern mit der anweisenden Stelle eine entsprechende Vereinbarung besteht und die dort festgelegten Voraussetzungen zutreffen."

Diese Klausel wurde vom Erstgericht (unbekämpft) als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG angesehen.

Konsequenzen dieser Entscheidung:

1) Der OGH übernimmt die - verbraucherfreundliche - deutsche Judikatur zum Transparenzgebot auch für Österreich; das ist ein großer Schritt für die Kontrolle von Klauseln in AGB.

2) Die CA muss nun mit ihren Kunden rasch gesetzeskonforme Bedingungen vereinbaren.

3) Diese Entscheidung stärkt die Position des VKI in einem weiteren Verbandsklagsprozess um die neuen AGB der Banken. Dort wurden 18 Punkte als gesetz- und sittenwidrig inkriminiert. Beispielsweise die Ausführungen des OGH zum Datenschutz und zum Bankgeheimnis werden auch in diesem Verfahren eine große Rolle spielen. Es bleibt abzuwarten, ob Österreichs Banken weiter den Weg gehen wollen, durch Urteile zu einer gesetzeskonformen Vertragsgestaltung gezwungen zu werden, oder ob Einsicht einkehrt und man mit den Konsumentenschützern (ähnlich wie dies die deutschen Banken vor Jahren getan haben) faire AGB aushandelt.

4) Die CA hat in der Vergangenheit Gebührenerhöhungen auf die 1) Klausel gestützt. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Gebührenerhöhungen - im vollen Ausmaß - zu Recht erfolgt sind und die Kunden nicht z.T. Rückforderungsansprüche hätten. Justizminister Böhmdorfer hat zu diesem Punkt angekündigt, ein Gutachten in Auftrag geben zu wollen.

5) Datenübermittlungen allein gestützt auf die 2) Klausel in den AGB erweisen sich als ungesetzlich. Die Betroffenen könnten wohl die Löschung von übermittelten Daten verlangen.

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