Das Verwaltungsgericht Schleswig- Holstein musste sich nach einer Klage der deutschen Umwelthilfe mit der Frage auseinandersetzen, ob der Bescheid, mit dem das von VW entwickelte Softwareupdate zur Sanierung des Abgasskandals genehmigt wurde, zulässig in Bezug auf den klagsgegenständlichen VW Golf Plus TDI war. Der Bescheid wurde aufgehoben.
Ausschlaggebend dafür war, dass weiterhin unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut waren. Das Software-Update ist daher nicht geeignet, die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs herzustellen.
Das Verwaltungsgericht äußerte sich insbesondere zu folgenden Themen:
Thermofenster:
Das Thermofenster erfüllt nicht die Ausnahmebestimmungen. Es ist nicht ausschließlich notwendig, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils verursachten unmittelbaren Risiken für Motor in Form von Beschädigung und Unfall zu vermeiden.
Die von VW angeführten Risiken wie z.B. Belagbildung an AGR-Ventil und AGR-Kühler, wirken sich nicht abrupt auf den Betrieb des Motors aus. Es handelt sich maximal um mittelbare Risiken für den Motor, die sich auswirken, nachdem sich ein anderes Risiko für den sicheren Betrieb realisiert hat. Die von VW beschriebenen Probleme können außerdem durch regelmäßige und sachgerechte Wartung vermieden werden.
Das Thermofenster ist daher eine unzulässige Abschalteinrichtung.
Ob die Abschalteinrichtung im überwiegenden Teil des Jahres in Betrieb ist, ist daher nicht mehr relevant. Das Verwaltungsgericht geht jedoch von einem Temperaturbereich von -15 bis +40 Grad Celsius aus. Es kommt nicht auf die bloße Einhaltung eines Durchschnittswertes der tatsächlichen Fahrbedingungen aus dem gesamten Unionsgebiet im Jahresverlauf an. Relevant sind jene Bedingungen, die vernünftigerweise zu erwarten sind. Die Fahrbedingungen in den Sommermonaten in Spanien, Portugal oder Griechenland sind genauso relevant wie die im Winter in Finnland, Estland oder Schweden.
weitere unzulässige Abschalteinrichtungen:
Das Verwaltungsgericht qualifiziert neben dem Thermofenster noch weitere Abschalteinrichtungen die im klagsgegenständlichen Fahrzeug verbaut waren als unzulässig:
- Funktion zur Steuerung des Abgasrückführungssystems in Abhängigkeit von Höhe bzw. Luftdruck
- Funktion zur Steuerung des Abgasrückführungssystems in Abhängigkeit von Leerlaufzeiten (Taxischaltung)
Vorgehensweise des KBA:
Die Vorgehensweise des KBA wird im Urteil kritisch betrachtet. Nach Ansicht des Gerichts war die Prüfung des KBA nicht ordnungsgemäß, da es ansonsten nicht bescheinigt hätte, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt.
Sollte dieses Urteil rechtskräftig werden, ist es als richtungsweisendes Urteil auch für andere Fahrzeuge zu sehen. Betroffenen Fahrzeughalter:innen droht dann trotz Software-Update die Entziehung der Zulassung Ihres Fahrzeugs.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. VW hat bereits angekündigt, das Urteil zu bekämpfen.
Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein 20.02.2023, 3 A 113/18