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BGH zu Privatgutachterkosten bei einer mangelhaften Ware

Verschuldensunabhängiger Kostenerstattungsanspruch, wenn Privatgutachterkosten zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel aufgewendet werden.

Mit Urteil vom 30.4.2014 bejaht der BGH einen verschuldensunabhängigen Kostenerstattungsanspruch gem § 439 Abs 2 BGB, wenn die aufgewendeten Sachverständigengebühren ursprünglich zum Zwecke der Nacherfüllung des Gewährleistungsanspruchs dienen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Kläger kauften bei der Beklagten Massivholzfertigparkett und ließen anschießend den Parkettboden von einem Schreiner in ihrem Wohnhaus verlegen. Der Schreiner ging nach einer von der Beklagten mitgelieferten Verlegeanleitung vor, die vom Hersteller des Parketts stammte. Nach der Verlegung traten am Parkett Mängel (u.a. Verwölbungen) auf. Nach Rücksprache beim Hersteller sah die Beklagte die Ursache in einer zu geringen Raumfeuchtigkeit und wies die Mängelrüge der Kläger zurück.

Die Kläger holten daraufhin ein Privatgutachten ein. Dieses kam zum Ergebnis, dass die Veränderungen des Parketts auf eine in diesem Fall ungeeignete, in der Verlegeanleitung aber als zulässig und möglich empfohlenen Art der Verlegung zurückzuführen seien. Hierauf gestützt begehrten die Kläger nicht nur die Minderung des Kaufpreises sondern auch die Erstattung der Privatgutachterkosten in Höhe von EUR 1.258,72.

In der Folge sprach der BGH aus, dass den Klägern ein verschuldensunabhängiger Anspruch gem.  § 439 Abs. 2 BGB auf Erstattung der Kosten des Privatgutachtens zusteht. Die Aufwendungen wurden ursprünglich "zum Zwecke der Nacherfüllung" getätigt. Es ist auch unschädlich, dass die Kläger nach Erstattung des Gutachtens schließlich erfolgreich zur Preisminderung übergangen sind. Denn ob derartige Aufwendungen anschließend tatsächlich zu einer (erfolgreichen) Nacherfüllung führen, ist für den zuvor bereits wirksam entstandenen Ersatzanspruch ohne Bedeutung, wenn der Mangel und die dafür bestehende Verantwortlichkeit des Verkäufers feststehen. Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen in der Vergangenheit mehrfach eine Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten zur Aufklärung der Verantwortlichkeit für Mängel bejaht.

BGH 30.4.2014, VIII ZR 275/13

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