Zum Inhalt

Urteil: Zahlscheingebühren auch zwischen Unternehmern unzulässig

Die Verrechnung von Zahlscheinentgelten verstößt auch im Verhältnis zwischen Unternehmern gegen § 27 Abs 6 ZaDiG. Eine Hausverwaltung unterliegt bei Mietzinsvorschreibungen den Vorgaben des ZaDiG. Mietrechtliche Sonderbestimmungen beschränken die Vorgaben des ZaDiG hinsichtlich der Erhebung von Zahlscheinentgelten nicht.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte - im Auftrag des Sozialministeriums- einen Musterprozess gegen eine Hausverwaltung.

Die Hausverwaltung führte Mietzinsvorschreibungen für eine Vermieterin durch und verrechnete dabei EUR 1,20 für die Bezahlung mit Zahlschein. Dieses Entgelt wurde nicht an die Vermieterin weitergegeben, sondern von der Hausverwaltung einbehalten.

Diese Vorgehensweise verstieß laut Ansicht des VKI gegen § 27 Abs 6 ZaDiG, da für die Bezahlung mittels Erlagschein eine Strafgebühr verrechnet wurde.

Das Erstgericht gab dem VKI Recht. Im Verfahren ging das Gericht davon aus, dass es sich bei der Mieterin um eine Unternehmerin handelte, da diese Künstlerin ist und die Vereinbarung einer Umsatzsteuer von 20% bei der Miete vereinbart wurde. Das Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) nimmt eine Differenzierung zwischen Konsumenten und Unternehmen hier jedoch nicht vor. Die Verrechnung der inkriminierten Gebühr verstieß laut BG Wien Innere Stadt gegen § 27 Abs 6 ZaDiG.

Das Bezirksgericht Wien Innere Stadt stellte zudem fest, dass die Aktivlegitimation der klagenden Partei gegeben sei, da laut übereinstimmendem Parteiwillen, die Ansprüche abgetreten werden sollten, die gegen jenes Unternehmen bestanden, welches die Zahlscheingebühren einhob.

Die Hausverwaltung ist durch die Einhebung der Zahlscheingebühr bereichert, wobei die dreißigjährige Verjährungsfrist für Bereicherungsansprüche zur Anwendung kommt. Das Gericht schloss zudem die Anwendung des § 22 MRG aus, da § 15a Abs 3 Z 1 MRG den pauschalierten, monatlichen Betrag nicht erfasse.

Seitens der Hausverwaltung wurde Berufung erhoben.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien fällte ebenso ein Urteil zugunsten der Mieterin. Das LG schloss die Anwendung des § 22 MRG aus, da die Zahlscheingebühr von der Hausverwaltung eingenommen, nicht weitergeleitet wurde und der Bereicherungsanspruch daher gegen die Hausverwaltung bestand. § 27 Abs 3 MRG wurde ebenfalls als nicht anwendbar erklärt, da sich § 21 Abs 1 MRG auf die vom Vermieter aufgewendeten Kosten bezieht und Ziffer 7 auf § 22 MRG verweist. Somit sind die gegenständlichen Leistungen nicht solche im Sinne der §§ 15-26 MRG vereinnahmte, weswegen die Anwendung des § 27 Abs 3 MRG ausgeschlossen wurde. Auch eine Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs gem § 37 Abs 1 Z 14 MRG wurde seitens des Gerichts verneint.

Vom Gericht wurde auch festgehalten, dass es regelmäßig Judikatur zur Anwendbarkeit von § 27 Abs 6 ZaDiG gibt und eine Anwendung für die hier vorliegende Konstellation gegeben ist.

Die Zahlung via Erlagschein erfüllt den Begriff des Zahlungsvorgangs gem § 1 Abs 2 Z 2 ZaDiG und ist daher ein Zahlungsdienst iSd § 1 Abs 1 ZaDiG. Laut § 27 Abs 6 ZaDiG ist es unerheblich, ob die Beklagte als gewerblicher Zahlungsdienstleister zu sehen ist, sondern wird darauf abgestellt, ob die Eigenschaft als Zahlungsempfänger gegeben ist. Dies wurde vom Gericht bejaht. Die Verbrauchereigenschaft des Zahlungsdienstnutzers ist hier unerheblich, da ein Verstoß gegen § 27 Abs 6 ZaDiG vorliegt.

Auch der Einwand der Hausverwaltung hinsichtlich der Subsidiarität von Bereicherungsansprüchen wurde verneint. Ein Bereicherungsanspruch steht laut Gericht dann zu, wenn eine Vertragsbestimmung unwirksam wird und wegfällt.

Die Aktivlegitimation wurde bejaht, da eine Einschränkung zur Person des Schuldners nicht gegeben war. Wie bereits das Erstgericht festgestellt hatte, sollten laut übereinstimmendem Parteiwillen jene Ansprüche geltend gemacht werden, die gegen den Zahlungsempfänger bestanden. Hinsichtlich der

Aktivlegitimation im Verfahren wurde vom LG zudem mitgeteilt, dass es für die gültige Inkassozession dem Schuldner gegenüber unerheblich ist, ob die Geltendmachung der Ansprüche vom Vereinszweck umfasst ist.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 31.3.2016).

LG ZRS Wien 25.02.2016, 36 R 183/15g
BG Wien Innere Stadt 27.07.2015, 78 C 7/15d
Volltextservice
Klagevertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang