Zum Inhalt

Urteil: Zinsuntergrenze bei Kredit unzulässig

Bei einer Kreditzinsklausel darf nur dann eine Untergrenze eingezogen werden, wenn auch eine adäquate Obergrenze festgelegt ist.

Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - die Unicredit Bank Austria AG wegen folgender Klausel in einem Kreditvertrag von 2016: "Wenn der vorgenannte Indikator negativ ist oder negativ werden sollte, wird für diesen als Untergrenze ein Prozentsatz von 0% (Null Prozent) für die Zinsverrechnung vereinbart. Der Kreditnehmer zahlt also zumindest den im vorigen Absatz vereinbarten Aufschlag."

Gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG müssen nachträgliche Entgeltänderungen klar nachvollziehbar, in ihren Kriterien sachlich gerechtfertigt, für beide Seiten in gleicher Weise gegeben und in ihren Voraussetzungen vom Willen des Unternehmers unabhängig sein. Jedenfalls haben solche Klauseln gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG dem Erfordernis der Zweiseitigkeit zu entsprechen, weshalb es bei der Einführung einer Untergrenze auch einer Obergrenze bedarf. Zinsgleitklauseln bedürfen - selbst unter Unternehmern (zuletzt OGH 18.5.2016, 3 Ob 47/16g) - der Zweiseitigkeit und Symmetrie. Einseitige Aufrundungsbestimmungen sind unzulässig (ecolex 2003/102). Es entspricht dem Gedanken der Vertragssymmetrie, dass die Bank zur Senkung von Zinsen in derselben Relation verpflichtet sei, in der sie umgekehrt Erhöhungen vornehmen darf (10 Ob 145/05d). Eine Konstruktion, welche nur das finanzielle Risiko des Kreditgebers begrenzt, jenes des Kreditnehmers allerdings unbeschränkt bestehen lässt, verstößt folglich gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Daraus ergibt sich, dass für vorgesehene Zinsanpassungen und -gleitungen eine Untergrenze nur dann eingezogen werden darf, wenn auch eine adäquate Obergrenze festgelegt ist.

Die Frage, ob die inhärente Entgeltlichkeit eines Kreditgewährungsvertrages eine Klausel, die Negativzinsen ausschliesst, zuliesse, ist für die vorliegende Klausel nicht relevant.

Auch die Frage, ob ein Mindestzins, der an die jeweiligen Refinanzierungsbedingungen geknüpft ist, zulässig wäre, kann dahingestellt bleiben, da die Klausel eine solche Bindung nicht enthält. Rein wirtschaftliche Erwägungen auf Seiten der Beklagten sind nicht massgeblich, es ist an ihr gelegen, bei beweglicher Verzinsung die Regelung so zu gestalten, dass die Symmetrie gewahrt bleibt. Schliesslich kann die Entwicklung des Euribor auch einen für den Kreditnehmer wirtschaftlich ruinösen Verlauf nehmen.

Das Urteil ist rechtskräftig. (Siehe dazu OGH 13.6.2017, 4 Ob 107/17i)

HG Wien 10.1.2017, 19 Cg 60/16v
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien


Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang