Brussels Airlines, die offizielle Fluggesellschaft Belgiens, ist eine der vier Lufthansa Group Network Airlines (Austrian Airlines, Brussels Airlines, Lufthansa und Swiss) und Mitglied der Star Alliance. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2023 entfielen 97.792 Passagiere des Flughafens Wien auf Brussels Airlines.
Der VKI führte (im Auftrag des Sozialministeriums) bereits 2021 ein Verbandsverfahren gegen den Mutterkonzern der Brussels Airlines, die Deutsche Lufthansa AG, in welchem bereits rechtskräftig unzählige Klauseln der von der Deutschen Lufthansa AG seinerzeit verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen - Beförderungsbedingungen für Fluggäste für unzulässig erklärt wurden (OGH, 20.04.2021, 4 Ob 63/21z).
Da die Brussels Airlines in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen (Stand 01.02.2023) zum Teil idente Bestimmungen wie im oben angeführten Verfahren verwendete, leitete der VKI ein Verbandsverfahren ein, in dem insgesamt 35 Klauseln aus den von Brussels Airlines verwendeten AGB, unter anderem die von Brussels Airlines vorgesehene Rechtswahl (belgisches Recht), Haftungsausschlüsse, Beförderungsverweigerungen und Rückerstattungssauschlüsse beanstandet und vom HG zur Gänze kassiert wurden.
Zu den einzelnen Klauseln:
1.
Für Code-Share-Dienste auf Flügen, die von anderen Carriern durchgeführt werden, gelten die vorliegenden Beförderungsbedingungen. Code-Share-Partner haben jedoch unter Umständen Bestimmungen hinsichtlich der Durchführung eigener Flüge, die von den Bestimmungen von Brussels Airlines durchgeführte Flüge abweichen. Diese Beförderungsbedingungen anderer Code-Share-Partner werden deshalb in die vorliegenden Beförderungsbedingungen einbezogen und damit Bestandteil des Beförderungsvertrages.
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien entspricht diese Klausel der Klausel 3 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z, wodurch sie ebenso als intransparent nach § 6 Abs 3 ABGB gewertet wurde.
2.
In Übereinstimmung mit der beschränkten Rechtswahlmöglichkeit nach dem zweiten Unterabsatz von Artikel 5 Abs. (2) der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sog. „Rom I Verordnung) unterliegen ihr Beförderungsvertrag mit uns sowie diese Beförderungsbedingungen belgischem Recht. Sollte eine Bestimmung dieser Beförderungsbedingungen nach dem anwendbaren Recht ungültig sein, bleiben die übrigen Bestimmungen gleichwohl gültig.
Das HG führte ausführlich aus, dass auch im Verbandsprozess das auf die Zulässigkeit der Klauseln selbst anwendbare Recht nach der Rom I-VO zu ermitteln ist, was zur Anwendung von Art 3 Abs 1 und Art 5 Abs 2 Rom I-VO sowie der Ausnahmebestimmung des Art 6 Abs 4 lit b Rom I-VO auf eine in Beförderungsbedingungen enthaltene Rechtswahlklausel führt (R0131886 insbesondere [T2 und T3]; EuGH C-191/15 Rn 60).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass für Beförderungsverträge nach Art 5 Abs 2 Rom I-VO nur das Recht bestimmter Staaten wirksam vereinbart werden kann. Dazu zählt auch das Recht jenes Staates, in dem das Beförderungsunternehmen seinen Sitz hat (lit b), sodass die in den ABB vorgesehene Wahl belgischen Rechts grundsätzlich dieser Vorgabe entspricht.
Die Gültigkeit der Rechtswahl in der gegenständlichen Klausel ist daher grundsätzlich nach belgischem Recht zu prüfen.
Der EuGH hat aber in seiner Entscheidung vom 28.7.2016 zu C-191/15 ausgesprochen, dass im Verbrauchergeschäft eine nicht im Einzelnen ausgehandelte Rechtswahlklausel, die den Verbraucher nicht über die von Art 6 Abs 2 Rom I-VO vorgesehene Weitergeltung der zwingenden Verbraucherschutzbestimmungen seines Heimatrechts (das sogenannte Günstigkeitsprinzip) aufklärt, irreführend und daher auch missbräuchlich iSd Art 3 Abs 1 der Klausel-RL sein kann (EuGH C-191/15, Amazon, Rn 71; 7 Ob 44/23f Rz 5 mwN; in diesem Sinn zuletzt auch EuGH 14.9.2023, C – 82/21, Club La Costa ua).
Personenbeförderungsverträge, wie sie Gegenstand der ABB der Beklagten sind, sind nach Art 6 Abs 4 lit b Rom I-VO ausdrücklich vom Günstigkeitsprinzip ausgenommen. Der Verbraucherschutz wird für diese Art von Verträgen grundsätzlich dadurch erreicht, dass nach Art 5 Abs 2 Rom I-VO die Rechtswahl nicht völlig frei erfolgen kann, sondern auf bestimmte Rechtsordnungen beschränkt ist, zu denen der Beförderungsvertrag einen von mehreren konkret genannten Anknüpfungspunkten aufweist.
Der OGH hat aber in seiner Entscheidung zu 4 Ob 222/22h vom 21.11.12023 (indiziert unter anderem zu RS0131886) unter Berufung auf deutsche Judikatur bereits ausgeführt, dass die Rechtswahl in den AGB zu Luftbeförderungsverträgen unter Berufung auf die Entscheidung des EuGH zu C-191/15 auch ohne nähere Prüfung des nationalen Rechts als irreführend und daher missbräuchlich iSd Art 3 Klausel-RL beurteilt werden kann.
Die Irreführung wurde dabei (auch) auf die Argumentation gestützt, dass solche Rechtswahlklauseln den Verbraucher entgegen EuGH C-191/15 nicht ausdrücklich über solche bindenden Rechtsvorschriften unterrichten, welche die Wirkung einer Rechtswahlabrede bestimmen, insbesondere die der Rechtswahl vorgehende Fluggastrechte-VO. Vielmehr schließe der Begriff „einschlägige Gesetze“ nach einigen Entscheidungen europäische Verordnungen sogar aus. Die Nennung der Fluggastrechte-VO in anderen Teilen der AGB könne der Irreführung nicht entgegenwirken, sondern verstärke eher sogar den Eindruck, dass es sich dabei eben um keine für die Rechtswahl relevante Norm handle. Mitunter wird daher sogar vertreten, dass die Fluggastrechte-VO in einer wirksamen Rechtswahlklausel jedenfalls ausdrücklich genannt werden müsse, um eine Irreführung der Verbraucher zu vermeiden.
Eine weitere in der deutschen Judikatur und Literatur behandelte Rechtsfrage lautet, ob das Luftfahrtunternehmen bei der Rechtswahl in seinen AGB darauf hinweisen muss, dass die Wahlmöglichkeiten durch Art 5 Abs 2 Rom I-VO beschränkt sind (Hinweis auf die sogenannte Ermächtigungsgrundlage). Dies wurde vom OLG Frankfurt/Main ausdrücklich verneint und eine entsprechende Rechtswahlklausel zugunsten englischen und walisischen Rechts für zulässig erachtet. Gegenteilig entschied das Amtsgericht Nürnberg.
Noch fehlt eine ausdrückliche EuGH-Rechtsprechung dazu, welche Anforderungen Rechtswahlklauseln für Personentransportverträge erfüllen müssen, um eine missbräuchliche Irreführung im Sinn der Klausel-RL zu vermeiden (Tonner/Bergmann/Blankenburg, Reiserecht² [2022] § 9 Rz 47; vgl OGH 4 Ob 222/22h va Punkt 5.).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich aber aus der Entscheidung des EuGH zu C-191/15 und der gerade umfassen zitierten Entscheidung des OGH zu 4 Ob 222/22h, dass die konkrete Rechtswahlklausel (die Klausel 2) irreführend bzw intransparent ist.
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass für Verbraucher:Innen aus dem Wortlaut dieser Klausel schon schwer erkennbar ist, dass es sich dabei um eine konkrete Rechtswahl handelt. Diese Klausel ist vielmehr so formuliert, dass beim Empfänger, den Verbraucher:Innen, der Eindruck entstehen könnte, dass der konkrete Beförderungsvertrag mit der Beklagten und die Beförderungsbedingungen selbst (die ABB) „in Übereinstimmung mit der beschränkten Rechtswahlmöglichkeit nach der Rom I-VO“ (gemeint: automatisch) dem belgischen Recht unterliegen, ohne dass dafür eine einvernehmliche Rechtswahl erforderlich ist.
Nach der Rechtsansicht des erkennenden Gerichts ist die von der Beklagten gewählte Formulierung bereits hart an der Grenze der Intransparenz des § 6 Abs 3 KSchG.
Darüber hinaus hätte die Beklagte in dieser Klausel aber auch jedenfalls ausdrücklich auf die Geltung der Fluggastrechte-VO hinweisen müssen.
Weiters hätte die Beklagte im Rahmen der Rechtswahlklausel die Adressaten, die Verbraucher:Innen, ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass durch diese an sich zulässige Rechtswahl für sie die Gefahr besteht, dass sie ihren allenfalls weitergehenden Schutz durch die Rechtsnormen ihres Wohnsitzstaates verlieren können. Auf diese Konsequenz der nicht im Einzelnen ausverhandelten Rechtswahlklausel hätte die Beklagte in dieser Bestimmung ihrer ABB (allgemein aber ausdrücklich) aufzuklären gehabt. Das ist nach der Rechtsansicht des erkennenden Gerichts unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sich die Beklagte auf die grundsätzlich zulässige Rechtswahl wirksam berufen darf.
Die Klausel und damit die Rechtswahl insgesamt sind folglich intransparent und missbräuchlich nach § 6 Abs 3 KSchG, womit auch der 2.Satz dieser Klausel nicht anwendbar ist.
3.
Sofern in den vorliegenden Beförderungsbedingungen nichts anderes vorgesehen ist, haben im Falle von Widersprüchen zwischen den vorliegenden Beförderungsbedingungen und anderen Vorschriften von Brussels Airlines, die sich auf bestimmte Themen beziehen, die vorliegenden Beförderungsbedingungen Vorrang.
Die Klausel wurde als intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG gewertet.
4.
Wenn Sie im Besitz eines ermäßigten Flugscheins gemäß oben 3.1.3. und am Reiseantritt durch höhere Gewalt gehindert sind, werden wir Ihnen auch den grundsätzlich nicht erstattbaren Teils des Flugpreises erstatten, wenn Sie uns den Umstand höherer Gewalt umgehend mitgeteilt und nachgewiesen haben und der Flugschein noch nicht angeflogen worden ist. Wir sind zum Abzug einer Verwaltungsgebühr berechtigt, die jeweils veröffentlicht wird.
Nach dem Vorbringen des VKI und Ansicht des HG Wien entspricht diese Klausel der Klausel 6 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Aus der Klausel ergibt sich nicht, auf welche Weise das Verwaltungsentgelt ermittelt wird und von welchen Faktoren seine Höhe abhängt, wodurch ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vorliegt.
Die Klausel ist zudem auch sittenwidrig, da jedenfalls bei Verbraucherverträgen allgemein davon auszugehen ist, dass der Erbringer einer Beförderungsleistung verpflichtet ist, jede Vertragswidrigkeit zu beheben und jeden Hinderungsgrund zu beseitigen, außer dies ist für ihn (aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen) unmöglich (vgl dazu den verallgemeinerungsfähigen Grundsatz in § 11 Abs 3 PauschalreiseG). Diese Unmöglichkeit hat der Leistungserbringer zu behaupten und zu beweisen. Dies gilt umso mehr, wenn für den Reisenden die für den Leistungsausfall maßgebenden Hinderungsgründe, wie dies bei einem Flugausfall typisch ist, nicht durchschaubar sind und für ihn daher ein Beweisnotstand vorliegt, sodass auch die Voraussetzungen für die Anwendung des Grundsatzes der Nähe zum Beweis gegeben wären.
Dadurch, dass diese Klausel Verbraucher:innen verlangt, der Beklagten den Umstand höherer Gewalt umgehend mitzuteilen und nachzuweisen, verstößt sie somit auch gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG (vgl 2 Ob 1/09z).
5.
[…] Ein Anspruch auf Beförderung besteht nicht, wenn der von Ihnen vorgelegte Flugschein erheblich beschädigt oder nachträglich abgeändert worden ist, es sei denn, dass dies durch uns erfolgt ist. [...]
Nach Ansicht des VKI und des HG Wien entspricht diese Klausel der Klausel 7 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel nach ihrer Formulierung nicht darauf abstellt, dass die für die Beförderung relevanten Informationen auf dem Ticket nicht mehr lesbar oder nicht mehr enthalten sind. Die Klausel ist folglich intransparent sowie gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Verbraucher:innen darf nicht der Beförderungsanspruch genommen werden, ohne ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Berechtigung auf andere Weise, etwa durch Vorlage einer Bestätigung des den Flugschein ausstellenden Reisebüros, nachzuweisen.
6.
Bei erheblicher Beschädigung oder Verlust eines Flugscheins oder eines Teils des Flugscheins oder bei Nichtvorlage desselben mit darin enthaltenem Fluggastcoupon und allen nicht benutzten Flugcoupons können wir auf Ihren Wunsch einen solchen Flugschein ganz oder teilweise ersetzen, wenn der Nachweis dafür erbracht wird, dass der Flugschein für die in Frage stehende Beförderung ordnungsgemäß ausgestellt war. Wir können dafür ein angemessenes Serviceentgelt verlangen. Den Flugpreis müssen Sie nicht erneut entrichten. Wir können darüber hinaus verlangen, dass Sie sich in der von uns verlangten Form verpflichten, den Flugpreis für den Ersatzflugschein nachzuentrichten, falls und soweit der verlorene Flugschein oder der in Verlust geratene Flugcoupon von jemand anderem zum Zwecke der Beförderung oder Erstattung eingelöst wird. [...]
Auch hier wurde festgestellt, dass diese Klausel der Klausel 8 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z entspricht und die Klausel wegen Intransparenz und gröblicher Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB kassiert.
7.
Wird der Nachweis des Verlustes nicht geführt oder lehnen Sie die Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung ab, so kann die Fluggesellschaft, die einen Ersatzflugschein ausstellt, hierfür Bezahlung bis hin zum vollen Flugpreis verlangen. Dieser wird erstattet, wenn die Gesellschaft, die den Ursprungsflugschein ausgestellt hat, zu der Überzeugung gelangt ist, dass der verlorene oder beschädigte Flugschein nicht vor Ablauf seiner Gültigkeit ausgeflogen worden ist. Wenn Sie den Ursprungsflugschein wieder finden und der Flugscheinausstellenden Gesellschaft vor Ablauf der Gültigkeit einreichen, so wird der Ersatzflugschein unverzüglich erstattet.
Diese Klausel entspricht Klausel 9 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Das HG Wien kassierte die Klausel wegen Intransparenz gemäß § 6 Abs 3 KSchG und gröblicher Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB.
8.
Werden Sie innerhalb der Gültigkeit Ihres Flugscheins von der Reise abgehalten, weil wir eine Reservierung nicht bestätigen können, so verlängert sich die Gültigkeitsdauer bis zu dem erstmöglichen Zeitpunkt, zu dem wir die Reservierung bestätigen können, oder Sie haben Anspruch auf Erstattung gemäß Art. 10. [...]
Nach dem Vorbringen des VKI und Ansicht des HG Wien entspricht diese Klausel der Klausel 10 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z, weshalb die Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 6 Abs 3 kassiert wurde.
Aus der Klausel lässt sich nicht entnehmen, dass die Wahl des Beförderungszeitpunkts immer den Verbraucher:innen obliege. Sie verlängert vielmehr die Gültigkeitsdauer des Flugscheins nicht etwa bis zu einem anderen Wunschtermin des Fluggastes, sondern beschränkt diesen Zeitraum bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte die Reservierung „erstmöglich“ bestätigen kann. Es bleibt vollkommen unklar, ob die Beklagte – bis zum Einlangen eines Erstattungsantrags – von sich aus gleichsam beliebig eine neue Reservierungsbestätigung abgeben kann, oder ob dies nur dann der Fall ist, wenn Kund:innen vorher eine neue Reservierung vornehmen.
9.
Bitte beachten Sie, dass wir Ihre gebuchten Rück- oder Anschlussflüge stornieren können, wenn Sie am Abflugtermin nicht erscheinen, ohne uns vorher zu benachrichtigen. Zur Sicherung Ihrer nachfolgenden Flugreservierungen kann eine Preisdifferenz anfallen.
Sollten Sie über ein nach den Tarifbedingungen erstattbares Ticket verfügen und noch keine Teilstrecke abgeflogen haben, können wir Ihnen einen Teil des Ticketpreises gemäß den Tarifbestimmungen erstatten. Sie verlieren mit der Erstattung Ihren Beförderungsanspruch.
Nach dem Vorbringen des VKI und der Rechtsansicht des HG Wien entspricht diese Klausel ab ihrem 3. Satz der Klausel 12 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH zunächst zu diesem Teil der Klausel auszuführen, dass Verbraucher:innen aufgrund des allgemeinen Verweises auf die Erstattungsfähigkeit eines Flugscheins nach Maßgabe der Tarifbestimmungen verborgen bleibt, ob bzw unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe er für einen nicht in Anspruch genommenen Flug eine Erstattung erhält. Die Klausel klärt auch nicht darüber auf, dass bei Nichtinanspruchnahme selbst eines nicht erstattungsfähigen Tickets jedenfalls die unverbrauchten Steuern und Gebühren zurückerstattet werden müssen. Sie ist daher geeignet, den Verbraucher:innen von der Geltendmachung solcher Kosten abzuhalten, weshalb sie ihnen ein falsches Bild von ihrer Rechtsposition verschafft. Dieser Klauselteil erweist sich damit als intransparent.
Dasselbe gilt nach der Rechtsansicht des erkennenden Gerichts aber auch für den ersten Teil dieser Klausel. Es ist dazu der Argumentation des Klägers dahingehend zu folgen, dass diese Klausel weder darauf abstellt, weshalb Fluggäste zu einem gebuchten Flug nicht erscheinen, noch berücksichtigt sie, ob eine Information der Beklagten darüber überhaupt möglich ist.
Bei kundenfeindlichster Auslegung erfasst die Klausel damit jedenfalls auch den Fall, dass die VerbraucherInnen etwa wegen einer Verspätung des Zubringerfluges oder einer allenfalls ungerechtfertigten Beförderungsverweigerung nicht zum Flug erscheinen können und eine gesonderte Information der Beklagten schon aus dem Grund unterbleiben kann, da ihr dieser Umstand bereits bekannt ist oder eine Kontaktaufnahme schlicht nicht möglich ist.
Selbst für den Fall, dass es zu keiner Streichung der Buchung kommt, bleibt offen, welche Rechtsfolgen sich an das Nichterscheinen zu einem Flug knüpfen soll. Die Klausel ist daher auch in ihrem ersten Teil intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
10.
[...] Bei Bezahlung im Reiseantrittsland in einer anderen Währung als derjenigen, in der der Flugpreis veröffentlicht ist, gilt für die Umrechnung der am Tag der Flugscheinausstellung von uns festgelegte Bankankaufkurs.
Diese Klausel entspricht Klausel 13 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Mangels Bezugnahme auf einen veröffentlichten Referenzwechselkurs oder einen sonstigen objektiven Index bleiben die Kriterien für die Bestimmung des Wechselkurses im Dunkeln (vgl RS0129620).
Da der nach der Klausel maßgebende Wechselkurs für Verbraucher:innen nicht bestimmbar und überprüfbar ist, verstößt sie gegen das Transparenzgebot. Die Klausel enthalte zudem einen unzulässigen Entgeltänderungsvorbehalt zugunsten der Beklagten iSd § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und verstoße, weil sie auch kurzfristige Entgeltänderungen umfasse, überdies gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG.
11.
Sie erkennen an, uns Ihre persönlichen Daten zur Verfügung gestellt zu haben, um Flugbuchungen vorzunehmen, Flugschein zu kaufen, Zusatzleistungen zu erwerben, Dienstleistungen zu erstellen und anzubieten, Einreiseformalitäten durchzuführen sowie solche Daten an die zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Durchführung Ihrer Reise zu übermitteln. Sie ermächtigen uns, diese Daten ausschließlich zu diesen Zwecken an uns, das Flugschein ausstellende Reisebüro, Behörden, andere Fluggesellschaften, Geschäftspartner oder sonstige Erbringer vorgenannter Dienstleistungen weiterzugeben. [...]
Nach dem Vorbringen des VKI und der Rechtsansicht des HG Wien entspricht diese Klausel 14 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Entgegen der Argumentation der Beklagten enthält die Klausel nicht lediglich eine Information über gesetzlich ohnedies zulässige Datenverarbeitungen. Vielmehr sollen Kund:innen die Zuverfügungstellung persönlicher Daten für bestimmte Zwecke „anerkennen“. Damit will die Beklagte eine Zustimmung der Kund:innen zur Datenverarbeitung erreichen. Es handelt sich in Wirklichkeit um eine Zustimmungsfiktion. An der Absicht der Beklagten, den Kund:innen einen entsprechenden Rechtsfolgewillen zu unterstellen (vgl RS0120267), kann kein Zweifel bestehen.
Außerdem fehlt in der Klausel die Bezugnahme auf eine dem Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechende Interessenabwägung. Hinzu kommt, dass die Verarbeitungszwecke nur ganz allgemein und ausufernd umschrieben sind, weshalb Kund:innen die konkreten Zwecke, zu denen eine Datenverarbeitung erfolgen soll, nicht überschauen können.
Das Gleiche gilt für die möglichen Empfänger der verarbeiteten Daten, soweit die Klausel auf „andere Fluggesellschaften“ oder „sonstige Erbringer vorgenannter Dienstleistungen“ Bezug nimmt.
Die Klausel ist damit intransparent und verstößt zudem gegen Art 6 Abs 1 und Art 13 Abs 1 DSGVO.
12.
Wir überprüfen Zahlungstransaktionen zur Verhinderung von Betrug und anderen Missbrauchsfällen. Dazu bedienen wir uns sowohl interner als auch externer Quellen. Werden konkrete Sachverhalte festgestellt, behalten wir uns das Recht vor, Informationen (inklusive personenbezogene Daten), an andere Gesellschaften innerhalb der Lufthansa Gruppe (u.a. Austrian Airlines, Eurowings, Germanwings, Brussels Airlines, SWISS Global Air Lines AG, Edelweiss Air AG, SWISS International Air Lines AG, Miles and More GmbH) zu übermitteln, welche diese dann auch für eigene Zwecke bearbeiten.
Die Klausel entspricht der Klausel 15 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel eine Ermächtigung der Beklagten zur Datenweitergabe enthält. Ihr lässt sich allerdings nicht entnehmen, bei welchem Ermittlungsstand zu welchen konkreten Missbrauchsfällen welche personenbezogenen Daten im jeweiligen Einzelfall an welche konkrete Konzerngesellschaft übermittelt werden.
Zudem sind die „eigenen Zwecke“, zu denen die jeweilige Konzerngesellschaft die Daten dann verarbeitet, vollkommen unbestimmt. Die Klausel ist damit intransparent.
Überhaupt ist eine Klausel, die eine Datenweitergabe vorsieht, nur zulässig, wenn der Betroffene weiß, wer welche Daten zu welchem Zweck erhält (RS0115216).
13.
Sofern andere Luftfrachtführer für Weiterflug- und Rückbuchungen vom Fluggast eine Rückbestätigung verlangen, berechtigt die Unterlassung einer solchen Rückbestätigung den Luftfrachtführer zur Streichung der Weiterflug- oder Rückflugbuchung.
Das HG Wien führte aus, dass diese Klausel im Wesentlichen der Klausel 16 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z entspricht. Da für den Verbraucher:innen nicht ersichtlich ist, wann eine Rückbestätigung konkret erforderlich ist, verstößt die Klausel jedenfalls gegen das Transparenzgebot.
14.
[…] Wir dürfen ferner Ihre Beförderung oder Weiterbeförderung verweigern oder Ihre Platzbuchung streichen, wenn
[…]
Sie die Zahlung des anfallenden Differenzbetrages (Aufpreises) nach 3.3.1 verweigern oder einen Flugschein vorlegen, der durch andere als uns oder zur Flugscheinausstellung berechtigtes Reisebüro ausgestellt wurde oder nicht unerheblich beschädigt ist; […]
Nach dem Vorbringen des VKI und Ansicht des HG Wien entspricht diese Klausel im Wesentlichen der Klausel 22 lit e im Verfahren zu 4 Ob 63/21z, weshalb auch diese Klausel wegen Intransparenz gemäß § 6 Abs 3 KSchG kassiert wurde.
15.
[…] Sollte Brussels Airlines oder eines unserer Partnerunternehmen Ihnen die Beförderung aufgrund von Artikel 7.1 verweigern, sind sämtliche Beförderungs- und Ersatzansprüche ausgeschlossen. [...]
Nach Ansicht des HG Wien sowie dem Vorbringen des VKI entspricht diese Klausel im Wesentlichen der Klausel 23 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass ein Querverweis auf eine unzulässige Klausel auch die verweisende Klausel selbst unzulässig macht (RS0122040).
16.
Die Beförderung von behinderten, kranken oder anderen Personen, die besondere Betreuung benötigen, muss vorher angemeldet werden. Fluggäste, die uns auf die Notwendigkeit besonderer Betreuung bei Kauf des Flugscheins hingewiesen haben und von uns zur Beförderung angenommen worden sind, werden von der Beförderung nicht auf Grund ihres Betreuungsbedarfs ausgeschlossen.
Diese Klausel ist ident mit der Klausel 24 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel bei der im Verbandsprozess gebotenen Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn besagt, dass sich behinderte, kranke oder sonst betreuungsbedürftige Personen vorher anmelden müssen und die Beklagte in der Folge über die Annahme zur Beförderung entscheidet.
Kriterien für die Auswahlentscheidung enthält diese Klausel nicht. Nach ihrer Diktion legt sie die Entscheidung vielmehr in das freie Ermessen der Beklagten.
Damit verstößt die Klausel gegen die zwingende Vorschrift des Art 3 der VO 1107/2006/EG. Danach darf sich ein Luftfahrtunternehmen nicht weigern, einen behinderten Menschen oder eine Person mit eingeschränkter Mobilität an Bord zu nehmen, sofern die betreffende Person über einen gültigen Flugschein und eine gültige Buchung verfügt.
Von dieser Beförderungspflicht darf gemäß Art 4 leg cit nur abgewichen werden, um normierten Sicherheitsanforderungen nachzukommen, oder wenn wegen der Größe des Luftfahrzeugs oder seiner Türen die Anbordnahme oder die Beförderung dieses behinderten Menschen oder dieser Person mit eingeschränkter Mobilität physisch unmöglich ist.
Auf diese Einschränkungen nimmt die Klausel nicht Bedacht.
Die Klausel ist sohin gröblich benachteiligend iSd §879 Abs 3 ABGB. Da sie zudem die wahre Rechtslage verschleiert liegt auch ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vor.
17.
Werden Sie aus einem der vorstehenden Gründe von der Beförderung ausgeschlossen oder wird aus einem dieser Gründe Ihre Platzbuchung gestrichen, so beschränken sich Ihre Ansprüche auf das Recht, eine Flugpreiserstattung für die nicht genutzten Flugcoupons nach Maßgabe von Artikel 10.3. zu verlangen.
Die Klausel ist ident mit der Klausel 25 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese im Sachzusammenhang zu den Klauseln 16 und 27 steht, die unzulässig sind.
Nach der Rechtsprechung ist eine Klausel, die auf eine unzulässige Bestimmung verweist, selbst iSd § 6 Abs 3 KSchG unzulässig (RS0122040).
18.
Aufgegebenes Gepäck wird mit demselben Flugzeug befördert, in dem Sie befördert werden, es sei denn, dass wir aus Gründen der Sicherheit oder aus operationellen Gründen entscheiden, es auf einem anderen Flug (wenn möglich dem nächsten) zu befördern. Wird Ihr aufgegebenes Gepäck auf einem nachfolgenden Flug befördert, so werden wir es an Ihrem Aufenthaltsort ausliefern, soweit nicht Ihre Anwesenheit bei der Zollbeschau erforderlich ist. Artikel 14 (Schadenshaftung) bleibt unberührt.
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien ist die Klausel ident mit der Klausel 26 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Der OGH hat bereits festgehalten, dass das Transparenzgebot die Verwendung von Begriffen voraussetzt, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig ist oder von ihm jedenfalls festgestellt werden kann. Dies können auch Fachbegriffe sein, nicht aber Begriffe, die so unbestimmt sind, dass sich ihr Inhalt jeder eindeutigen Festlegung entzieht. Der durch ihre Verwendung geschaffene weite Beurteilungsspielraum schließt es nämlich aus, dass der Verbraucher Klarheit über seine Rechte und Pflichten gewinnen kann (vgl 4 Ob 88/05b).
Ausgehend von diesen Grundsätzen eröffnet diese Klausel der Beklagten einen nicht näher definierten und eingegrenzten Entscheidungsspielraum. Diese Klausel ist daher intransparent.
19.
Wir liefern das aufgegebene Gepäck nur dem Inhaber des Gepäckscheins aus, und zwar gegen Zahlung der Beträge, die uns noch geschuldet werden. Wenn Sie das aufgegebene Gepäck nicht innerhalb einer angemessenen Zeit abholen, berechnen wir Ihnen eine Aufbewahrungsgebühr. Wenn Sie das aufgegebene Gepäck nicht innerhalb von drei (3) Monaten abholen, nachdem Sie darüber benachrichtigt wurden, dass Sie es abholen können, können wir das Gepäck nach eigenem Ermessen entsorgen, ohne dass wir dafür haftbar gemacht werden können.
Die Klausel ist intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG ist, da nach ihrem Wortlaut für die Verbraucher:innen nicht ersichtlich ist, um welche Beträge es sich handelt, die der Beklagten noch geschuldet werden.
Weiters kann bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dieser Klausel die Beklagte vom Fluggast selbst dann die Zahlung einer Aufbewahrungsgebühr fordern, wenn die verspätete Abholung ausschließlich aus in der Sphäre der Beklagten liegenden Gründen bzw aus ihrem Verschulden erfolgt ist.
Darüber hinaus behält sich die Beklagte mit dieser Klausel für die Lagerung von nicht abgeholtem Gepäck die Verrechnung einer gesonderten Aufbewahrungsgebühr vor, ohne deren Höhe oder die Art und Weise der Berechnung, also die Berechnungsmethode und die maßgebenden Berechnungsfaktoren, anzugeben. Dies ermöglicht der Beklagten die willkürliche Bestimmung dieser Gebühr.
Überdies ist der gänzliche Haftungsausschluss zugunsten der das Gepäckstück nach Ablauf dieser Aufbewahrungsfrist entsorgenden Beklagten nicht zu erwarten und führt zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung der Verbraucher:innen.
Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung auch des weiteren Umstands, dass in dieser Klausel nicht festgelegt wird, wie die Benachrichtigung der Verbraucher:innen von der Möglichkeit, das Gepäck abzuholen, erfolgen wird.
Diese Klausel verstößt daher auch gegen § 864a ABGB und § 879 Abs 3 ABGB.
20.
Kann die das Gepäck entgegennehmende Person den Gepäckschein nicht vorweisen oder das Gepäck durch den Identifizierungsteil der Gepäckmarke, falls eine solche ausgestellt wurde, nicht identifizieren, so liefern wir das Gepäck nur unter der Bedingung aus, dass das Recht auf Herausgabe zu unserer Zufriedenheit glaubhaft gemacht wird.
Durch ihre unbestimmte Abfassung ermöglicht die Klausel der Beklagten, nach ihrem freiem Ermessen über die Ausfolgung des Gepäcks zu entscheiden, wenn der Gepäckschein oder der Identifizierungsteil der Gepäckmarke fehlt, wodurch ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG vorliegt.
21.
[...] Sie haften für alle Kosten, die [...] sowie für alle Schäden, die von Ihnen mitgeführte Tiere verursachen und stellen Brussels Airlines von jeder Haftung frei, soweit wir den Schaden nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht haben.
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien ist die Klausel ident mit der Klausel 28 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel ausdrücklich (auch) auf von der Beklagten (im Zusammenhang mit einem Tiertransport) verursachte Schäden Bezug nimmt. Sie bezieht sich damit auch auf den Fall, dass das den Schaden herbeiführende mitgeführte Tier in der konkreten Schadenssituation von der Beklagten oder von ihr zurechenbaren Personen verwahrt wird. In diesem Fall will die Beklagte den Schaden auf die Kund:innen überwälzen, soweit sie nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat.
Eine solche Schadensüberwälzung ist wertungsmäßig aber nichts anderes als ein Haftungsausschluss gegenüber den Kund:innen, zumal diese den Schaden, für den die Beklagte verantwortlich ist, selbst tragen sollen.
Damit verstößt die Klausel gegen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG, weil die Beklagte auch für leicht fahrlässig zugefügte Personenschäden nicht haften will.
22.
Bevor wir Ihren Buchungswunsch entgegennehmen, werden wir Sie über die planmäßige Abflugszeit informieren, so wie sie zu diesem Zeitpunkt gilt und diese in den Flugschein eintragen. Es ist möglich, dass wir die planmäßige Abflugzeit nach Ausstellung des Flugscheins ändern müssen. Wenn Sie uns eine Kontaktadresse mitteilen, so werden wir uns bemühen, Sie über solche Änderungen zu informieren. Wenn wir nach dem Flugscheinkauf eine nennenswerte Änderung der Abflugzeit vornehmen, die für Sie nicht annehmbar ist und wir Sie nicht auf einen für Sie annehmbaren Flug umbuchen können, so haben Sie Anspruch auf Erstattung nach den Bestimmungen des Artikels 10.2.
Diese Klausel ist ident mit der Klausel 29 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Die Möglichkeit zur Änderung der Abflugzeiten liegt nach dem Inhalt dieser Klausel damit im freien Ermessen der Beklagten, wovon die Kund:innen nicht gesichert in Kenntnis gesetzt werden, weil sich die Beklagte in dieser Hinsicht nur „bemühen“ muss.
Weiters handelt es sich bei dem Inhalt dieser Klausel um eine gesetzlich unzulässige Ermächtigung zu einer einseitigen nachträglichen Leistungsänderung iSd § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Mit dieser Klausel will sich die Beklagte ein nach freiem Ermessen ausübbares Leistungsänderungsrecht ausbedingen, wonach es ihr frei steht, Abflugzeiten beliebig zu ändern. Für die Verbraucher:innen ist somit weder ersichtlich noch abschätzbar, unter welchen Umständen es zu einer Änderung der Abflugzeiten kommen soll und in welchem Ausmaß eine derartige Änderung erfolgen könnte.
Indem diese Klausel suggeriert, dass der Unternehmer Flugzeitänderungen generell vorsehen dürfe, wird ebenso die wahre Rechtslage verschleiert wie durch den Hinweis, das Unternehmen werde sich (lediglich) bemühen, Kunden von Flugzeitänderungen zu informieren, ist die Beklagte als Unternehmerin doch zu einer solchen Informationserteilung verpflichtet (vgl OLG Wien zu 2 R 157/19a zu Punkt 3.11).
Darüber hinaus bleibt unklar, wann eine „nennenswerte Änderung“ der Abflugzeit vorliegt. Auch hier wird ein unbestimmter Begriff verwendet, der mangels hinreichender Verständlichkeit Intransparenz begründet.
Die Klausel ist folglich intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.
Weiters ist auch auf die rechtlichen Ausführungen zu der Klausel 26 zu verweisen (siehe unten).
Erneut ist dazu darauf zu verweisen, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung eine Klausel, die auf eine unzulässige Bestimmung verweist, selbst iSd § 6 Abs 3 KSchG unzulässig ist (RS0122040).
23.
Soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, erfolgt die Erstattung entweder an den im Flugschein mit Namen benannten Fluggast oder an die Person, die den Flugschein bezahlt hat, sofern zu unserer Zufriedenheit nachgewiesen wird, dass für den Flugschein eine Zahlung geleistet wurde.
Die Klausel ist intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG. Was die Beklagte als zufriedenstellenden Nachweis erblickt, bleibt für Verbraucher:innen im Dunkeln. Bei der gebotenen Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn ermöglicht die gewählte Formulierung der Beklagten, von Verbraucher:innen erbrachte Beweise nach Belieben als nicht zufriedenstellend zu qualifizieren und die Erstattung aus nicht überprüfbaren Gründen zu verweigern.
24.
Ist die den Flugschein bezahlende Person eine andere als die im Flugschein als Fluggast benannte und enthält der Flugschein einen entsprechenden Erstattungsbeschränkungsvermerk, so findet eine Erstattung nur an die den Flugschein bezahlende Person oder nach deren Anweisung statt.
Die beanstandete Klausel knüpft die Auszahlung an das Vorhandensein eines „Erstattungsbeschränkungsvermerk“. Was darunter genau zu verstehen ist, wann, auf wessen Verlangen und von wem ein solcher vorgenommen werden kann, bleibt ebenso unklar, wie der konkret geforderte Inhalt des Vermerks.
So geht aus der Klausel beispielsweise auch nicht hervor, ob etwa die zahlende Person bereits namentlich genannt werden muss, damit ein „entsprechender“ Erstattungsbeschränkungsvermerk vorliegt.
Damit wird aber der Fluggast bzw der zahlende Vertragspartner der Beklagten im Ergebnis über seine vertragliche Position im Unklaren gelassen und ihm die Durchsetzung und Wahrnehmung seiner Rechte erschwert, sodass sich die Klausel - unabhängig von der konkreten Auslegung des Art 8 Abs 1 lit a Fluggastrechte-VO – als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG erweist (OLG Wien zu 5 R 96/21f).
25.
Die an eine den Fluggastcoupon und alle unbenutzten Flugcoupons vorlegende Person, die sich nach Buchstabe 10.1.1. oder 10.1.2. als Erstattungsberechtigter ausgibt, ausgezahlte Erstattung gilt als Erstattung an den Erstattungsberechtigten.
Dadurch, dass die Klausel 25 ausdrücklich auf die beiden unzulässigen Klauseln verweist, wird diese selbst iSd § 6 Abs 3 KSchG unzulässig (vgl RS0122040).
26.
Wenn wir einen Flug streichen, einen Flug nicht entsprechend dem Flugplan durchführen, Ihren Bestimmungsort oder einen Zwischenlandepunkt nicht anfliegen oder wenn Sie durch unser Verschulden einen gebuchten Anschlussflug nicht erreichen, so entspricht der Erstattungsbetrag:
10.2.1.1. wenn kein Teil des Flugscheins ausgeflogen wurde, dem gezahlten Flugpreis,
10.2.1.2. wenn ein Teil des Flugscheins ausgeflogen wurde, mindestens der Differenz zwischen dem gezahlten Flugpreis und dem für die abgeflogenen Strecken anwendbaren Flugpreis.
Nach dem Vorbringen der VKI sowie der Beurteilung durch das HG Wien ist die Klausel ident mit der Klausel 32 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Die in Rede stehende Klausel kann beim durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck erzeugen, dass in dieser seine Ansprüche im Fall der erwähnten Leistungsstörungen abschließend geregelt und auf die angeführte Erstattung beschränkt sind. Sie vermittelt ihm daher ein unklares und unvollständiges Bild über seine Rechtsposition und erweist sich als intransparent.
Zudem entsprechen selbst die in der Klausel angeführten Erstattungsbeträge nicht den rechtlichen Anforderungen. So steht dem Fluggast im Fall des Unterpunktes 10.2.1.2. der ABB nach Art 8 Abs 1 lit a der Fluggastrechte-VO ein Anspruch auf volle Erstattung auch bereits konsumierter Flüge zu, wenn die in Anspruch genommenen Flüge für ihn zwecklos waren. Im Unterpunkt 10.2.1.1. nimmt diese Klausel nicht darauf Bedacht, dass sich der Fluggast um eine anderweitige Beförderung iSd Art 8 Abs 1 lit b der Fluggastrechte-VO auch selbst kümmern kann und dadurch höhere Kosten anfallen können.
Im Unterpunkt 10.2.1.2. ist diese Klausel darüber hinaus intransparent, weil sie offen lässt, wie hoch der zurückzuerstattende Betrag ist.
27.
Verlangen Sie eine Erstattung aus anderen als den unter Absatz 10.2.1. dieses Absatzes genannten Gründen, so entspricht der Erstattungsbetrag, sofern die jeweiligen Tarifbestimmungen dies vorsehen:
10.3.1.1. wenn kein Teil des Flugscheins ausgeflogen worden ist, dem gezahlten Flugpreis abzüglich anwendbarer Entgelte,
10.3.1.2. der verlorene Gutschein oder Flugcoupon nicht bereits zur Beförderung oder Erstattung eingelöst oder ohne erneute Zahlung des Flugpreises ersetzt worden ist (außer, wenn die gegenüber einem Dritten erfolgte Beförderung.
Die Klausel ist ident mit der Klausel 33 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel gröblich benachteiligend ist, weil sie die Erstattung davon abhängig macht, dass eine solche in den Tarifbedingungen vorgesehen ist. Damit weicht die Klausel von der dispositiven Bestimmung des § 1168 Abs 1 ABGB ab, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung erkennbar ist.
Überdies ist die Klausel intransparent, weil unklar bleibt, wann eine Erstattung in den Tarifbedingungen vorgesehen ist.
Eine weitere Intransparenz ergibt sich daraus, dass den Verbraucher:innen verborgen bleibt, was unter „anwendbare Entgelte“ zu verstehen ist. Daraus resultiert die Unklarheit darüber, was als „anwendbare Entgelte“ vom Erstattungsanspruch in Abzug gebracht werden kann. Dies ermöglicht der Beklagten, beliebige Bestandteile des Gesamtentgelts als anwendbare Entgelte zu deklarieren, ohne dass dies für Verbraucher:innen überprüfbar und korrigierbar wäre.
Schließlich ist auch die Berechnungsmethode des Rückerstattungsanspruchs weder nachvollziehbar noch überprüfbar. Aufgrund des allgemeinen Verweises auf die Erstattungsfähigkeit eines Flugscheins nach Maßgabe der Tarifbestimmungen bleibt den Verbraucher:innen verborgen, ob bzw unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe er für einen nicht in Anspruch genommenen Flug eine Erstattung erhält.
28.
Geht ein Flugschein oder ein Teil desselben verloren, so erfolgt die Erstattung gegen einen uns zufriedenstellenden Nachweis des Verlustes und Zahlung des anwendbaren Entgelts, vorausgesetzt, dass:
10.4.1.1. der verlorene Gutschein oder Flugcoupon nicht bereits zur Beförderung oder Erstattung eingelöst oder ohne erneute Zahlung des Flugpreises ersetzt worden ist (außer, wenn die gegenüber einem Dritten erfolgte Beförderung, Erstattung oder Ersetzung auf unserer eigenen Fahrlässigkeit beruht) und dass
10.4.1.2. die den Erstattungsbetrag erhaltende Person sich in der von uns vorgeschriebenen Form verpflichtet, uns den erstatteten Betrag zurückzuzahlen für den Fall, dass der verlorene Flugschein oder Flugcoupon von einer anderen Person zur Beförderung oder Erstattung vorgelegt und eingelöst wird, es sei denn, dass die missbräuchliche Ausnutzung durch den Dritten auf unserer eigenen Fahrlässigkeit beruht.
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien ist die Klausel ident mit der Klausel 34 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel die Erstattung für einen verlorenen Flugschein allgemein von einem für die Beklagte „zufriedenstellenden Nachweis“ und der Zahlung „des anwendbaren Entgelts“ abhängig macht. Was die Beklagte als zufriedenstellenden Nachweis erblickt, bleibt für Verbraucher:innen im Dunkeln.
Bei der gebotenen Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn ermöglicht die gewählte Formulierung der Beklagten, Verbraucher:innen erbrachte Beweise nach Belieben als nicht zufriedenstellend zu qualifizieren und die Erstattung aus nicht überprüfbaren Gründen zu verweigern.
Vollkommen unklar und unbestimmt ist auch, was als anwendbares Entgelt zu verstehen ist.
Die Klausel ist schon aus diesen Gründen intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.
29.
Wir können die Erstattung ablehnen, wenn der Antrag hierfür nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gestellt wird.
Nach Ansicht des HG Wien ist die Klausel im Wesentlichen ident mit der Klausel 35 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Die Gültigkeitsdauer wird in der Klausel nicht näher beschrieben. Damit erhält der Verbraucher kein überschaubares Bild von der Gültigkeitsdauer eines Flugscheins, weshalb diese Klausel schon aus diesem Grund intransparent ist.
Darüber hinaus bleibt offen, auf welche Ansprüche sich die Befristung des Erstattungsbegehrens konkret bezieht. Wie schon oben zur Klausel 26 (der Klausel 32 im Vorverfahren) ausgeführt wurde, sind die Begriffe „Erstattung“ und „Ersatzanspruch“ für den durchschnittlichen Verbraucher nicht alltägliche Begriffe, die er klar voneinander unterscheidet.
Bei kundenfeindlichster Auslegung wird Verbraucher:innen suggeriert, dass diese Ausschlussfrist für alle Ansprüche gilt, die er gegenüber der Beklagten geltend machen will, weshalb ihnen ein unklares Bild von ihrer Rechtsposition verschafft wird und sie von der Geltendmachung von Ansprüchen außerhalb dieser Frist abgehalten werden sollen.
Die Klausel verstößt folglich gegen § 6 Abs 3 KSchG.
30.
Wir behalten uns das Recht vor, die Erstattung für einen Flugschein abzulehnen, welchen Sie den Behörden eines Landes oder einem Luftfrachtführer zum Nachweis Ihrer Absicht, das Land wieder zu verlassen, vorgelegt haben, es sei denn, dass Sie zu unserer Zufriedenheit nachweisen können, dass Sie die Erlaubnis haben, in dem Land zu bleiben oder dass Sie das Land mit einem anderen Luftfrachtführer oder Beförderungsmittel verlassen werden.
Diese Klausel ist ident mit der Klausel 36 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel die Erstattung für einen Flugschein, den der Passagier einer Behörde oder einem Luftfrachtführer zum Nachweis seiner Ausreisewilligkeit vorgelegt hat, von einem für die Beklagte zufriedenstellenden Nachweis abhängig macht, im Land bleiben zu dürfen oder mit einem anderen Transporteur auszureisen.
Was die Beklagte als zufriedenstellenden Nachweis erblickt, bleibt für Verbraucher:innen vollkommen offen.
Die gewählte Formulierung ermöglicht es der Beklagten, vom Verbraucher erbrachte Beweise nach freiem Ermessen als nicht zufriedenstellend zu qualifizieren und die Erstattung aus nicht überprüfbaren Gründen zu verweigern. Die Klausel ist demnach intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG.
31.
Alle Erstattungen unterliegen den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des Landes, in welchem der Flugschein ursprünglich gekauft wurde, und ferner des Landes, in welchem die Erstattung vorgenommen werden soll. Mit dieser Maßgabe behalten wir uns vor, die Erstattung in derselben Art und Währung vorzunehmen, in welcher der Flugpreis bezahlt wurde.
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien ist die Klausel ident mit der Klausel 37 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass die Argumentation der Beklagten nicht überzeugend ist. Die Wendung „alle Erstattungen unterliegen“ ist eindeutig dahin zu verstehen, dass damit das für die Erstattung maßgebende Recht festgelegt werden soll.
Dies erfolgt allerdings in unklarer Weise, zumal auf zwei mögliche unterschiedliche Rechtsordnungen verwiesen wird, die widersprüchliche Regelungen enthalten können.
Diese Klausel hält daher dem Transparenzgebot nicht stand.
32.
Erstattungen von Flugscheinen, die mit einer Kreditkarte bezahlt wurden, erfolgen nur als Gutschrift auf das Kreditkartenkonto, das ursprünglich zur Zahlung angegeben wurde. Der zu erstattende Betrag richtet sich entsprechend der Maßgaben in diesem Artikel nur nach dem im Flugschein angegebenen Betrag und der Währung. [...]
Nach den Ausführungen des HG Wien ist die Klausel im Wesentlichen ident mit Klausel 3 der rechtskräftigen Rechtsmittelentscheidung des OLG Wien zu 2 R 106/22f.
Das OLG Wien kam dabei zunächst zu der rechtlichen Einschätzung, dass nicht ausgeschlossen ist, dass gegenüber der Beklagten eine Buchung mit der Kreditkarte eines Vermittlers ohne das Wissen des Fluggastes bezahlt wird. Dies kann zu Nachteilen des Verbrauchers führen.
Weiters sieht Art 7 Abs 3 Fluggastrechte-VO vor, dass die Ausgleichszahlungen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggastes, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen erfolgen.
Die Klausel lässt bei Bezahlung mit Kreditkarte (aber) nur die Rückerstattung auf die Kreditkarte zu, sodass die anderen in Art 7 Abs 3 Fluggastrechte-VO Zahlungsmethoden wie Überweisung, Scheck oder Barzahlung ausgeschlossen werden.
Dadurch verstößt sie gegen diese Bestimmung.
Die Verpflichtungen gegenüber Fluggästen dürfen aber gemäß Art 15 Abs 1 Fluggastrechte-VO durch abweichende oder restriktive Bestimmungen im Beförderungsvertrag nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (vgl OLG Wien zu 3 R 107/21h, der dortigen Klausel 72).
Aber auch in einem anderen Zusammenhang ist diese Klausel problematisch:
Die Beklagte geht davon aus, dass selbst bei kundenfeindlichster Auslegung kein Kunde seinen Rückzahlungsanspruch ersatzlos verlieren könnte, wenn seine Kreditkarte nicht mehr aktiv ist. Mit der Formulierung „werden nur auf das Konto vergütet, mit dem die Tickets ursprünglich bezahlt wurden“, werden auf den ersten Blick alle anderen Zahlungsarten ausgeschlossen und verschleiert die Klausel gegenüber einem Kunden, der nicht mehr über die Kreditkarte verfügt, mit der er die Buchung bezahlt hat, die wahre Rechtslage und könnte ihn von der Geltendmachung eines Erstattungsanspruches abhalten.
Die Klausel ist daher auch intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG (OLG Wien 2 R 106/22f Punkte I.2.6. bis I.2.8).
33.
Falls wir gehalten sind, Strafen oder Bußen zu zahlen oder zu hinterlegen oder sonstige Auslagen aufzuwenden, weil Sie die bezüglich der Ein- oder Durchreise geltenden Vorschriften des betreffenden Staates nicht befolgt haben oder weil die Kraft dieser Vorschriften erforderlichen Dokumente nicht ordnungsgemäß zur Stelle sind, so sind Sie verpflichtet, uns auf Verlangen die gezahlten oder hinterlegten Beträge und die aufgewendeten Auslagen zu erstatten sowie ein Bearbeitungsentgelt zu entrichten. Diese Verpflichtung trifft nicht nur den Passagier, sondern auch denjenigen, der das Ticket bezahlt hat. Wir sind berechtigt, in Ihrem Besitz befindliche nicht ausgeflogene Flugscheine oder Geldmittel zur Deckung solcher Ausgaben zu verwenden. [...]
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien ist die Klausel ident mit der Klausel 40 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z.
Die Bezugnahme auf sonstige Auslagen ist vollkommen unbestimmt und ermöglicht der Beklagten, diese Aufwendungen beliebig zu definieren und festzulegen. Für Verbraucher:innen ist es daher nicht nachvollziehbar, mit welchen zusätzlichen Kosten sie belastet werden können.
Auch das zusätzlich zu zahlende Bearbeitungsentgelt bzw die dafür maßgebenden Faktoren sind nicht näher bestimmt.
Die Klausel ist damit intransparent, weil Verbraucher:innen keinen Aufschluss über die ihm auferlegte Zahlungsverpflichtung erlangen.
Die Klausel bestimmt weiters, dass die Erstattungspflicht nicht nur den Passagier, sondern auch den Zahler des Tickets trifft und die Beklagte berechtigt ist, im Besitz des Passagiers befindliche (nicht abgeflogene) Flugscheine oder Geldmittel zur Deckung ihrer Auslagen zu verwenden.
Sowohl die Haftung des Zahlers ohne Prüfung der Frage, in welcher Rechtsbeziehung dieser zum Passagier steht, als auch das – bei der gebotenen Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn anzunehmende – Durchsuchungs- und Beschlagnahmerecht der Beklagten ist für den Passagier und auch für den Zahler, der in keiner Vertragsbeziehung zur Beklagten steht, überraschend und ungewöhnlich.
Mit derartig einschneidenden Regelungen in den ABB muss der Passagier nicht rechnen, weshalb diese Klausel auch gegen § 864a ABGB verstößt.
34.
Ausschluss und Beschränkungen unserer Haftung gelten sinngemäß auch zugunsten unserer Bediensteten, Vertreter sowie jeder Person, deren Fluggerät von uns benutzt wird, einschließlich deren Bediensteten und Vertreter. Der Gesamtbetrag, der etwa von uns und den genannten Personen als Schadenersatz zu leisten ist, darf die für uns geltenden Haftungshöchstgrenzen nicht überschreiten.
Nach dem Vorbringen des VKI und den Ausführungen des HG Wien ist diese Klausel ident mit der Klausel 43 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel Ausschlüsse und Beschränkungen der Haftung der Beklagten auf bestimmte Dritte erstreckt.
Zudem wird der von der Beklagten und den genannten Dritten zu zahlende Schadenersatz auf die für die Beklagte geltenden Haftungshöchstgrenzen eingeschränkt.
Selbst wenn Verbraucher:innen diese Klausel nur auf Schadenersatzansprüche beziehen sollten, ist der Vorwurf der Intransparenz berechtigt. Die bloße Bezugnahme auf „geltende Haftungshöchstgrenzen“ lässt Verbraucher:innen im Unklaren darüber, welche konkreten Schadensbeträge sie in welchem Schadensfall geltend machen können.
Der in Rede stehende Verweis soll sich nach den Ausführungen der Beklagten überdies auf die Haftungshöchstgrenzen im Montrealer Übereinkommen (MÜ) beziehen, was die rechtliche Situation für den Verbraucher in gesteigertem Maß undurchschaubar macht.
Hinzu kommt, dass die Haftungshöchstgrenzen des MÜ grundsätzlich nur für den Fall verschuldensunabhängiger Schädigung gelten (vgl dazu etwa Art 21 und Art 22 MÜ), worüber in der Klausel aber nicht aufgeklärt wird.
35.
Die Klage auf Schadenersatz für Schäden jeglicher Art kann bei internationalen Beförderungen nur binnen einer Ausschlussfrist von zwei Jahren erhoben werden, gerechnet vom Tage der Ankunft des Flugzeugs am Bestimmungsort oder vom Tage, an dem das Flugzeug hätte ankommen müssen, oder vom Tage, an welchem die Beförderung abgebrochen worden ist. Die Berechnung der Frist bestimmt sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts. [...]
Diese Klausel ist ident mit der Klausel 47 im Verfahren zu 4 Ob 63/21z. Es ist daher unter Berufung auf diese Entscheidung des OGH auszuführen, dass diese Klausel für die Geltendmachung sämtlicher Schäden bei internationalen Beförderungen generell eine zweijährige Ausschlussfrist normiert. Mit der Wendung „bei internationalen Beförderungen“ nimmt die Klausel auf den Anwendungsbereich des MÜ Bezug, das für jede internationale Beförderung von Personen, Reisegepäck oder Gütern gilt, die durch Luftfahrzeuge gegen Entgelt erfolgt. Die Klausel soll also nur für Schadenersatzansprüche gelten, die dem MÜ unterliegen.
Für den durchschnittlichen Verbraucher ergibt sich dies aus der Klausel allerdings nicht. Außerdem ist er nicht in der Lage, den konkreten Anwendungsbereich dieses Übereinkommens zu bestimmen und zu unterscheiden, ob die von ihm erlittenen Schäden der zweijährigen Ausschlussfrist unterliegen oder nicht.
Tatsächlich gibt es auch eine Reihe von Ansprüchen, die nicht dem Haftungsregime des MÜ unterliegen. Dies gilt vor allem für „standardisierte Maßnahmen zur Wiedergutmachung von Schäden“ nach der Fluggastrechte-VO (siehe dazu EuGH C-344/04, Rz 43 und 84).
Die Klausel vermittelt damit den Verbraucher:innen ein unvollständiges Bild über die Fristen zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und kann ihn daher zu Unrecht davon abhalten, Ansprüche auch nach Ablauf der Zweijahresfrist geltend zu machen.
Damit verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot.
Auch der Beginn des Fristenlaufs ist nicht ausreichend verständlich. Insbesondere ist nicht klar, in welchen Fällen die dritte Alternative maßgebend ist und in welchem Verhältnis sie zu den ersten beiden Alternativen steht.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Stand: 19.09.2024)
HG Wien 16.08.2024, 41 Cg 33/23w
Klagevertreter: RA Dr. Stefan Langer