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BGH: Mehrkosten bei Wechsel des Pauschalreisenden zulässig

Der BGH erachtet es als zulässig, dass bei einer Pauschalreise im Fall des Wechsels der Personen Mehrkosten verrechnet werden, solange dadurch der Wechsel nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Erst mit der bis Mitte 2018 umzusetzenden "neuen" Pauschalreise-Richtlinie, ist eine Besserung zu erwarten.

Mit Einführung der "alten" Pauschalreise-Richtlinie 90/314/EWG wurden die Rechte von Pauschalreisenden gestärkt. Dabei wurde mitunter in Art 4 klargestellt, dass ein Reisender, der gehindert ist, eine gebuchte Pauschalreise anzutreten, diese auf eine andere Person übertragen kann, sofern diese Person alle an die Teilnahme geknüpften Bedingungen erfüllt. Die Übertragung muss dem Vermittler bzw. Reiseveranstalter rechtzeitig bekannt gegebenen werden; er kann sich nicht gegen die Übertragung aussprechen. Die Person, die ihre Pauschalreise überträgt, und der Erwerber haften beide dem Veranstalter oder Vermittler, der Vertragspartei ist, in voller Höhe für den noch ausständigen Reisepreis und die gegebenenfalls durch diese Übertragung entstehenden Mehrkosten.

Dem BGH lagen nun jüngst zwei Sachverhalte zur Entscheidung vor, in denen es um die Beurteilung von Mehrkosten ging, die infolge Übertragung der Reise entstanden. In den konkreten Fällen ging es darum, dass die Flugtickets laut zugrundeliegenden Tarifen nicht auf dritte Personen übertragbar waren, weshalb eine Neubuchung der Flüge erforderlich gewesen wäre, was zu Mehrkosten in Höhe von bis zu EUR 1.850,- bzw. um EUR 1.648,- pro Person geführt hätte.

Der BGH vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass der Reiseveranstalter nicht gezwungen wäre, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar seien. Für den Streitfall bedeute dies, dass es dem Reiseveranstalter freistehe, bei einem Luftverkehrsunternehmen für den Konsumenten Flüge zu Tarifen zu buchen, die einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulassen und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich wären als solche Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten würden. Zwar sei der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Dritten auch in einem solchen Fall den Eintritt in den Reisevertrag zu ermöglichen, die Kosten für den notwendigen Erwerb eines neuen Flugscheins wären jedoch Mehrkosten im Sinne des § 651b Abs 2 BGB und daher von den Reisenden zu tragen. Auch wenn diese Mehrkosten insbesondere kurz vor Reisebeginn den Eintritt eines Dritten wirtschaftlich unattraktiv machen können, rechtfertige dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten dem Reiseveranstalter aufzuerlegen.

Der BGH sah sich nicht veranlasst, den EuGH mit der in Frage stehenden Problematik zu befassen.

Fazit: Das Recht des Reisenden, eine Pauschalreise auf eine andere Person zu übertragen, wird damit de facto unterlaufen: In Anbetracht dessen, dass durch die Reiseübertragung entstehende Mehrkosten in keinem angemessenen Verhältnis zum Reisepreis stehen müssen, und sie den Reisepreis mitunter auch übersteigen können, wird, wer eine gebuchte Pauschalreise nicht antreten kann oder will, in der Regel auf eine Übertragung verzichten und die Reise stattdessen stornieren.

In Österreich ist das Übertragungsrectht einer gebuchten Pauschalreise in § 31c Abs 3 KSchG (Konsumentenschutzgesetz) normiert; ebenso wenig wie im deutschen BGB ist eine Beschränkung der anfallenden Mehrkosten vorgesehen.

Zukunftsausblick: Eine Verbesserung der Situation der Reisenden verspricht erst die bis Mitte 2018 in den Mitgliedstaaten der EU umzusetzende neue Pauschalreiserichtlinie, wonach Mehrkosten nicht unverhälnismäßig sein dürfen.

Insofern Reisende infolge überbordernder Mehrkosten von der Ausübung ihres Übertragungsrechts abgehalten werden, wird eine gerichtliche Klärung durch den Verein für Konsumenteninformation (VKI) erfolgen.

Rat und Hilfe finden Betroffene beim Beratungszentrum des VKI und dem beim VKI eingerichteten Europäischen Verbraucherzentrum.

BGH Entscheidungen: Urteile vom 27. September 2016 zu X ZR 107/15 und zu X ZR 141/15

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