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Urteile Schlag auf Schlag: Klauseln zum Rückkaufswert bei Lebensversicherung sind gesetzwidrig.

In zwei weiteren Urteilen gegenüber der ÖBV und der UNIQA bestätigt der OGH seine Entscheidung im Verfahren gegen die Victoria Volksbanken Versicherung.

Die vorzeitige Auflösung einer (vor dem 1.1.2007 abgeschlossene) Lebensversicherung führt oft zu starken Verlusten. Denn die Versicherung zahlt in den ersten Jahren entweder überhaupt keinen oder einen im Verhältnis zu den einbezahlten Prämien nur geringen Rückkaufswert aus.Auch die Versicherungsleistung im Fall einer Prämienfreistellung ist deutlich niedriger als ursprünglich vorgesehen.

Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass hohe Abschlusskosten überwiegend am Beginn der Laufzeit verrechnet werden. Zum anderen werden oft auch Stornoabzüge verrechnet.

Ein ausreichender Hinweis auf diese Nachteile einer vorzeitigen Auflösung erfolgte allerdings meistens nicht. Der VKI  hat daher derartige Verträge als intransparent eingeschätzt. Das BMSK hat den VKI aus diesem Grund auch bereits 2005 beauftragt gegen 15 Lebensversicherungen mit Verbandsklage vorzugehen.

Nach der kürzlichen Entscheidung im Verfahren gegen die Victoria Volksbanken Vericherung stellt der OGH in den beiden nunmehr zugestellten Urteilen klar, dass auch Rückkaufswertklauseln der ÖBV und der UNIQA gesetzwidrig sind.

Auch die (praktisch identen) Klauseln der ÖBV und der UNIQA lassen nicht erkennen, welcher wirtschaftlichen Schaden Konsumenten bei einer vorzeitigen Auflösung ihrer Lebensversicherung entsteht. Die Klauseln sind daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG und damit gesetzwidrig.

Die Klauseln lauten:

ÖBV:
"Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Beiträge. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes und der angefallenen Kosten nach den hiefür geltenden Vorschriften und tariflichen Grundlagen unter Berücksichtigung eines Liquidierungsabschlages."

UNIQA:
"Der Rückkaufswert entspricht nicht der Summe der bezahlten Prämien. Er errechnet sich wegen des gebotenen Versicherungsschutzes, unter Berücksichtigung eines Abschlages auf die tarifliche Deckungsrückstellung und der angefallenen Kosten nach den tariflichen Grundsätzen."

Gleichlautende Klauseln wurden in der Zeit vor dem 1.1.2007 aber auch von vielen anderen Versicherungen verwendet. Weitere Entscheidungen in den zahlreichen anderen noch anhängigen Verfahren sind daher zu erwarten

Der Einwand der Versicherung, dass Rückkaufswerttabellen in der Polizze für die Aufklärung ausreichend seien, weist der OGH zurück. In den Versicherungsebdingungen gibt es nämlich keinen Hinweis auf derartige Rückkaufswerttabellen.

Auch ein Verweis auf den Tarif ("tarifliche Grundsätze" bzw.  "tarifliche Grundlagen") stellt keine ausreichende Aufklärung über die wirtschaftlichen Nachteile einer vorzeitigen Auflösung dar. Der Tarif wird den Konsumenten nämlich nicht offengelegt und bleibt somit unbekannt. Außerdem ist die im Tarif einseitig bestimmte und nicht näher erläuterte Berechnungsmethode des Rückkaufswertes dem Konsumenten unverständlich.

Mangels gültiger vertraglicher Grundlage dürfen bei Vorliegen derartiger Klauseln Abschlusskosten und Stornoabzüge nicht mehr wie bisher verrechnet werden. Rückkaufswerte und prämienfreie Versicherungsleistungen müssen in vielen Fällen höher sein. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. In Österreich muss man sich hinsichtlich der Abschlusskosten an der gesetzlichen Neuregelung der Rückkaufswerte für Verträge ab dem 1.1.2007 (VersRÄG 2006) orientieren, die nach Einschätzung des VKI auch für Altverträge heranzuziehen ist. Dabei werden die Abschlusskosten auf die ersten 5 Jahre der Laufzeit aufgeteilt. Stornoabzüge dürfen hingegen gar nicht verrechnet werden.

Bei bereits rückgekauften und prämienfreigestellten Verträgen besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegenüber der Versicherung. Bei Rückkäufen können Ansprüche jedenfalls innerhalb von drei Jahren ab Rückkauf geltend gemacht werden. Bei Prämienfreistellungen beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst mit dem vereinbarten Leistungszeitpunkt.  Das Urteil kann sich aber auch auf alle noch laufenden Altverträge auswirken, die erst in Zukunft vorzeitig gekündigt oder prämienfrei gestellt werden.

OGH 17.1.2007, 7 Ob 173/06a (ÖBV)
OGH 17.1.2007, 7 Ob 140/06y (Uniqa)
OGH 17.1.2007, 7 Ob 131/06z (Victoria)
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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