Im Einzelnen handelt es sich um folgende Klauseln:
I. Managementgebühr für die laufende Vermögensverwaltung: Diese beträgt 1% pro Halbjahr und bemisst sich jeweils am Gesamtwert der Konten an den beiden Stichtagen 30.Juni und 31.Dezember und ist im Vorhinein mit Ausweis auf der halbjährlichen Depotabrechnung fällig. Wird der Vermögensverwaltungsvertrag während eines laufenden Kalenderhalbjahres abgeschlossen, so ist die Managementgebühr aliquot für die vollen Monate des betreffenden Halbjahres geschuldet. Im Falle der Vertragsauflösung während eines Kalenderhalbjahres ist die Managementgebühr bis Halbjahresende geschuldet.
Hinsichtlich dieser Klausel hatte das HG Wien keinen Verstoß gegen § 864a ABGB angenommen: Die Vereinbarung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum sei jedem Dauerschuldverhältnis immanent. Die Perioden für die ein Entgelt zu bezahlen sei, seien dabei von Fall zu Fall verschieden. In der Regel komme es zu keiner Aliquotierung des Entgelts für den Fall, dass das Vertragsverhältnis kürzer dauere als die vereinbarte Zahlungsperiode. Somit sei die gegenständliche Klausel nicht überraschend iSd § 864a ABGB.
Das OLG war nun anderer Ansicht und verwies auf die Entscheidung 3 Ob 12/09z: Der OGH sehe es (hinsichtlich des Leasingentgelts) als gröblich benachteiligend an, das (Leasing)Entgelt für ein Fahrzeug für den ganzen restlichen Monat zahlen zu müssen, wenn - im ungünstigsten Fall - der Verbraucher bereits am ersten Tag des Monats zurückstellt. Diese Argumentation sei auch auf gegenständlichen Fall anzuwenden; die Klausel daher gröblich benachteiligend.
II. Der/die Depotinhaber entbindet(n) daher - soweit gesetzlich zulässig - IMB von jeglicher Haftung für die von IMB leicht fahrlässig getroffenen Verfügungen und Maßnahmen wie insbes die Auswahl und den Zeitpunkt für Kauf und Verkauf der Wertpapiere oder anderer Vermögenswerte, für auftretende Kurs-, Währungs- uns sonstige Vermögensverluste oder sonstige Wertminderungen.
Das HG Wien hatte die Klausel für zulässig erachtet: Da der Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit nur Vermögensschäden betreffe, sei er im Lichte des § 6 Abs 1 Z 9 KSchG zulässig.
Das OLG änderte diese Entscheidung zugunsten des Klägers ab und meinte dabei, dass der VKI zu Recht auf die einschlägige Rechtsprechung verweise, wonach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG nicht den Umkehrschluss zulasse, das Verbot der Freizeichnung von Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz erlaube grundsätzlich eine unbeschränkte Freizeichnung für Haftung aus leichter Fahrlässigkeit oder eine Freizeichnung für Haftung für andere als Personenschäden. Die Klausel, die einen Ausschluss der Vermögensverwaltung für Vermögensschäden vorsieht, die durch leicht fahrlässig getroffene Verfügungen (etwa die Auswahl und den Zeitpunkt für Kauf und Verkauf der Wertpapiere) entstehen, sei daher unzulässig. Kern der Verpflichtung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft sei die Erhaltung des Vermögens und der Schutz vor Schäden am Vermögen des Anlegers. Eine - mit der Klausel bezweckte - Freizeichnung von jeder Haftung für leichte Fahrlässigkeit bei der Verletzung von Hauptleistungspflichten sei daher unzulässig.
III. Der/die Depotinhaber bestätigt(en), eine detaillierte Beschreibung der von IMB angebotenen standardisierten Anlagestrategien sowie des Rahmens für eine individualisierte Anlagestrategie rechtzeitig vor Vertragsabschluss als Anlage zur IMB Informationsbroschüre erhalten zu haben. Diese Anlage bildet somit einen integrierenden Bestandteil des Vertrags.
IV. Der/die Depotinhaber hat/haben die IMB Conflict of Interest-Policy erhalten und stimmt/stimmen dieser zu.
V. Der/die Depotinhaber trägt/tragen allein das Risiko der Werteentwicklung und bestätigt(en), dass ihm/ihnen von IMB auch keine bestimmte Ertragsentwicklung garantiert wurde.
Der/die Depotinhaber erklärt(en), dass er steuerlich von einer hiezu befugten Person vertreten ist, und dass ihm die gesetzlichen Bestimmungen betreffend Kapitaleinkünfte, Spekulationseinkünfte und Kapitalertragssteuer sowie ausschüttungsgleiche Erträge von in- und ausländischen Investmentfonds bekannt sind.
VI. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.
Das HG Wien hatte dazu ausgeführt, dass es sich bei diesen Klauseln jeweils um Wissenserklärungen handle, die zu einer Beweislastverschiebung zu Lasten des/der Konsumenten/in führen könne. Demnach unterliegen die Klauseln der Inhaltskontrolle und sind gem. § 6 Abs 1 Z 11 KSchG nichtig. Das OLG bestätigt nun diese Rechtsansicht und verweist auf 3 Ob 12/09z: Nach Auffassung des OGH bestehe kein Hindernis, § 6 Abs 1 Z 1 KSchG analog anzuwenden, wenn zwar formelle Beweislastvereinbarungen nicht getroffen wurden, der Konsument aber Wissenserklärungen abgibt, die im Ergebnis den Wirkungen einer entsprechenden Vereinbarung nahe kommen.
VII. Änderungen der Anlagepolitik unterliegen der Schriftform.
VIII. Gesonderte Vereinbarungen wie zB Sonderkonditionen müssen schriftlich festgehalten werden.
IX. Änderungen oder Ergänzungen dieser Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Das gilt auch für eine Vereinbarung über das Abgehen der Schriftform.
Die Unzulässigkeit dieser Klauseln besteht darin, dass sie die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen zu Lasten der Verbraucher gesetzwidrig einschränken. (Verstoß gegen § 10 Abs 3 KSchG)
X. Die gewählte Risikobereitschaft (gem. beiliegendem Anlegerprofil) und Portfoliozusammenhang des/der Depotinhaber bezieht sich auf den Anfangswert des veranlagten Kapitals. Abweichungen zu Vorgaben betreffend Risikoklassen, Märkten, Art der eingesetzten Instrumente oder Währungen sind bis zu 10% des Depotwertes zulässig. Nachfolgende Orders oder Wünsche zum An- und Verkauf von Fonds, Instrumenten oder Wertpapieren bedürfen keiner weiteren Risikoaufklärung oder Beratung und sind auch dann zulässig, wenn dies nicht in die Risikoklasse fällt, aber bei Durchrechnung der Konten die gewählte Risikobereitschaft (gem beiliegendem Anlegerprofil) zu 90% erreicht wird.
Dieses einseitige Leistungsänderungsrecht ist gem § 6 Abs 2 Z 3 KSchG unzulässig.
XI. Grundsätzlich werden sämtliche banküblichen Spesen und Gebühren den Konten zusätzlich verrechnet. Ab Fälligkeit ist IMB zu einer Direktverrechnung gegen die Konten berechtigt.
Da die Klausel keine Angaben darüber enthält, was unter "banküblichen" Spesen und Gebühren zu verstehen ist, widerspricht sie dem Transparenzgebot iSd § 6 Abs 3 KSchG.
XII. IMB haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit wird ausdrücklich ausgeschlossen.
Gem. § 6 Abs 1 Z 9 KSchG ist die Klausel unwirksam, da sie keine Beschränkung des Haftpflichtausschlusses auf andere als Personenschäden enthält.
XIII. Der/die Depotinhaber verzichtet(en) ausdrücklich darauf, den Vermögensverwaltungsvertrag wegen Irrtums (§ 871 ff AGBG) anzufechten.
Die Klausel widerspricht klar § 6 Abs 1 Z 14 KSchG und ist daher unwirksam.
OLG Wien, 1 R 42/10v
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien