In einer Klage einer Bank gegen Kreditnehmer (rechtschutzversichert) haben sich diese auch auf eine gesetzwidrige Zinsgestaltung bei Abwicklung des Kreditvertrages berufen. Das OLG Wien hat als Berufungsgericht:
a) der Klage zum Teil - im Hinblick auf einen anerkannten Betrag - stattgegeben, und
b) hinsichtlich des Restbetrages das Ersturteil aufgehoben und - unter Überbindung der Rechtsansicht (siehe unten) - zur weiteren Verhandlung an das Erstgericht zurückverwiesen. Einen Rechtskraftvorbehalt - Überprüfung durch den OGH - sah es als nicht notwendig an.
Anders als das zuletzt ergangenen Urteil des OLG Wien (17.1.2003, 4 R 269/02m) kommt der nun entscheidende Senat zur Ansicht, dass die verwendete Klausel nicht der Nichtigkeit anheimfällt, sonder das Erstgericht vielmehr zu überprüfen hat, inwieweit der verrechnete Zinssatz dem marktüblichen Zinssatz vergleichbarer Kredite - und den darin steckenden typischen Refinanzierungskosten - entspricht.
Dem Urteil liegt folgende Klausel zugrunde :"Der Kreditgeber ist berechtigt, die vereinbarten Konditionen in einem angemessenen Ausmaß abzuändern, wenn sich das Zinsniveau für Einlagen oder auf dem Geld- oder Kapitalmarkt verändert bzw. kredit- oder währungspolitische Maßnahmen Änderungen auf dem Kreditmarkt bewirken."
Auffallend ist, dass ein Gericht - soweit ersichtlich - erstmals § 21 Abs 3 KWG nicht auf Anpassungsklauseln für anwendbar hält. Es ist aber völlig unbestritten, dass die §§ 21 Abs 3 KWG und 33 Abs 2 Z 4 BWG nicht nur für "echte" Zinsgleitklauseln, sondern auch für solche Änderungsklauseln maßgeblich sind, die nach der strengen deutschen Terminologie, die bislang in Österreich nicht üblich war (vgl nur die Ausführungen von Koziol, Bankvertragsrecht, II, Rz 1/156 ff unter der Überschrift "Zinsgleitklausel"), als Zinsanpassungsklauseln anzusehen sind. Dies entspricht auch der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 22.12.1986, 87/102/EWG, Abl EG L 42/48 Artikel 4 Abs 2 b, wonach Bedingungen, unter denen der effektive Jahreszinssatz geändert werden kann, im Kreditvertrag angegeben werden müssen.
Die verpflichtend zweiseitige Auslegung der Klausel wird vom OLG Wien abermals bestätigt.
Hingegen hält das OLG Wien fest, dass die "Klauselformulierung eine Bindung an ausschließlich objektive Maßstäbe enthält". Das Gericht sieht sich dabei auch von der Rechtsprechung des OGH bestätigt, wonach Zinsanpassungsklauseln jedenfalls dann zulässig sind, wenn sie in nachvollziehbarer Weise an Parameter gebunden werden, auf die der Unternehmer (die Bank) keinen messbaren Einfluss hat.
Das OLG Wien übersieht hier jedoch mehreres: Der Parameter "Veränderung des Zinsniveaus für Einlagen" ist zum einen unbestimmt, weil es ein objektiv feststellbares "Zinsniveau" nicht gibt. Die von den Banken gewährten Einlagenzinsen sind unterschiedlich und darüber hinaus von der Dauer der Bindungsfrist abhängig. Im übrigen ist die Höhe der Einlagenzinsen der Bank nicht von deren Willen unabhängig, da die Festsetzung der von den Banken für Einlagen gewährten Zinsen Teil ihrer jeweiligen, individuell unterschiedlichen Geschäftspolitik ist und sich nicht ausschließlich an Änderungen des Zinsniveaus auf dem Geld- und Kapitalmarkt orientiert - vom Lombardkartell ganz zu schweigen.
Dass die unbestimmte Klausel eine Überprüfung durch den Kreditnehmer - zumindest innerhalb einer gewissen Bandbreite (OLG Graz 6.5.2002, 2 R 58/02w) - völlig ausschließt, lässt das Gericht vollkommen unbehandelt. Ebenso die Tatsache, dass in der Klausel keinerlei Gewichtung der einzelnen - zudem unbestimmten - Parametern vorgenommen wurde. Das Gericht zitiert zwar die Entscheidung OLG Wien 30.8.1995, 6 R 571/94 bei der Zweiseitigkeit, lässt aber die Wertungen dieser Entscheidung hinsichtlich der geforderten Bestimmtheit bei Zinsanpassungsklauseln völlig außer Acht.
OLG Wien 27.1.2003, 13 R 117/02z