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Urteil: Wieder unzulässige Erklärungsfiktion bei einer Bank

Ein Unternehmer darf auch im Wege einer Zustimmungsfiktion nicht uneingeschränkt seine Leistungsverpflichtung und die Entgelte der Kunden ändern.

Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - erfolgreich die Denizbank AG wegen zweier Klauseln, die eine schrankenlose Änderung der von den Kunden zu zahlenden Entgelte und Leistungen der Bank, im Wege einer Zustimmungsfiktion zulässt.

"Über Absatz (1) hinausgehende Änderungen der Leistungen des Kunden sowie Änderungen der Leistungen des Kreditinstituts sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich. Derartige Änderungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgeschlagen. Die Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen gilt als erteilt und die Änderungen gelten damit als vereinbart, wenn der Kunde dem Kreditinstitut seine Ablehnung nicht vor dem geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens schriftlich mitgeteilt hat. Die oben genannte Mitteilung an den Kunden
kann in jeder Form erfolgen, die mit ihm vereinbart worden ist. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Mitteilung darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen im oben genannten Sinne als Zustimmung zur Änderung gilt."


Es stellt eine Ungleichbehandlung des Verbrauchers dar, dass sich dieser nur der Schriftform bedienen kann, die Bank hingegen "jeder Form (...) die mit ihm vereinbart worden ist". Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung liegt nicht vor, weswegen die Klausel als gröblich benachteiligend einzustufen ist.

Eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte, verstößt gegen das Transparenzgebot. Es bleibt völlig unbestimmt, welche Leistungen die beklagte Partei über eine Zustimmungsfiktion ändern kann, ebenso der Umfang der Änderung der vom Kunden zu entrichtenden Entgelte, weswegen die Klausel gegen § 6 Abs 3 KSchG verstößt.

Die in der Klausel enthaltene Erklärungsfiktion lässt eine Änderung wesentlicher Pflichten der Parteien zu Gunsten der Bank in nahezu jede Richtung unbeschränkt zu und ermöglicht damit eine Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistungen zu Gunsten der beklagten Partei und damit eine Entwertung der Position des Vertragspartners (1 Ob 210/12g, VbR 2013/7). Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.


"Änderungen der in einem Rahmenvertrag für Zahlungsdienste (insbesondere des Girovertrags) vereinbarten Entgelte (einschließlich Soll- und Habenzinsen, soweit die Änderung nicht aufgrund der Bindung des Zinssatzes an einem Referenzzinssatz erfolgt) und die Einführung von Entgelten sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich. Derartige Änderungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgeschlagen. Die Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen gilt als erteilt und die Änderungen gelten damit als vereinbart, wenn der Kunde dem Kreditinstitut seine Ablehnung nicht vor dem geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens schriftlich mitgeteilt hat. Die oben genannte Mitteilung an den Kunden kann in jeder Form erfolgen, die mit ihm vereinbart worden ist. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Mitteilung darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen im oben genannten Sinne als Zustimmung zur Änderung gilt. Der Kunde hat das Recht, den Rahmenvertrag vor dem Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch hierauf wird das Kreditinstitut in seiner Mitteilung an den Kunden hinweisen.

Eine einzelne Änderung von Entgelten im Sinne dieses Absatzes ist mit einer Erhöhung von maximal 15 Prozent des zuletzt gültigen Entgelts begrenzt.

Das Gleiche gilt für die Vereinbarung von Änderungen von in einem Rahmenvertrag für Zahlungsdienste vereinbarten Leistungen der Bank sowie die Vereinbarung einer Einführung neuer zusätzlich zu entgeltender Leistungen."

Geplante Änderungen des Rahmenvertrages sind von der Bank dem Zahlungsdienstnutzer entweder in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger mitzuteilen sind, sofern der Zahlungsdienstnutzer mit Letzterem einverstanden ist (§ 29 Abs 1 Z 1 iVm § 26 Abs 1 Z 1 ZaDiG).  Aus der Formulierung der inkriminierten Klausel ist die Einschränkung auf diese beiden zulässigen Formen für den Durchschnittsverbraucher nicht klar ersichtlich.

Der Kunde wird im Hinblick darauf, dass er seinen Widerspruch schriftlich erteilen muss, während die Bank jede mit ihr vereinbarte Form für eine Verständigung über Änderungsvorschläge wählen kann, gröblich benachteiligt iSd § 879 Abs 3 ABGB.

Das HG Wien geht zwar davon aus, dass § 6 Abs 1 Z 5 und § 6 Abs 2 Z 3 KSchG hier nicht zur Anwendungen kommen, da diese nur auf einseitige Entgelts-/Leistungsänderungen Anwendung finden, hier aber eine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung zur Vertragsänderung erforderlich ist.

Problematisch erscheint dem HG Wien aber, dass die Änderung inhaltlich nahezu unbeschränkt möglich ist. Lediglich bereits vorhandene Entgelte sind zahlenmäßig mit einer Erhöhung von 15% beschränkt. Hingegen wäre die Einführung von Entgelten unbeschränkt zulässig, ebenso die
Leistungsänderung der Bank. Diesbezüglich liegt eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB vor.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 25.2.2015)

HG Wien 24.2.2015, 19 Cg 88/14h
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien


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