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Urteil: VKI Sieg gegen mobilkom - OLG Wien erklärt Änderungskündigungsklausel für unzulässig.

Das OLG Wien bringt im Rahmen einer Ver-bandsklage des VKI (im Auftrag des BMASK) die "Überlegungsfrist" für den Telekom-Betreiber im Fall einer Änderung seiner AGB und einer nach-folgenden Kündigung des Kunden zu Fall. Der entstehende Schwebezustand ist für den Kunden nicht zumutbar.

Wie bereits berichtet, beabsichtigte mobilkom im Feber dieses Jahres eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Kunden wurden von den geplanten Änderungen informiert; da die Änderungen auch nachteilige Bestimmungen enthielten, machten viele Kunden von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht im Sinn des § 25 Abs 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) Gebrauch. Nach dieser Bestimmung kann der Kunde im Fall nicht ausschließlich begünstigender AGB-Änderungen den Vertrag mit seinem Betreiber kostenlos kündigen. Es folgte eine Mitteilung der mobilkom, dass die geplanten Änderungen doch nicht kommen würden, die Kündigung somit gegenstandslos sei. Mobilkom berief sich dabei auf eine Klausel, in welcher sie sich die Widerrufsmöglichkeit der Änderungskündigung vorbehielt.

Es ging um folgende Klauseln, die nunmehr auch in  2. Instanz für unzulässig erklärt wurden:
Nicht ausschließlich begünstigte Änderungen werden dem Teilnehmer schriftlich unter gleichzeitiger Vornahme einer Änderungskündigung durch mobilkom austria mindestens ein Monat vor Inkrafttreten der Änderung in geeigneter Form, etwa durch Rechnungsaufdruck, mitgeteilt. Sollte der Teilnehmer bis zum Inkrafttreten der Änderungen der mobilkom austria schriftlich mitteilen, dass er den Änderungen widerspricht, so endet der Vertrag nach einer Frist von einem Monat ab Zugang dieser Erklärung. Der Widerspruch wird wirkungslos, falls sich mobilkom austria innerhalb eines Monats ab Zugang des Widerspruchs bereit erklärt, gegenüber dem Teilnehmer die Änderungskündigung zurückzuziehen. Widerspricht der Teilnehmer nicht, so erlangen die Änderungen zum bekannt gegebenen Zeitpunkt Wirksamkeit.
Gemäß § 25 TKG 2003 zulässige Änderungen bleiben unberührt. Eine gemäß § 25 Abs 3 TKG 2003 ausgesprochene außerordentliche Kündigung durch den Teilnehmer wird wirkungslos, falls sich mobilkom austria innerhalb von vier Wochen ab Zugang der Kündigung bereit erklärt, gegenüber dem Teilnehmer auf die Änderung zu verzichten.

Wie schon das Erstgericht ging auch das Berufungsgericht davon aus, dass die einmonatige Überlegungsfrist der mobilkom den Kunden in einen gröblich benachteiligenden Schwebezustand versetze. Damit sei eine vernünftige Disposition über die künftige Mobilfunkversorgung unmöglich. Der Kunde laufe Gefahr entweder an zwei Mobilfunkverträge gebunden zu sein oder ohne Mobilfunkvertrag dazustehen.

Das Berufungsgericht führte weiters aus, dass dem Mobilfunkbetreiber zwar durch den Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt wurde, die AGB einseitig zu ändern; allerdings sei es eine Ausnahmebestimmung, die nicht ohne weiteres über die vom Gesetzgeber festgelegten Bedingungen hinaus ausgedehnt werden könne. Nach den Vorgaben des Gesetzgebers stehe das Recht, im Falle einer vom Betreiber beabsichtigten Änderung der AGB, am Vertrag festzuhalten oder ihn zu beenden nur dem Kunden zu und nicht dem Betreiber. Ein einseitiges "Gegengestaltungsrecht" des Betreibers, die vom Kunden ausgesprochene Vertragsbeendigung unter Verzicht auf die Änderung der AGB einseitig wieder rückgängig machen zu können, sei in § 25 Abs 3 TKG nicht vorgesehen. Die Klausel stehe daher nach Auffassung des Berufungsgerichtes mit der zwingenden gesetzlichen Bestimmung des § 25 TKG in Widerspruch und sei daher schon aus diesem Grund unzulässig.

In Übereinstimmung mit dem Erstgericht ging auch das Berufungsgericht davon aus, dass die betreffende Klausel nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig sei, weil die Rechtsposition des Kunden in auffallendem Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des Betreibers stehe. Die Benachteiligung des Kunden sei auch sachlich nicht gerechtfertigt. Der Betreiber räume sich dadurch die Möglichkeit ein, ohne Gefahr nachteilige Folgen erproben zu können. Dem Betreiber würde es schlicht darum gehen,  ob sich solche Änderungen der allgemeinen Vertragsbedingungen betriebswirtschaftlich rechnen oder ob daraus ein zu hoher Kunden Verlust resultieren würde. Nach Auffassung des OLG Wien sei das jedenfalls keine sachliche Rechtfertigung für eine Änderung der Rechtslage.

Damit stellte das Berufungsgericht überdies klar, dass auch die Vereinbarung einer kürzeren Widerrufsfrist - wie von den Betreibern erhofft - die Klausel nicht sanieren kann.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob die Gegenseite Revision an den Obersten Gerichtshof erheben wird.

Wird diese Entscheidung vom Obersten Gerichtshof bestätigt, so wäre die Änderungskündigung des Kunden im Sinn des § 25 Abs 3 TKG wirksam; Betreiber, welche die Kündigung des Kunden nicht akzeptiert haben, müssten dann zu unrecht vorgeschriebene Grundgebühren an den Kunden zurückzahlen.

OLG Wien 31. 3. 2009, 1 R 180/08k
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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