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Bei enger Vertriebsbindung: Bank haftet für Fehlberatungen des Anlageberaters

Wie die PRESSE berichtet, spricht sich der OGH für eine Haftung der Bank für Beratungsfehler des Anlageberaters aus, wenn zwischen Bank und Berater eine "ständige" Vertriebsbindung besteht.

Dem Verfahren liegen Schadenersatzansprüche eines Konsumenten gegen die Aviso Zeta Bank (vormals Constantia Privatbank) zugrunde, die auch darauf gestützt wurden, dass der Konsument vom Vertriebspartner der Bank, vom Finanzdienstleister AWD, falsch beraten wurde. 

Der OGH überträgt die Haftungssituation in Versicherungsrecht auf die Anlageberatung. Schließlich haftet die Versicherung gemäß § 43 Abs 1 VersVG für das Verschulden ihrer Versicherungsagenten, also von Personen, die von der Versicherung ständig betraut sind, Versicherungsverträge zu vermitteln. Dadurch entsteht - wenn der Agent ständig damit betraut ist - ein wirtschaftliches Naheverhältnis, das es zweifelhaft erscheinen lässt, ob der Agent in der Lage ist, die Interessen des Kunden ausreichend zu wahren.

Wird daher ein Vermögensberater von einem anderen Wertpapierdienstleister ständig mit der Vermittlung von bestimmten Anlageprodukten betraut, so entsteht dadurch auch ein wirtschaftliches Naheverhältnis, das es rechtfertigt ein Verschulden des Beraters nach § 1313a ABGB der Bank zuzurechnen. 

Schließlich nimmt die Bank die Vorteile der Auslagerung des Vertriebes und damit einer Arbeitsteilung in Anspruch und daher soll sie für Fehler des Beraters einstehen. Dies gilt nur, wenn die Bank mit dem Berater in einer "ständigen Geschäftsbeziehung" ("Vertriebspartner") steht. In solchen Fälle ist daher der Berater zum einen irrtumsrechtlich der Bank zuzurechnen (Vonkilch, RdW 2010, 324), zum anderen haftet die Bank aber auch für Schäden aufgrund des Verhaltens des Beraters bei Vermittlung der Anlage. 

Im Grunde - so der OGH - gehe es nur um die Frage, wer das Insolvenzrisiko für den Berater trage. Im Normalfall könne ja die Bank beim Berater Regress nehmen. Nur wenn dieser insolvent werde, müsse die Bank den Schaden letztlich tragen. Da die Bank aber den Vertriebspartner auswählt, sich  dadurch Kostenspart und aus dessen Tatätigkeit Gewinn zieht, läge es nahe, dieses Risiko der Bank und nicht dem Kunden zuzuordnen.

Anmerkung: Diese Entscheidung ist auch im Hinblick auf die kurze Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen (3 Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger) von Interesse. Der geschädigte Kunde mag zwar seinen wirtschaftlichen Schaden bereits früher erkannt haben, doch die Frist für eine Klage gegen die Bank läuft wohl erst ab dem Zeitpunkt, an dem er auch erkannt hat, dass eine entsprechend enge "Vertriebsvereinbarung" zwischen Bank und Berater vorlag.

OGH 17.12.2012, 4 Ob 129/12t

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