Die Entscheidung des OGH zur kurzen Verjährung zuviel bezahlter Zinsen bei Verbraucherkreditverträgen hat bereits von mehreren Untergerichten und der Lehre Kritik erfahren (siehe VRInfo 9, 10,11/2003 sowie 2/2004). Nunmehr hat sich auch das OLG Wien - in einem Musterverfahren des VKI im Auftrag des BMSGK gegen die Raiffeisenbank Neulengbach - gegen die analoge Anwendung von § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG auf die Verjährung des Anspruches auf Rückerstattung von Kreditzinsen ausgesprochen. Diese Ansprüche verjähren daher erst binnen 30 Jahren. Des weiteren wurde vom OLG Wien nun auch die vom OGH noch offen gelassene Frage des Beginns der Verjährungsfrist beantwortet: Die Frist beginnt erst mit "Überzahlung" durch den Kreditnehmer.
Dem Verfahren liegen zwei Verbraucherkredite - abgeschlossen vor dem 1.3.1997 - zugrunde, welche eine Zinsanpassungsbefugnis der Raiffeisenbank Neulengbach "entsprechend den jeweiligen Geld-, Kredit- und Kapitalmarktverhältnissen" enthalten. In Anschluss an die Entscheidung des OGH vom 24.6.2003, 4 Ob 73/03v, erkannte das OLG Wien die in den Verträgen enthaltenen Zinsanpassungsklauseln für rechtswidrig iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG . Die daraus entstehende Lücke ist im Wege der hypothetischen Vertragsauslegung zu schließen.
Der Argumentation des OGH hinsichtlich der kurzen Verjährung des Anspruchs auf Rückzahlung zuviel bezahlter Zinsen wollte das OLG Wien (wie zuvor bereits in OLG Wien 17.1.2003, 4 R 269/02m, VRInfo 3, 2003) nicht folgen. Vielmehr hielt das Gericht - unter ausführlicher Behandlung der in Folge der OGH-Entscheidung von der Lehre geäußerten Kritik - die analoge Anwendung von § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG insbesondere aufgrund der Besonderheiten des Mietrechts für "nicht geeignet".
Der Umstand, dass sich das OLG Wien in seinem Urteil auch ausführlich mit der Frage der Dauer der Verjährung (3 oder 30 Jahre) beschäftigt ist auch deshalb beachtlich, da nach richtiger Ansicht des OLG Wien der Anspruch der Kreditnehmer selbst bei Anwendung der kurzen Verjährung noch nicht verfristet ist. Richtig zeigte das OLG Wien nämlich auf, dass bei einem Annuitätenkredit eine Bereicherung der Bank frühestens mit dem Zeitpunkt der "Überzahlung" des Kredites eintreten kann, also zu dem Zeitpunkt, in dem der Kredit unter Zugrundelegung einer rechts- bzw. vertragskonformen Verzinsung getilgt gewesen wäre und die Bank weitere Annuitäten vorgeschrieben und bezahlt bekommen hat. In den klagsgegenständlichen Krediten erfolgte diese "Überzahlung" mittels Einmalzahlung (durch vorzeitige Rückzahlung der Kredite) innerhalb drei Jahren vor Klagseinbringung.
Die Ansprüche sind daher keinesfalls verjährt.
Das OLG Wien verwies sodann das Verfahren an die erste Instanz zurück, um auf Basis eines Sachverständigengutachten dem Erstgericht die Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens zu ermöglichen. Der Rekurs an den OGH wurde zugelassen und wird wohl auch erfolgen.
OLG Wien 19.1.2004, 4 R 207/03w
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser