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Zukunftsvorsorge kündbar?

Nach einem aktuellen Urteil des HG Wien geht der Streit um die Kündbarkeit der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge weiter.

Die staatlich geförderte prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge gibt es in verschiedenen Formen. Die Veranlagung kann in Form eines Pensionsinvestmentfonds, in einer betrieblichen Vorsorgekasse oder in einer Lebensversicherung erfolgen.

Anbieter der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge in Form einer Lebensversicherung schließen bei der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge eine Kündigung vor der Mindestbindefrist in den Versicherungsbedingungen aus. Ob ein derartiger Ausschluss einer Kündigung seitens der Versicherung allerdings zulässig und zivilrechtlich wirksam ist, ist schon länger umstritten.

Nach Einschätzung des VKI sind derartige Verträge vorzeitig kündbar. Immerhin bestehen für Lebensversicherungen zwingende Kündigungsrechte im Versicherungsvertragsgesetz. Demnach sind Lebensversicherungen von Gesetz wegen zumindest jährlich kündbar. Die nach dem EStG für eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge vorgesehene Verpflichtungserklärung, wonach eine Kündigung für mindestens 10 Jahre nicht erfolgt, ist nur an die Abgabenbehörde gerichtet und kann daher nach Einschätzung des VKI das Kündigungsrecht ebenso wenig beeinträchtigen wie die sonstigen Regelungen des EStG.

Die Einschätzung des VKI wird durch ein rechtskräftiges Urteil des HG Wien aus dem Jahr 2009 gestützt. Nach diesem eingehend begründeten Urteil ist eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge in Form einer Lebensversicherung jährlich kündbar.

Da sich nicht alle Produktanbieter an das Urteil das HG Wien hielten, brachte der VKI im Frühjahr 2010 im Auftrag des BMASK eine Verbandsklage zur endgültigen Klärung dieser Frage ein.

In diesem Verbandsverfahren urteilt das HG Wien aktuell allerdings überraschenderweise anders als im Jahr 2009. Die knappe Begründung: Das EStG würde den zwingenden Kündigungsrechten für Lebensversicherungen vorgehen. Dieses neue Urteil des HG Wien ist nicht rechtskräftig.

Der VKI wird dagegen im Auftrag des BMASK Berufung erheben und eine endgültige Klärung betreiben. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist frühestens für den Sommer 2011 zu erwarten.

Bis dahin müssen sich Inhaber dieser Produkte gedulden. Wer nicht mehr zahlen kann oder will, kann den Vertrag aber prämienfrei stellen, d.h. der Vertrag läuft ohne Einzahlungen weiter.

Gekündigt sollte jedenfalls nur in Notfällen werden. Denn auf Grund von Kostenabzügen in den ersten Jahren und Steuernachteilen bei der vorzeitigen Auflösung muss man mit einem deutlichen Minus im Verhältnis zu den einbezahlten Beträgen rechnen.

HG Wien 5.10.2010, 11 Cg 90/10

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