
Manipulative Websitegestaltung und fehlender Schutz von Minderjährigen: VKI-Verfahren gegen Temu
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums zwei Gerichtsverfahren gegen die Whaleco Technology Limited (Temu) am Handelsgericht Wien. Ein Urteil liegt derzeit noch nicht vor.
Die Plattform Temu ermöglicht Verbraucher:innen aus Österreich den Erwerb von diversen Verbrauchsgütern von überwiegend chinesischen Händler:innen. Insbesondere bei jüngeren Konsument:innen erfreut sich die Plattform großer Beliebtheit. Aus verbraucherschutzrechtlicher Hinsicht bestehen in mehrfacher Hinsicht Bedenken gegen die Geschäftspraktiken der Plattform.
Abgabe von Unterlassungserklärungen durch Temu
Der VKI hat Temu, jeweils im Auftrag des Sozialministeriums, bereits mehrfach abgemahnt und konnte im Jahr 2024 drei strafbewehrte Unterlassungserklärungen erwirken. Die Unterlassungserklärungen betreffen ua die Verpflichtungen von Temu,
- auf der Website eine Telefonnummer zu nennen, unter der Verbraucher:innen Temu schnell erreichen können (Unterlassungserklärung von Temu | Verbraucherrecht);
- das Zollrisiko nicht auf Verbraucher:innen zu überwälzen (Unterlassungserklärung von Temu I | Verbraucherrecht), sowie
- entsprechend den Vorgaben des Digital Service Act (DSA) Informationen über die Händler:innen auf Temu zur Verfügung zu stellen (Unterlassungserklärung von Temu II | Verbraucherrecht).
Bezüglich anderer Aspekte lenkte Temu nicht ein und ließ es auf Gerichtsverfahren ankommen. Derzeit laufen am Handelsgericht Wien zwei Verfahren des VKI gegen Temu, jeweils im Auftrag des Sozialministeriums. In diesen Verfahren geht es unter anderem um folgende rechtliche Vorgaben, die Temu nach Auffassung des VKI nicht (ausreichend) erfüllt:
Aktuelles Verfahren I: „Dark Patterns“
Nach Auffassung des VKI entspricht die Websitegestaltung von Temu nicht den gesetzlichen Vorgaben, indem sie Verbraucher:innen unter anderem durch den Einsatz sogenannter „dark patterns“ manipuliert.
Verbraucher:innen werden so zur Teilnahme an Verkaufsaktionen sowie zu vorschnellen Kaufentscheidungen verleitet, die sie bei vollständiger Information nicht oder nicht in dieser Form getroffen hätten. So werden Nutzer:innen mit vermeintlichen Gratisgeschenken und Gutscheinen gelockt, deren Einlösung jedoch an hohe Hürden und versteckte Bedingungen geknüpft ist. Ferner finden sich auf Temu regelmäßig manipulative Gewinnspiele, die künstlich in die Länge gezogen und emotional aufgeladen sind, um Kaufentscheidungen der Kund:innen zu beeinflussen.
Überdies führt die Gestaltung der Benutzeroberfläche dazu, dass Nutzer:innen unbeabsichtigt Zustimmungen erteilen – z. B. für Werbung oder das Speichern sensibler Daten. Die Kontolöschung auf Temu ist bewusst kompliziert und langwierig gestaltet, im Gegensatz zur schnellen und einfachen Kontoerstellung.
Aktuelles Verfahren II: unzureichende Schutzmaßnahmen für Minderjährige und intransparente Empfehlungssysteme
Temu betreibt in großem Umfang Werbung auf Plattformen wie insbesondere TikTok, die minderjährige User:innen überproportional nutzen. Einen entsprechenden Schutz dieser Minderjährigen leistet die Plattform hingegen nicht; so können Minderjährige ohne Weiteres gefährliche Faltmesser oder Erotikartikel erwerben. Dies entspricht nach Auffassung des VKI nicht den Vorgaben des DSA.
Nicht ausreichend transparent gestaltet ist nach Auffassung des VKI die gesetzlich gebotene Darstellung der Empfehlungssysteme. Konsument:innen werden weitgehend im Unklaren gelassen, auf Basis welcher Kriterien sie Produkte angezeigt bekommen.