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Urteil: VKI-Sieg gegen Constantia Privatbank

Der VKI war - im Auftrag des BMASK - gegen die Werbung und gegen Klauseln in Werbebroschüren für Wertpapiere vorgegangen und bekam nun in wesentlichen Punkten in erster Instanz Recht: Wie im Fall der Generali Versicherung (Premium Edition 168%) beurteilte das Handelsgericht Wien auch die Werbung der Constantia Bank für ein Lehman Garantieprodukt als irreführend.

Die Constantia bewarb im Jahr 2006 ihr Veranlagungsprodukt "Dragon FX Garant" mit einer 100%igen Kapitalgarantie. Es handelte sich dabei um ein strukturiertes anleiheähnliches Instrument mit 4jähriger Laufzeit, das Anlegern die Möglichkeit bieten sollte, an der potentiellen Aufwertung ausgewählter südostasiatischer Währungen teilzuhaben, Emittentin des Produktes war Lehman Brothers Treasury Co. B.V. in den Niederlanden, als Garantin fungierte deren Großmuttergesellschaft in New York, die Lehman Brothers Holding Inc. Beide meldeten Ende 2008 Konkurs an. Auf die Identität der Garantin wies die Constantia in der Verkaufsbroschüre nicht hin.

Außerdem schloss die Bank im Verkaufsprospekt "Jegliche Haftung im Zusammenhang mit der Erstellung dieser Broschüre, insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihres Inhaltes" aus.

Das Erstgericht erklärte die Werbung für irreführend, die Klausel betreffend den Haftungsausschluss für gesetzwidrig.

Allgemeine Informationsbroschüren richten sich üblicherweise an die Allgemeinheit, auch wenn die Ankündigung vorwiegend für einen begrenzten Personenkreis von Interesse ist und die Broschüren neben einer Anlageberatung nur unterstützend zum Einsatz kommen sollen.


Das Gericht hält fest, dass nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) irreführende Mitteilungen allerdings nicht deshalb gerechtfertigt werden können, weil ohnehin eine weitere Beratung vorausgesetzt wird. Von einem entsprechend höher anzusetzenden Maßstab bei der Beurteilung der durchschnittlichen Verkehrsauffassung ist daher nicht auszugehen.

Gemäß § 4 Abs 3 KMG dürfen die in Werbeanzeigen enthaltenen Angaben nicht unrichtig oder irreführend sein. Sie dürfen darüber hinaus nicht im Widerspruch zu den im Verkaufsprospekt befindlichen Angaben stehen. Daraus ergibt sich, dass der bloße Verweis auf den Kapitalmarktprospekt nicht ausreicht, um eine irreführende Annahme auszuschließen.

Zwar muss eine Verkaufsbroschüre nicht alle Produktdetails enthalten, nachdem die Constantia aber die 100%ige Kapitalrückerstattung ausdrücklich zusichere, ohne irgendeinen Hinweis auf die Garantin zu geben, entstehe beim durchschnittlichen Leser der Eindruck, sie garantiere selbst.

Wie das OLG Wien im Verfahren gegen die Generali, sieht das HG Wien die Identität der Garantin - gerade bei ausdrücklicher Kapitalgarantie - nicht als vernachlässigbares Detail an, dessen Kenntnis für Anleger zweitrangig ist. Für das OLG Wien (4 R 189/09g ) stellt die Identität des Garanten gerade die Kerninformation zur Beurteilbarkeit dar, ob das Produkt den Sicherheitserwartungen entspreche und damit ein zentrales Detail, das in der Werbung ohne weiteres Platz gefunden hätte.

Das Gericht qualifizierte außerdem den Haftungsausschluß im Werbeprospekt als unzulässige Vertragsklausel. Die Broschüre dient zwar nur der Information über das Produkt, und sieht keine Annahmeerklärung vor. Dennoch handelt es sich um eine Grundlage für den Vertragsabschluss. Dieser Zweck ergebe sich aus der Existenz der Klausel selbst - andernfalls wäre ein Haftungsausschluss, der ja in der Regel nur bei einem Vertragsabschluss zum Tragen kommt, in der Broschüre vollkommen überflüssig. Als Vertragsbestandteil fällt die Klausel unter die Sittenwidrigkeitsbestimmungen und genügt nach Ansicht des HG Wien den Bestimmungen der §§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG und 879 Abs 3 ABGB nicht - der Ausschluss jeglicher Haftung der Beklagten im Zusammenhang mit der Erstellung der Broschüre ist aufgrund seiner Allgemeinheit jedenfalls gröblich benachteiligend und damit sittenwidrig. Die Constantia darf eine solche Klausel daher nicht mehr verwenden und sich gegenüber Verbrauchern auch nicht darauf berufen.

Anleger, die im Irrtum über die Person der Garantin das Produkt gezeichnet haben, und die aufgrund des Konkurses der Lehman Brothers einen Vermögensschaden erlitten haben, können den Ankauf wegen Irrtums anfechten - allerdings nur innerhalb von 3 Jahren ab Kauf. Alternativ kann Schadenersatz innerhalb von 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger geltend gemacht werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien, 22.10.2009, 22 Cg 24/09m
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Klagevertreter: Brauneis, Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH, Wien

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