Viele - aber nicht alle - Kreditinstitute haben bei variabel verzinsten Verbraucherkrediten, die ab 1.3.1997 abgeschlossen wurden, Zinsgleitklauseln verwendet, in denen bei jeder Zinsanpassung eine Aufrundung auf das nächste 1/8 Prozent vorgesehen war. Da bei jeder Zinsänderung von gerundeten Ausgangswert weitergerechnet wurde, entstand eine "Aufrundungsspirale" mit dem Effekt, dass die Kreditnehmer erheblich mehr an Zinsen verrechnet bekommen haben, als dies bei einer kaufmännischen Rundung geschehen wäre. Der Schaden durch derartige "Aufrundungsspiralen" bei einem Kredit in der Höhe von 72.000 Euro würde beispielsweise nach einer Laufzeit von 10 Jahren über 7.000 Euro betragen.
Der VKI hat - im Auftrag des BMJ - drei Kreditinstitute (exemplarisch) geklagt und in allen drei Fällen beim OGH Recht bekommen.
Schon im Jänner dieses Jahres hat der OGH gegen die Bank Austria Creditanstalt entschieden. Nun wurden uns auch die Urteile gegen die Raiffeisenbank NÖ Wien und die PSK zugestellt. In allen Fällen hat der OGH diese Klausel als Verstoß gegen das Gebot der Zweiseitigkeit und der Sachlichkeit in § 6 Abs 1 Z 5 KSchG angesehen und die weitere Verwendung im Verkehr mit Verbrauchern untersagt. Doch die betroffenen Kreditinstitute dürfen sich auf die Klausel auch nicht berufen. Das bedeutet, dass die betroffenen Kreditinstitute verpflichtet sind, bei laufenden Krediten eine Richtigstellung von offenem Saldo und geltendem Zinssatz durchzuführen. Saldomitteilungen ohne Korrektur würden den Tatbestand des "sich auf eine gesetzwidrige Klausel Berufens" erfüllen und in solchen Fällen könnte der VKI eine gesetzeskonforme Vorgangsweise mittels Exekutionen erzwingen.
Die Bank Austria Creditanstalt hat bereits mit der Richtigstellung von Kreditkonten begonnen. Die Raiffeisenlandesbank NÖ Wien hat heute angekündigt, ebenfalls die Richtigstellungen von sich aus vorzunehmen. Die PSK wird nicht umhin kommen, diesem Beispiel zu folgen.
Zwischenzeitlich haben auch die Erste Bank und die Raiffeisenlandesbank Steiermark - nach Abmahnung des VKI - entsprechende Verpflichtungserklärungen abgegeben. Die Erste Bank wird die Richtigstellungen bis spätestens Mitte April 2003 vornehmen.
Der VKI hat weiters weitere zehn regionale Kreditinstitute abgemahnt. Hier sind die Reaktionen noch ausständig. Doch auch in diesen Fällen kann erwartet werden, dass die betroffenen Banken - wohl oder übel - sich zur Rückrechnung von zuviel verlangten Zinsen bereit finden werden.
Die Klagen des VKI gegen die "Aufrundungsspirale" in den Zinsgleitklauseln der Banken sind ein Musterbeispiel für funktionierende Marktkontrolle durch Verbandsklagen nach dem Konsumentenschutzgesetz. Die Verpflichtung der Banken zur Neudurchrechnung laufender Kredite bringt allen betroffenen Kreditkunden eine automatische Rückerstattung zuviel bezahlter Zinsen, ohne dass der einzelne Kunde mit seiner Bank diesen Punkt individuell ausstreiten müsste.
BACA: OGH 20.11.2002, 5 Ob 266/02g
RLB NÖ Wien: OGH 17.12.2002, 4 Ob 265/02b
PSK: OGH 21.1.2003, 4 Ob 288/02k
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien