Zum Inhalt

Urteil: VKI-Sieg gegen MEL-Vermittler

Der VKI führt im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums Musterprozesse gegen Vermittler von MEL-Zertifikaten. Es wird Schadenersatz wegen falscher Anlageberatung verlangt. Nun liegt das erste Urteil vor. Das Gericht verurteilt den Vermittler zum Schadenersatz.

Der Kläger hatte etwa € 60.000,- gespart und sicher auf einem Sparbuch angelegt, als ihn ein Finanzdienstleistungsassistenten anrief und ihn veranlasste mit ihm einen Termin zur Beratung zu vereinbaren.
Der Konsument wollte eine sichere Veranlagung. Er war im Begriff für zwei Jahre ins Ausland zu gehen und wollte sein Erspartes "zwischenparken" um nach seiner Rückkehr ein Einfamilienhaus erwerben zu können.

Diesen Umstand vermittelte er mehrfach seinem Berater, sogar einen Fonds lehnte er als zu unsicher ab. Daraufhin empfahl ihm der Berater doch in  MEL-Zertifikate zu investieren. Es stünden Immobilien hinter dieser Anlageform, da könne nichts passieren. In der Folge wurde dem Konsumenten auch gesagt, dass die Zertifikate mündelsicher seien.

Alles in allem entstand für den - in finanziellen Fragen unerfahrenen, Anleger der Eindruck - ein sparbuchähnliches Wertpapier zu kaufen. Er wurde weder über das Risiko von Kursschwankungen, noch über das Risiko des Totalverlustes des angelegten Kapitals aufgeklärt. Das Anlegerprofil wurde vom Berater ausgefüllt und dem Konsumenten als "reine Formsache" zur Unterschrift vorgelegt. Dem durch die Kursschwankungen (Kurshoch im Jänner 2007 und Kurstief im Juli 2007) verunsicherten Konsumenten wurde bis Jänner 2008 geraten investiert zu bleiben, ja sogar nachzukaufen.

Der Verbraucher wandte sich an den VKI, der im Auftrag des BMASK einen Musterprozess anstrengte.

Das Landesgericht Graz für ZRS urteilte nun, dass die Beratung nicht den strengen Anforderungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes (kurz WAG) entsprach. Dieses Gesetz will Anleger vor unseriösen Beratern schützen. Es regelt etwa, dass ein Berater seine Leistung mit der erforderlichen Fachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zur erbringen hat. Er ist verpflichtet, darauf zu achten, ob ein Wertpapier für den Anleger geeignet ist und hat dann den Konsumenten genau über dessen Ausgestaltung und die damit verbundenen Risiken zu informieren.   Das ist in vorliegendem Fall nicht geschehen ist das LG für ZRS Graz überzeugt.

Die Richterin kam zu dem Schluss, dass der Konsument nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde und ein Verstoß gegen § 13 Z 1 WAG vorliegt. Die Berater des Vermittlers Ariconsec Investment GmbH hätten ihre Informationen von den Unternehmen deren Produkte sie verkaufen ohne jegliche Überprüfung weitergegeben. Sie setzten sich weder mit dem Kapitalmarktprospekt auseinander, noch mit dem Gutachten das den MEL Zertifikaten Mündelsicherheit bescheinigt. Der Konsument hätte jedenfalls von den Beratern darauf aufmerksam gemacht werden müssen, dass das Wertpapier gemessen an seiner Risikobereitschaft und seinem Anlageziel völlig ungeeignet ist.

Das LG Graz ging davon aus, dass das Anlegerprofil nicht den Erfahrungen, Zielen und Kenntnissen des Klägers, sondern nur dem zu verkaufenden Produkt angepasst wurde und der Konsument nicht umfangreich aufgeklärt wurde.

Liegt ein Verstoß des Beraters gegen seine Verpflichtung nach dem WAG vor, kann der Geschädigte Schadenersatz verlangen. § 15 WAG normiert, dass der Kläger so zu stellen ist, wie er stünde, wenn er ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre. Wäre der Konsument richtig und vollständig beraten worden, hätte er die MEL-Zertifikate nicht erworben. Dem geschädigten Anleger ist auch der Vertrauensschaden zu ersetzen.

Nach den Grundsätzen der Naturalrestitution hat das Wertpapiervermittlungsunternehmen Ariconsec Investment GmbH, das gemäß § 1313 a ABGB für seine Berater (Finanzdienstleistugsassistenten) haftet, Zug um Zug gegen Herausgabe der Wertpapiere den Kaufpreis samt Spesen zu ersetzen. Hinzu kommt, dass dem Konsumenten jener Betrag zu bezahlen ist, den er bei alternativer Veranlagung, etwa in ein Sparbuch, hätte lukrieren können.

Ein Mitverschulden des Verbrauchers konnte das Gericht nicht erkennen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Landesgericht für ZRS Graz, am 29.6.2009, 21 Cg 90/08i
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang