Zum Inhalt

Urteil: VKI Sieg gegen AvW

LG Klagenfurt gibt geschädigtem Anlegerehepaar Recht, wonach im Anlassfall für Genussscheine der Serie 99 eine Kapitalgarantie sowie eine Rücknahmeverpflichtung übernommen wurde.

Der VKI unterstützte im Auftrag des BMASK ein geschädigtes Anlegerehepaar bei der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche aus dem Erwerb von "AvW-Anteilen". Entgegen der Zusicherung bei Vertragsabschluss wollte die AvW Invest AG, nachdem die Kunden im Oktober 2008 ihre Anteile zum Rückkauf angeboten hatten, von einer Rücknahmeverpflichtung und Kapitalgarantie nichts mehr wissen. Das LG Klagenfurt stellte nunmehr zweifelsfrei fest, dass mit dem jederzeitigen Rückkauf geworben und eine Kapitalgarantie übernommen wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die beklagte AvW Invest AG, eine Tochtergesellschaft der AvW Gruppe AG, ist in den Geschäftsfeldern Finanzdienstleistungen, Beteiligungen und Immobilien tätig. Bis zum Jahr 2001 hatte die AvW Invest AG  AvW-Anteile" (dh Genussscheine der beklagten Partei  ) ausgegeben.

Ab dem Jahr 2001 hatte die beklagte Partei den Vertrieb von Genussscheinen übernommen, die von ihrer Muttergesellschaft AvW Gruppe AG (vormals AvW Management-Beteiligungs AG) ausgegeben worden sind. Nachdem der Gesellschaft aufgrund aufgetretener, finanzieller Probleme am 22.10.2008 von Seiten der Finanzmarktaufsicht (FMA) ein Regierungskommissär beigestellt worden war, hat die Gesellschaft ihre Konzession nach dem WAG am 24.10.2008 mit sofortiger Wirkung zurück gelegt. Seit diesem Zeitpunkt ist die Gesellschaft nicht mehr zur Erbringung von Finanzdienstleistungen berechtigt; die Aufsicht durch den Regierungskommissär wurde nach Abwicklung aller noch offenen Kundengeschäfte wieder beendet.

Im vorliegenden Fall wurden die Konsumenten von einem Finanzdienstleistungsassistenten der beklagten Partei beraten, den sie persönlich kannten. Der Anlageberater erstellte aufgrund der Angaben der Anleger ein Anlegerprofil. Aufgrund der Schulungen bei AvW ging der Anlageberater selbst davon aus, dass bei einer Beteiligung in AvW-Anteile hohe Sicherheit gegeben sei.  Er hat den Anlegern erklärt, es handle sich dabei um eine sichere und bereits seit Jahren bewährte Form der Veranlagung mit einer 100 %-igen Kapitalgarantie. Er versicherte den Konsumenten auch, dass man aus dieser  Veranlagung jederzeit aussteigen könne. Der jeweilige Rückkaufswert der Anteile ergebe sich aus dem laufend veröffentlichten Kurs des "AvW Index", der am Ersten eines jeden Monates bekannt gegeben werde und dann für Rückkäufe in dem jeweiligen Monat Gültigkeit habe. Von der Möglichkeit oder Notwendigkeit, den "AvW Index" über die Börse zu verkaufen, war nicht die Rede und die Konsumenten hatten davon auch keine Kenntnis.

Die Konsumenten gehören zu den konservativen Anlegern. Sie haben sich für die empfohlene Veranlagung nur deshalb entschieden, weil sie aufgrund der Beratung den Eindruck hatten, es handle sich um eine dem Sparbuch ähnliche Form der Veranlagung; das heißt, sie biete eine dementsprechende Sicherheit bei jederzeitiger Verfügbarkeit, nur mit höherer Verzinsung. 

Aufgrund der Empfehlung des Anlageberaters haben die Konsumenten dann mit Zeichnungsschein vom 25.04.1999 zehn Stück AvW-Anteile zum Kurs von ATS 13.434,00/Stück, gesamt daher ATS 134.340,00 zuzüglich 7 % Agio von ATS 9.404,00, Gesamtsumme daher ATS 143.744,00 erworben.

Auf dem Zeichnungsschein befand sich links oben der Vermerk "AvW Index Die innovative Beteiligung", als Vertragspartner scheint auf dem Zeichnungsschein mehrfach die beklagte Partei auf. Um welche Art von Anteilen es sich handelte, ging aus dem Zeichnungsschein nicht hervor. Jedoch findet sich auf der Vorderseite des Zeichnungsscheines der Vermerk "Die AvW Invest AG erhält alle Dividendenzahlungen".

Auf der Rückseite des Zeichnungsscheines befanden sich unter der Überschrift Risikohinweis "Aktien" Hinweise auf die diversen, mit der Veranlagung in Aktien verbundenen Risken ohne spezielle Bezugnahme auf die hier vertragsgegenständlichen Anteile. Die Anleger wurden auf diese Risikohinweise auch nicht aufmerksam gemacht. Es war beim Erwerb der Anteile auch keine Rede davon, dass es sich dabei um Aktien handeln würde bzw. um eine ähnliche, mit einem Kursrisiko verbundene Veranlagung. Vom Bestehen eines Kursrisikos sind die Anleger im Übrigen schon deshalb nicht ausgegangen, da ihnen ja ausdrücklich eine Kapitalgarantie zugesagt worden war.

Nach dem Erwerb der Anteile wurde den Anlegern mit Schreiben vom 30.04.1999 ein Zertifikat übermittelt, mit dem der Erwerb von zehn AvW-Anteilen bestätigt wird. Dieses Schreiben enthielt folgende Mitteilung:

"Sehr geehrte…

Mit Ihrer Beteiligung am AvW Index haben Sie eine Veranlagungsform gewählt, welche Ihr Vermögen langfristig sicher und ertragreich vermehrt.
 
"Der AvW Index bietet Ihnen eine 100 %ige Kapitalgarantie, kombiniert mit einem unlimitierten Gewinnpotential."

Mitte Oktober 2008 erhielten die Anleger dann völlig überraschend ein Schreiben des Dr. Wolfgang Auer von Welsbach mit dem dieser bekannt gab, einer seiner engsten Mitarbeiter habe hinter seinem Rücken und ohne sein Wissen sehr komplexe Wertpapiergeschäfte getätigt, dadurch sei ein Schaden von rund € 50 Mio. entstanden. Für die AvW Gruppe AG bedeute dies, dass derzeit ein Liquiditätsengpass bestehe. Die aktuelle Situation sei eine schwierige, jedoch bestehe nach heutiger Sicht keine existenzielle Bedrohung für das Unternehmen. Weiters heißt es in dem Schreiben, dass laut den Genussscheinbedingungen keine Rücknahmeverpflichtung der AvW bestehe. Der Rückkauf sei in der Vergangenheit nur auf freiwilliger Basis erfolgt. Aufgrund der aktuellen Situation sei dies nun leider nicht mehr möglich. 

Die Anleger haben daraufhin die Kapitalgarantie geltend gemacht und mit Schreiben an die beklagte Partei den Rückkauf zum aktuellen Kurswert von € 3.275,00 beantragt. In einem E-mail haben die Anleger ihr Ersuchen um Rückkauf neuerlich an die AvW übermittelt.

Mit Schreiben vom 15.12.2008 hat die AvW Gruppe AG den Erhalt des Rückkaufsauftrages über 34 Stück AvW-Genussscheine bestätigt, jedoch bekannt gegeben, dass aufgrund eines Liquiditätsengpasses der bisher auf freiwilliger Basis erfolgte Rückkauf nicht möglich sei.

In weiterer Folge hat der VKI im Auftrag des BMASK für die geschädigten Anleger die Ausfallhaftung übernommen und einen Rückkaufspreis in Höhe von  € 29.991,55 klagsweise geltend gemacht.

Das Erstgericht ging grundsätzlich davon aus, dass der Anlageberater Erfüllungsgehilfe der beklagten Partei war und daher die beklagte Partei für dessen Verschulden einzustehen hat. Aufgrund der übernommenen Kapitalgarantie in Verbindung mit der Rücknahmeverpflichtung gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt und ging auf die weiters geltend gemachten Anspruchsgründe (Schadenersatzanspruch aus Fehlberatung, Vertragsanfechtung wegen Arglist, Vertragsrücktritt aus wichtigem Grund) nicht mehr ein. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob die Gegenseite Berufung erheben wird.

LG Klagenfurt 4.12.2009, 24 Cg 24/09z
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang