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Urteil: VKI gewinnt in 2. Instanz gegen hutchison - Klausel mangels Lesbarkeit unwirksam

Der VKI führte im Auftrag des BMASK ein Verbandsklagsverfahren gegen Hutchison 3G Austria GmbH zum Thema Schriftgröße von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Hutchison wurde wegen nicht lesbarer AGB im Servicevertrag abgemahnt.  Das HG Wien ging davon aus, dass die gegenständliche Klausel sowie die gesamten AGB der Gegenseite aufgrund zu geringer Schriftgröße (rund 5,5pt) und wegen zu geringen Zeilenabstandes kaum lesbar und daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG seien. Die erstgerichtliche Entscheidung wurde nunmehr vom OLG Wien als Berufungsgericht mit ausführlicher Begründung bestätigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt  abzuwarten, ob hutchison Revision an den OGH erheben wird.

Es handelt sich um das erste Urteil in Österreich, in welchem explizit zur Frage, wie klein darf Kleingedrucktes sein bzw. unter welchen Umständen sind AGB unlesbar, klar Stellung bezogen wird.

Konkret ging es um die Vereinbarung eines Aktivierungsentgelts in Höhe von € 49,-; diese Entgeltvereinbarung befand sich nicht - wie man vermuten würde - in der Vertragsurkunde selbst sondern an unprominenter Stelle am Beginn des unleserlichen Klauselwerks.  Aufgrund des kaum lesbaren Schriftbildes dieser AGB wird diese Entgeltvereinbarung von Verbrauchern somit nicht wahrgenommen.

So schloss eine Konsumentin Anfang  März 2009 einen 3 Service Vertrag ab und wurde damit Opfer dieser unlesbaren und überraschenden Klausel. Im Kontext einer zuvor geschalteten Werbung des Betreibers, wonach mit einer kostenlosen Aktivierung geworben wurde, rechnete die Konsumentin nämlich nicht damit, dass sich eine gegenteilige Vereinbarung in den AGB befinden würde.

Das OLG Wien hielt ausdrücklich fest, dass die nicht einwandfreie Lesbarkeit einer Klausel zur Unwirksamkeit dieser Klausel führt, weil sie gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstößt. Die schwierige Lesbarkeit von Vertragsbestimmungen würde nämlich zu einem Informationsdefizit des Verbrauchers führen.

Das Berufungsgericht geht sogar so weit, dass ein generell nicht lesbares Vertragsformblatt - wie im vorliegenden Fall - als intransparent und damit unwirksam zu beurteilen ist; dh man muss nicht jede einzelne Klausel anführen und als intransparent beanstanden, vielmehr ist das gesamte Vertragsformblatt im Sinne dieser Entscheidung schlicht und einfach unwirksam.

Es ging um folgende Klausel im 3-Servicevertrag", wobei wir nicht den Bedeutungsinhalt selbst sondern lediglich die Art der Gestaltung und Platzierung beanstandet haben:

 Die Klausel befand sich in dem - in kleiner und enger Druckschrift gehaltenen -Vertragsformblatt "3 Servicevertrag". Sie war die erste Klausel im Fließtext unter anderen Vertragsbestimmungen in einer Spalte rechts auf dem Vertragsformblatt.  Sie stand zwar am beginn einer viele Zeilen umfassenden Information verschiedenen Inhalts, das Ganze war  allerdings in kaum lesbaren Kleindruck. Die Klausel wurde in nicht hervorgehobenen Buchstaben mit einer Schrifthöhe von rund 5,5 pt (knapp 1 mm Schrifthöhe) gedruckt. Die Schrift war so klein, dass der Text der Klausel fast nicht wahrgenommen werden konnte.

In einem Verbandsklagsverfahren haben wir diese Entgeltvereinbarung gemäß § 6 Abs 3 KSchG als intransparent - weil nicht lesbar - beanstandet. Hinsichtlich der unüblichen Platzierung dieser Preisvereinbarung beurteilten wir die Klausel auch als überraschend im Sinn des § 864a ABGB.  Darüber hinaus ging es in unserem Unterlassungsbegehren aber auch darum, dass die Gegenseite generell keine AGB mehr verwenden darf, die aufgrund der geringen Druckgröße und des zu geringen Zeilenabstandes kaum lesbar sind, insbesondere solche in optisch nicht hervorgehobener Schriftgröße von nur 6 pt oder weniger. 

Hutchison bot zwar außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich der beanstandeten Klausel (in der konkreten Gestaltung) an, lehnte aber die von uns verlangte Ausdehnung auf "sinngleiche Klauseln" ab. Damit hätte hutchison die Unterlassungserklärung durch bloße Umformulierung der Klausel bei unveränderter Gestaltung leicht umgehen können, weshalb wir nicht damit einverstanden waren.

Das Erstgericht gab unserem Klagebegehren statt und führte aus, dass der Durchschnittsverbraucher nicht vermuten würde, dass sich ein wesentlicher Vertragsbestandteil wie die vorliegende Preisvereinbarung in kaum lesbaren Kleindruck befindet. Die Gegenseite hat gegen das Urteil Berufung erhoben, allerdings ohne Erfolg.

Zur Begründung des Berufungsgerichtes
Mit dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG wurde Art 5 der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, 93/13/EWG umgesetzt. Demnach müssen Klauseln stets klar und verständlich abgefasst werden. Da sich die Richtlinie bei der Auslegung an der deutschen Rechtsprechung orientiert, sei die deutsche Auffassung bei der Auslegung des Transparenzgebotes zu beachten, so das Berufungsgericht. Nach der Rechtsprechung des BGH soll das Transparenzgebot gewährleisten, dass sich der Kunde aus den AGB zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung informieren kann. Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden. Aus dem Transparenzgebot ist das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit abzuleiten.

Die fehlende Erkennbarkeit einer Klausel mangels einwandfreier Lesbarkeit führt somit auch zur Unwirksamkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot. Denn die schwierige Lesbarkeit der Vertragsbestimmungen bewirkt ebenso ein Informationsdefizit des Verbrauchers wie eine schwierige Sinnverständlichkeit.

Im Licht der deutschen Lehre und Judikatur müssen AGB mühelos lesbar sein. Die Drucktypen dürfen nicht so klein gehalten sein, dass sie dem Kunden besondere Anstrengungen bei der Lektüre abnötigen. Vorgeschlagen wird ein unteres Limit von 6 pt. Diese Mindestgröße sollte im Regelfall nicht unterschritten werden. Neben der Schriftgröße kommt es aber auch auf eine klare Untergliederung und Absetzung, ein deutliches Abheben der Buchstaben vom bedruckten Papier und ein auseinandergezogenes Schriftbild an.
Das Berufungsgericht schließt daraus, dass bei langen Texten ohne klare Untergliederung und einem unscharfen Druck, insbesondere aber bei einem engen Schriftbild eine Schriftgröße von 6 pt oder sogar darüber nicht ausreichen könnte, um ein müheloses Lesen zu ermöglichen.
Letztendlich kam das Berufungsgericht zum Ergebnis, dass die klagsgegenständlichen AGB nicht ohne äußerste Mühe und Konzentration lesbar sind, was nicht nur an der kleinen Schriftgröße und dem geringen Zeilenabstand, sondern insbesondere auch an der geringen Zeichenbreite und dem geringen Zeichenabstand lag. Es sei daher belanglos, so das Berufungsgericht, ob die Schriftgröße der vorliegenden Klausel 6 pt oder nur 5,5 pt beträgt, weil die drucktechnische Gestaltung der AGB generell nicht dem Transparenzgebot entsprach.

Am Rande bemerkte das Berufungsgericht auch, dass die als Entgeltvereinbarung besonders wichtige Klausel im vorliegenden Vertragsformblatt "versteckt" präsentiert wird.

Aus diesem Urteil ist somit ableitbar, dass Vertragsklauseln aus normaler Lesedistanz flüssig lesbar sein müssen; alles andere wäre unzumutbar.
Daran konnte auch der Umstand, dass hutchison während des Verfahrens neue AGB verwendete, nichts ändern; die neue Klausel war nämlich trotz Fettdruck nicht leichter lesbar. 

Im Lichte dieser Entscheidung ist es somit nicht damit getan, künftig Vertragsformblätter zu verwenden, die im Hinblick auf die Lesbarkeit nur so unwesentliche Verbesserungen bringen, dass sie letztlich als im Wesentlichen gleichwertige Ausgestaltung qualifiziert werden müssen.
Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig.


OLG Wien 14.9.2010, 1 R 66/10y
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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