Eine 20-jährige einkommenslose Konsumentin schloss mit der Betreiberin einer Maturaschule einen entgeltlichen Schulvertrag zur Vorbereitung auf die AHS-Matura. Ihre Mutter unterfertigte den Schulvertrag wo unter der fettgedruckten Überschrift "Gesetzlicher Vertreter - Zahlungsverpflichteter - Bürge" folgender Passus vorgedruckt war: "Ich verpflichte mich, für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtung aufzukommen."
Die Maturaschulenbetreiberin klagte Mutter und Tochter wegen eines aushaftenden Betrags. Die Mutter stützte sich auf § 25c KSchG, der zugunsten von Verbrauchern, die etwa als Bürgen fungieren, eine Warnpflicht des Unternehmers bei schlechter Vermögenslage der Hauptschuldnerin vorsieht.
Der OGH führt dazu aus:
Die Schutzvorschrift des § 25c KSchG kommt hier nicht zur Anwendung.
Ob eine Interzession iSd § 25c KSchG (Beitritt als Mitschuldner zu einer materiell fremden Verbindlichkeit) oder eine diese ausschließende echte Mitschuld vorliegt, hängt von der Auslegung des zwischen dem Gläubiger (hier: Betreiber der Maturaschule) und dem Haftungsübernehmer (hier: Mutter) geschlossenen Vertrags ab. Maßgeblich ist das dem Gläubiger bekannte oder von ihm leicht erforschbare Innenverhältnis der beiden Schuldner. Eine materiell fremde Schuld liegt vor, wenn dem zahlenden Interzedenten (hier: Mutter) ein Regressanspruch gegenüber dem Schuldner (hier: Tochter) zusteht. Entscheidend ist nicht das Eigeninteresse des Interzedenten, sondern allein, dass er typischerweise damit rechnen kann, die Schuld zumindest wegen seines Regressanspruchs letztlich materiell nicht tragen zu müssen. Ist offenkundig, dass ein Regressanspruch wegen Vermögenslosigkeit des Hauptschuldners nicht durchsetzbar sein wird, so ist für den Interzedenten offenkundig, dass er die Schuld auch materiell selbst tragen muss. In einem solchen Fall findet die auf ein Einstehen für fremde Schulden zugeschnittene Schutzvorschrift des § 25c KSchG keine Anwendung.
Im konkreten Fall war allen am Vertragsabschluss Beteiligten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses klar, dass die (noch bei ihrer Mutter wohnende) Schülerin nicht selbsterhaltungsfähig ist und nicht einmal für ihren Lebensbedarf selbst aufkommen kann. Es war daher für alle Beteiligten von vornherein offensichtlich, dass die Mutter in Wahrheit einen Regressanspruch gar nicht durchsetzen kann und demnach die Schuld im Endeffekt materiell selbst tragen muss.
Der unterhaltspflichtige Elternteil rechnet typischerweise nicht damit, die für sein einkommensloses, noch bei ihm wohnendes 20-jähriges Kind im Zusammenhang mit der AHS-Matura aufgewendeten Ausbildungskosten - zumindest wegen eines Regressanspruchs gegen das Kind - letztlich materiell nicht tragen zu müssen.
In anders gelagerten Konstellationen können Eltern bei der Übernahme von Bürgschaften und Haftungen für Verbindlichkeiten ihrer volljährigen Kinder sehr wohl (dem Gläubiger auch erkennbare und damit dessen Warnpflichten auslösende) Regressansprüche zustehen, deren mangelnde Durchsetzbarkeit nicht - wie hier - von vornherein offenkundig ist.
OGH 14.4.2020, 8 Ob 6/20w