Zum Inhalt

Urteil: VKI-Sieg gegen einseitige Kündigung bei BA-Snowball

Der VKI war mit Verbandsklage im Auftrag des BMASK auch gegen die Geschäftsbedingungen der - von der Bank Austria emittierten - Teilschuldverschreibungen "Callable Snowball Floater" vorgegangen. Nun erging auch hierzu das Urteil des Obersten Gerichtshofes, der sich in seiner Begründung auf das jüngst ergangene gegen die Erste Bank stützt: Das einseitige Kündigungsrecht der Bank ist gesetzwidrig.

Zur Kündigungsklausel:
(1) Eine Kündigung seitens des Gläubigers ist ausgeschlossen.
(2) Die BA-CA AG ist berechtigt, die Schuldverschreibungen jeweils bis längstens vier Geschäftstage vor dem Zinszahlungstag erstmalig zum 10.Oktober 2006, danach halbjährlich zu jedem nächsten Zinszahlungstag zum Nennwert zu kündigen.
(3) Die Kündigung der Schuldverschreibungen wird gemäß § 9 dieser Bedingungen bekanntgegeben.

Der OGH folgt den Ansichten der Vorinstanzen und verbietet die Verwendung der Klausel: Unter Berufung auf das jüngst iZm Schuldverschreibungen der Erste Bank ergangene Urteil stellte es die Unzulässigkeit der Klausel gem § 879 Abs 3 ABGB fest. Das durch die Klausel der Bank eingeräumte Kündigungsrecht erlaubt es dieser, eine der - durch § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verpönten - Einseitigkeit nahekommenden Vertragslage zu schaffen, weil die Bank einer für den Anleger günstigen Zinsentwicklung mit ihrem Kündigungsrecht willkürlich ein Ende setzen kann. Die Bank kann die Anleihevereinbarung bereits nach einem Jahr, der Anleger hingegen erst nach acht Jahren einseitig auflösen. Dass es dadurch im Belieben der Bank stand, die Teilschuldverschreibungen zu kündigen und dadurch ihren Gewinn zu maximieren, sah der OGH als gröblich benachteiligend an; zumal dem Anleger kein Äquivalent zu diesem Kündigungsrecht eingeräumt wurde. Das bloße Weiterverkaufsrecht an Dritte stelle kein derartiges Äquivalent dar (9 Ob 81/08i). Auch ein - von der Beklagten vorgebrachtes - "Preisargument" (für den Kunden ungünstigere "Nebenbestimmungen" des Vertrages, wie Laufzeit oder Kündigung, würden durch eine besonders hohe Verzinsung ausgeglichen) ließ der OGH nicht gelten.

Zur Zinsklausel:
Die Schuldverschreibungen werden bezogen auf den Nennwert wie folgt verzinst:
(1) Fixe Periode: (1.Jahr) Für den Zeitraum vom 10.Oktober 2005 (inklusive) bis zum 10.Oktober 2006 (exklusive) beträgt der Zinssatz 5,25% p.a.
(2) Variable Perioden: (2.-8.Jahr) Für den Zeitraum vom 10.Oktober 2006 (inklusive) bis 10.Oktober 2013 (exklusive) werden die Zinssätze jeweils fünf Geschäftstage vor dem Zinszahlungstag am Ende der betreffenden Zinsperiode ("Zinsenfestsetzungstag") wie folgt - halbjährlich im nachhinein - fixiert:
Variable Zinsperioden 2.Jahr:
10.Oktober 2006 (inkl.) bis 10.April 2007 (exkl.)
10.April 2007 (inkl.) bis 10.Oktober 2007 (exkl.) 2,00 % plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 3.Jahr:
10.Oktober 2007 (inkl.) bis 10.April 2008 (exkl.)
10.April 2008 (inkl.) bis 10.Oktober 2008 (exkl.) 2,50% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperiode 4.Jahr
10.Oktober 2008 (inkl.) bis 10.April 2009 (exkl.)
10.April 2009 (inkl) bis 10.Oktober 2009 (exkl.) 3,00 plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 5.Jahr:
10.Oktober 2009 (inkl.) bis 10.April 2010 (exkl.)
10.April 2010 (inkl.) bis 10.Oktober 2010 (exkl.) 3,50% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 6.Jahr
10.Oktober 2010 (inkl.) bis 10.April 2011 (exkl.)
10.April 2011 (inkl.) bis 10.Oktober 2011 (exkl.) 4,00% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 7.Jahr:
10.Oktober 2011 (inkl.) bis 10.April 2012 (exkl.)
10.April 2012 (inkl.) bis 10.Oktober 2012 (exkl.) 4,50% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 8.Jahr:
10.Oktober 2012 (inkl.) bis 10.April 2013 (exkl.)
10.April 2013 (inkl.) bis 10.Oktober 2013 (exkl.) 5,00% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor….
Sollte der Zinssatz gemäß oben stehender Berechnungsmethode einen Wert kleiner als "Null" ergeben, so beträgt der Zinssatz für diese Periode "Null" Prozent.
(3) Die Zinsen werden halbjährlich jeweils im Nachhinein am 10. April und am 10.Oktober eines jeden Jahres, erstmals am 10.April 2006, fällig und ausbezahlt (die "Zinszahlungstage"). Der Zeitraum zwischen den Zinszahlungstagen wird als Zinsperiode bezeichnet. Die Zinsenberechnung erfolgt auf Basis kalendermäßig/kalendermäßig.

Der VKI hatte seinen Anspruch auf Unterlassung der Klausel auf § 879 Abs 3 ABGB, auf § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und auf § 6 Abs 3 KSchG gestützt. Während das Erstgericht die Verzinsungsklausel für unzulässig erachtete, hielt das Berufungsgericht die Klausel zwar für komplex, nicht aber für intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG. Es werde dem Konsumenten eine "rechnerisch nachvollziehbare Darstellung der Verzinsung geboten". Auch sei der Begriff des Euribor für jeden Verbraucher im Internet abrufbar. Das bestätigte nun auch der OGH: ebenso wie in 7 Ob 15/10x verstoße die Klausel nicht gegen das Transparenzgebot. Auch könnten die §§ 6 Abs 1 Z 3 und 5 KSchG nicht zur Anwendung gelangen, da die Verzinsungsklausel nicht zu einer einseitigen Abänderung durch die Bank führen könne - maßgeblich sei allein die Veränderung des 6-Monats-Euribor. Auch sei die Klausel nicht von der Normenkontrolle des § 879 Abs 3 ABGB umfasst, da bei einem Bankdarlehen die Verzinsung der Hauptschuld zuzurechnen sei. Der OGH verweist "der Vollständigkeit halber" auf die Entscheidung betr Snowball Bonds der Erste Bank, in welcher der Oberste Gerichtshof bei inhaltlich ähnlichen Emissionsbedingungen eine Verzinsungsklausel unter dem Blickwinkel des § 879 Abs 3 ABGB geprüft und in Hinblick auf das "spekulative Moment der Veranlagung" für nicht gröblich benachteiligend befunden hatte.

OGH 19.5.2010, 6 Ob 220/09k
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang