Zum Inhalt

Urteil: VKI gewinnt Verbandsklage gegen Sparbuch AGB

Der VKI (beauftragt vom BMASK) gewinnt Verbandsklage gegen intransparente Klauseln in Spar AGB der Hypo Tirol.

Der VKI hat - im Auftrag dem BMASK - die Hypo Tirol Bank AG wegen der Verwendung bedenklicher Klauseln in ihren AGB zu Sparbüchern abgemahnt und in der Folge geklagt. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen, das OLG Innsbruck hat dem VKI aber nun Recht gegeben: Die Zinsanpassungsklausel ist intransparent und daher unwirksam; eine Verständigung mittels Schalteraushang für den Fall dass keine Adressdaten des Konsumenten vorliegen genügt nicht und eine einmonatige Frist für den Widerspruch gegen eine AGB-Änderung ist zu kurz.

1. Der Vertragszinssatz ist gebunden an den im Spar-Stammblatt vereinbarten und angeführten Indikator und erhöht oder senkt sich um ebenso viele Prozentpunkte wie der Indikator, dh, der jeweils vereinbarte Zinsabschlag (oder Zinsaufschlag) zwischen Indikator und Vertragszinssatz bleibt gleich.

Ergibt sich unter Verwendung der Zinsanpassungsklausel gemäß Pkt. III/2, sowie unter Berücksichtigung eines allfällig vereinbarten Bonuszinssatzes rechnerisch eine negative Verzinsung, werden dem Kunden keine negativen Zinsen verrechnet.

Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, so das OLG Innsbruck, da die Vertragsbestimmung mit Klausel 2 in Zusammenhang steht und diese selbst unklar und unverständlich abgefasst ist:

Klausel 2: Dabei (Bei der Berechnung der Zinsanpassung) wird die Entwicklung des Indikators zum Monatsletzten des Quartals, für das die letzte Anpassung erfolgt ist, zum Monatsletzten des jeweils vorangegangenen Quartals herangezogen.

Fällt der Monatsletzte auf einen Samstag Sonntag oder Feiertag - für diese Tage existiert kein Tageswert - ist nicht klar, welches Datum für die Berechnung heranzuziehen ist.
Die Hypo Tirol Bank AG wiederholte ihre Auffassung aus dem Verfahren in erster Instanz, dass es allgemein bekannte Bankusance sei, dass der Monatsletzte eines Quartals immer der letzte Bankarbeitstag im Quartal sei.
Diese Klarstellung ist aber gerade in den AGB nicht erfolgt, kontert das OLG.

Hinzu kommt, dass nicht ohne weiteres ersichtlich ist, was unter einem "Spar-Stammblatt" zu verstehen ist.

Die unklare Klausel ist somit gemäß § 6 Abs 3 KSchG unwirksam.

Ob die Klausel für Konsumenten überraschend und nachteilig im Sinn des § 864 a ABGB ist, weil es durch die Zinsanpassungsklausel zu einer Nullverzinsung kommen kann, lässt das OLG leider dahingestellt.

Eine gröbliche Benachteiligung sieht das OLG Innsbruck aber nicht darin, dass es zu einer Reduktion der Zinsen auf Null kommen kann. Es müsse bei der Prüfung der Klausel auf Ihre Zulässigkeit gemäß § 879 Abs 3 ABGB eine "Gesamtschau" vorgenommen werden. Der Möglichkeit einer Nullverzinsung steht im Falle des Ansteigens des Indikators eine ungekürzte Weitergabe dieses Vorteils gegenüber, was bei einer relativen (prozentuellen) Berechnung der Sparzinsen nicht der Fall ist.

Eine Verletzung der Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG kann das OLG in der Klausel nicht erblicken, da von der zu erbringenden Leistung der Bank - der Zinszahlungsverpflichtung - nicht einseitig vom Kreditinstitut abgewichen wird, sondern die Zinsanpassung von Faktoren abhängt, die die Bank nicht beeinflussen kann.

3. Sollte keine Adressdaten vorhanden sein, erfolgt die Verständigung mittels Schalteraushang.

Die Klausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 3 KSchG, wonach Vertragsbestimmungen für Verbraucher gemäß § 879 Abs 3 ABGB nicht verbindlich sind, nach denen eine für den Verbraucher rechtlich bedeutsame Erklärung des Unternehmers die jenem nicht zugegangen ist, als ihm zugegangen gilt, sofern es sich nicht um die Wirksamkeit einer an die zuletzt bekannt gegebene Anschrift des Verbrauchers gesendeten Erklärung für den Fall handelt, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Änderung der Anschrift nicht bekanntgegeben hat.
Grund dafür ist, dass die Klausel nicht differenziert, warum keine Adressdaten vorhanden sind und die Klausel den Schalteraushang generell für alle Fälle vorsieht, in denen das Kreditinstitut nicht über die Adressdaten des Konsumenten verfügt.

4. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Verständigung auf die Tatsache der Änderung der Allgemeinen Bestimmungen für die Einlagen auf Sparbücher in EUR und in fremder Währung und darauf aufmerksam machen, dass ein Stillschweigen nach Ablauf des Monats, der der Verständigung als nächster folgt, als Zustimmung zur Änderung gilt (gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Hypo Tirol Bank AG).

Die Klausel läuft der Bestimmung des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG zuwider. Danach ist eine Vertragsbestimmung unwirksam, nach der ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gilt. Zulässig ist eine solche Klausel nur dann, wenn der Verbraucher zu Beginn der Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens gesondert hingewiesen wird und zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist hat.
  
Ob die Dauer einer Frist angemessen ist, ist nach der Natur des Rechtsgeschäftes zu beurteilen.
In seiner Entscheidung zu 3 Ob 238/05d hat der OGH berücksichtigt, dass viele Bankkunden die lediglich einen Sparbuchvertrag mit einer Bank geschlossen haben, oft nur  in großen zeitlichen Abständen das Kreditinstitut aufsuchen. In dieser Entscheidung beanstandete er die Frist von 4 Wochen zum Widerspruch gegen Änderungen der AGB als unangemessen kurz.
Zieht man nun die Überlegung des OGH heran, dass Sparbuchkunden das Kreditinstitut oft erst nach einer langen Zeitspanne betreten und dann die Gelegenheit haben auf einen Schalteraushang aufmerksam zu werden, ist die Frist von einem Monat als unangemessen kurz zu beurteilen. Selbst die durch den Schalteraushang ausgelöste Frist von in der Regel 7 bis 8 Wochen ist nicht lang genug für eine ausdrückliche Stellungnahme des Verbrauchers zur Verständigung von der Änderung der AGB, entschied das OLG Innsbruck.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

OLG Innsbruck 23.4.2009, 1 R 23/09f
Volltextservice
Klagevertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang