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Urteil: OGH erstmals zu fondsgebundenen Lebensversicherungen: Versicherung muss Kostenabzüge angeben

Die Rückkaufswertklausel ist gesetzwidrig

Der VKI geht im Auftrag des BMSK seit geraumer Zeit gegen unklare Klauseln bei Lebensversicherungen vor. In drei derartigen Verfahren des VKI hat der OGH mit Urteilen vom 17.1.2007 bereits deutliche Klarstellungen zugunsten der Verbraucher gemacht. Diese Urteile betrafen klassische Lebensversicherungen, bei denen jeweils eine garantierte Versicherungsleistung vereinbart ist. Gängige Klauseln zum Rückkaufswert aus der Zeit vor dem 1.1.2007 wurden in diesen Urteilen als gesetzwidrig beurteilt.

Nunmehr liegt die erste Entscheidung zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung (FLV) vor.

Auch bei FLV stellt sich das Problem, das man in den in den ersten Jahren entweder überhaupt keinen oder einen im Verhältnis zu den einbezahlten Prämien nur geringen Rückkaufswert ausbezahlt erhält. Zudem ist auch unklar, welche Kosten bei einem normalen Vertragsablauf abgezogen werden.

Der OGH beurteilt in seinem aktuellen Urteil gegen die Finance Life Lebensversicherung AG folgende drei Klauseln als intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG:

1. „Wir führen Ihren Beitrag, soweit er nicht zur Deckung unserer Abschluss- und Verwaltungskosten vorgesehen ist, entsprechend den mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen, den Anlagestöcken (vgl § 1 Abs. 1) zu und rechnen ihn in Anteileinheiten um.“

2. „Bei Kündigung erstatten wir Ihnen – soweit bereits entstanden – den Rückkaufswert. Dieser Entspricht dem Deckungskapital, bewertet mit dem Stichtag des nächsten durchgeführten Investitionstermins (Veräußerung der Fondsanlage), vermindert um die noch nicht getilgten Abschluss- und Verwaltungskosten des laufenden Versicherungsjahres.“

3. „Die mit dem Abschluss Ihrer Versicherung verbundenen und auf Sie entfallenden Kosten, etwa die Kosten für Beratung, Anforderung von Gesundheitsausküften und Ausstellung der Versicherungspolizze, werden nicht gesondert in Rechnung gestellt. Auf den Teil dieser Kosten, der bei der Berechnung der Deckungsrückstellung angesetzt wird, verrechnen wir nach einem aufsichtsrechtlich geregelten Verfahren Ihre ab Vertragsbeginn eingehenden Beträge, soweit diese nicht für Versicherungsleistungen und Verwaltungskosten vorgesehen sind.“

Der OGH weist darauf hin, dass die bisher zur klassischen Lebensversicherung ergangenen drei Urteile vom 17.1.2007 (7 Ob 1312/06z, 7 Ob 140/06y und 7 Ob 173/06a, vgl. etwa VR-Info 3-2007) und die dortigen Erwägungen auch auf die fondsgebundene Lebensversicherung (FLV) anwendbar sind.

Dazu führt der OGH aus, dass in der FLV - im Unterschied zur klassischen Lebensversicherung - keine vertraglich garantierte Versicherungssumme vereinbart wird. Vielmehr verpflichtet sich die Versicherung in der FLV dazu, die Prämien im Fonds anzulegen und bei Vertragsablauf bzw. Rückkauf die Fondsanteile oder deren Wert an den Kunden zu übertragen. Nach den angeführten Klauseln werden aber vor Veranlagung unbestimmte Kosten abgezogen. Der OGH hält dazu fest, dass der Kunde zwar nicht die einzelnen Kostenbestandteile kennen muss, allerdings muss er nachvollziehen können, welche Kosten insgesamt von seiner Prämie abgezogen werden. Ansonsten behält sich die Versicherung wie in den drei vorliegenden Klauseln - unzulässigerweise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor.

Die Aufklärung über die Kostenabzüge kann an Hand standardisierter Tabellen erfolgen (Modellrechnung mit 0 % Performance). Hängen einzelne Kostenteile von der Höhe des Fondswertes (Deckungskapitals) ab, so müssen die Kostenteile zusätzlich in Tabellenform als Prozentsatz der jeweiligen Höhe des Deckungskapitals angegeben werden. Somit muss die Versicherung bei FLV die Gesamtkostenbelastung offenlegen.

Da die Kostenbelastung in den Klauseln nicht ersichtlich ist, sind diese intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG und somit gesetzwidrig.

Weiters wurde folgende Klausel vom OGH als gesetzwidrig beurteilt:

„Unsere Leistungen überweisen wir dem Empfangsberechtigten auf seine Kosten. Bei Überweisungen in das Ausland trägt der Empfangsberechtigte auch die damit verbundene Gefahr.“

Diese Klausel ist nach Einschätzung des OGH gröblich benachteiliegend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB, weil dadurch die Regelungen des dispositiven Rechtes betreffend Kosten- und Gefahrtragung ohne sachliche Rechtfertigung abgeändert werden.

Mangels gültiger vertraglicher Grundlage dürfen bei Vorliegen derartiger Klauseln Abschlusskosten und Stornoabzüge nicht mehr in dieser Weise verrechnet werden. Rückkaufswerte und prämienfreie Versicherungsleistungen müssen daher höher sein. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits für die Situation in Deutschland festgehalten. Eine Orientierung an der gesetzlichen Neuregelung der Rückkaufswerte für Verträge ab dem 1.1.2007 (VersRÄG 2006) auch für Altverträge ist angezeigt. Dabei werden die Abschlusskosten auf die ersten 5 Jahre der Laufzeit aufgeteilt. Diese Verteilungsweise wurde auch in Östereich bestätigt (vgl. BGHS Wien 28.3.2007, 12 C 1937/05y – siehe VR-Info 5-2007).

Bei bereits rückgekauften und prämienfreigestellten Verträgen besteht somit unter Umständen ein Anspruch auf Nachforderung gegenüber der Versicherung. Bei Rückkäufen können Ansprüche jedenfalls innerhalb von drei Jahren ab Rückkauf geltend gemacht werden. Bei Prämienfreistellungen beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst mit dem vereinbarten Leistungszeitpunkt. Das Urteil kann sich aber auch auf alle noch laufenden Altverträge auswirken, die erst in Zukunft vorzeitig gekündigt oder prämienfrei gestellt werden.

OGH 9.5.2007, 7 Ob 23/07v
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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