Ein Paar buchte für den Zeitraum 27.8.2007 bis 11.9.2007 eine Hochzeitsreise nach Ägypten, Sharm el Sheik. Der Reisepreis für den All-inklusiv Aufenthalt betrug € 1.458,-. Buchungsgrundlage war die Hotelbeschreibung des Veranstalters im Internet. Laut Hotelbeschreibung war eine regelmäßige Abendunterhaltung angekündigt. Die Konsumenten äußerten bei der Buchung den Wunsch nach einem ruhigen Zimmer. Laut Hotelbeschreibung war das Hotel " ca 500 m vom schönen, weitläufigen Sandstrand der Nabq Bay entfernt. Die Entfernung zur Naama Bay beträgt etwa 18 km (mehrmals täglich Hotelshuttle inklusive, mit Reservierung)"…. Zum Strand vor dem Hotel war folgendes angeführt: "Der Strand läuft weit und flach auf einem Riffplateau aus. Badeschuhe werden empfohlen."
Tatsächlich war der Strand beim Hotel sehr klein (ca. 20 m breit). Das Baden vom Badesteg aus war oftmals aufgrund des hohen Seegangs nicht möglich. Vom Riffplateau konnte man auch nicht direkt ins Meer schwimmen, weil die Gefahr, sich am Riff zu verletzen, zu groß war. Entgegen der Beschreibung im Prospekt war das Baden im Meer unmöglich. Das 4 Sterne Hotel hatte zwar einen Pool, dessen Wasserqualität aufgrund der starken Auslastung jedoch so schlecht war (wahrnehmbarer Geruch von Urin), dass die Gäste nach jeder Benutzung Hautausschläge in Kauf nehmen mussten.
Das Zimmer des Hochzeitspaares befand sich in ca 15 m Entfernung von der stark und bis spät in die Nacht frequentierten Pool-Bar, die zeitweise bis drei Uhr morgens in Betrieb war. Auch eine Hoteldisco und ein Amphietheater, wo die Abendanimation stattgefunden hatte, befand sich in der Nähe ihres Zimmers. Die Konsumenten waren durch diese Lärmquellen in ihrer Nachtruhe beträchtlich gestört. An einen erholsamen Schlaf war nicht zu denken. Rund um das Hotel befanden sich zahlreiche Baustellen, von welchen tagsüber immer wieder Baulärm zu vernehmen war.
Überdies beklagten die Konsumenten, dass das Badezimmer Schimmel aufwies und nur unzureichend gereinigt wurde. Auch Handtücher und Bettwäsche waren schmutzig. Die Klimaanlage im Zimmer des Paares war insofern defekt, als die Temperatur nicht geregelt werden konnte( sie war zu kalt eingestellt) und auch ein unangenehmer Geruch von ihr ausging. Der Mangel wurde vor Ort auch reklamiert, allerdings ohne Erfolg. Die Klimaanlage funktionierte während des gesamten Aufenthaltes nicht ordnungsgemäß. Die Konsumenten konnten durch Fotos auch belegen, dass das Zimmer am Morgen immer wieder unter Wasser stand. Dies war offenbar immer dann der Fall, wenn der Garten gegossen wurde. Nach Reklamation bei der Rezeption wurde das Wasser aufgewischt.
Mitte der ersten Urlaubswoche riefen die Konsumenten bei der Reiseleitung an und rügten die Mängel. Diese verwies die Konsumenten vorerst nur an die Rezeption; ein Zimmerwechsel wurde nicht angeboten. Die Behebung der Mängel wurde zwar mehrfach zugesichert, eine Verbesserung der Urlaubssituation war jedoch nicht eingetreten.
Der Reiseveranstalter versuchte die Konsumenten mit einem Verrechnungsscheck von € 141,- abzuspeisen. Aufgrund der gravierenden Mängel hat der VKI im Auftrag des BMASK schließlich die Ausfallhaftung übernommen und Preisminderung sowie Schadenersatz (wegen entgangener Urlaubsfreude) in Höhe von insgesamt € 1.739,90,- klagsweise geltend gemacht.
Der Klagsbetrag setzte sich wie folgt zusammen:
Schäden im Zimmer: € 466,-
Mangelhafte Zimmerreinigung: € 155,-
Unzureichender Wäschewechsel: € 155,-
Lärmbelästigung: € 466,-
Gerüche Klimaanlage : € 77,-
und Schadenersatz von € 560,- für entgangene Urlaubsfreuden.
Zu den Ausführungen des Erstgerichtes:
Das Erstgericht sprach lediglich eine Preisminderung von 20% (150 € ) zu. Die Ausführungen des Erstgerichtes betreffend Lärmbeeinträchtigung waren nicht sehr überzeugend und alles andere als verbraucherfreundlich. Das Erstgericht stimmt zwar zu, dass Lärm bestanden habe, ist aber der Meinung, dass sich der Konsument keine Ruhe erwarten dürfe, wenn er eine Anlage mit Abendunterhaltung bucht. Aufgrund der Hotelbeschreibung dürfe der Reisende berechtigterweise nicht erwarten, dass sein Hotelzimmer ruhig sein werde. Eine gewisse Lärmbeeinträchtigung sei schließlich eine gewöhnliche Folge von hoteleigenen Einrichtungen wie Diskotheken und Amphitheatern mit abendlichen Veranstaltungen. In so einer Situation müsse der Reisende, wenn ihm nicht ausdrücklich ein ruhiges Hotelzimmer zugesagt wurde, auch mit Lärm in der Nacht rechnen. Auch Baulärm sei im ortsüblichen Ausmaß hinzunehmen, wenn nicht ausdrücklich eine ruhige Hotelanlage zugesichert wurde. Im vorliegenden Fall überstieg der Baulärm das übliche Maß, weshalb das Erstgericht eine Preisminderung von 5% für angemessen erachtete. Für die defekte Klimaanlage wurde eine Preisminderung von 5% zuerkannt. Für die Mängel des Strandes gab es 10% an Preisminderung und dies auch vornehmlich deshalb, weil der tägliche Hotelshuttle zu dem entfernter gelegenen Strand kostenpflichtig war.
Keine Preisminderung wurde erstaunlicherweise für den verdreckten Swimmingpool zugesprochen. Der Reisende - so das Erstgericht - müsse bei einer Pauschalreise im günstigen Preissegment mit derartigen Unannehmlichkeiten rechnen.
Hinsichtlich des begehrten Schadenersatzes für entgangene Urlaubsfreude gemäß § 31e Abs 3 KSchG führte das Erstgericht aus, dass Ersatz nur dann zustehe, wenn wesentliche Bestandteile der vertraglich vereinbarten Leistung nicht erbracht wurden. Bei einer Gesamtbetrachtung der einzelnen Reisemängel könne nicht behauptet werden, dass wesentliche Bestandteile des konkreten Vertrages nicht bzw. schlecht erfüllt worden seien. Die Erheblichkeitsschwelle sei daher im vorliegenden Fall nicht überschritten worden.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahingehend, dass für den nächtlichen Lärm eine weitere Preisminderung von 10%, für den verschmutzten Pool 5% und für das im Zimmer aufgetretene Wasser nach dem Gießen 5% zugesprochen wurde. Insgesamt wurde somit ein Betrag von € 442,- bzw. eine Preisminderung von 40 % zugestanden. Bezüglich Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude teilte das Berufungsgericht die Meinung des Erstgerichtes, wonach die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten worden sei.
Unsere Revision beim OGH war erfolgreich.
Der OGH bejahte den Schadenersatzanspruch für entgangene Urlaubsfreude und begründete dies wie folgt:
Wenn der Reiseveranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leistung schuldhaft nicht erbracht hat, gebühre dem Reisenden angemessener Ersatz für entgangene Urlaubsfreude. Bei Bemessung dieses Ersatzanspruches sei insbesondere auf die Schwere und Dauer des Mangels, den Grad des Verschuldens, den vereinbarten Zweck der Reise sowie die Höhe des Reisepreises Bedacht zu nehmen. Der erkennende Senat schloss sich insbesondere der Entscheidung 6 Ob 231/08a an. In dieser Entscheidung wurden die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch für entgangene Urlaubsfreude schon bei einer Preisminderung von 25% (fehlender Sandstrand, fehlende Kinderbetreuung und fehlende weitere Kinderangebote) bejaht. Eine zu restriktive Handhabung des § 31e Abs 3 KSchG würde nämlich die Bestimmung weitestgehend ihres Anwendungsbereiches berauben. Mit den Vorgaben der Pauschalreiserichtlinie sei zwar eine Bagatellgrenze vereinbar, nicht jedoch das Abstellen auf eine hypothetische Preisminderung von 50%; das würde nämlich ganz massive Mängel voraussetzen, sodass Schadenersatz nur in Ausnahmefällen in Betracht käme. Die Auslegung des § 31e Abs 3 KSchG habe sich auch nicht am Begriff des "unerheblichen Mangels" des § 932 Abs 2 ABGB aF zu orientieren.
Die begehrte Entschädigung wurde auch nicht als überhöht angesehen. Dividiert man den begehrten Schadenersatzbetrag durch die Anzahl der Reisenden und durch die Anzahl der Nächtigungen, ergibt sich ein Betrag von € 18,67,- pro Person und Tag. Im Lichte der bisherigen Judikatur wurde dieser Betrag daher nicht als überhöht erachtet.
OGH 17.6.2010, 2 Ob 45/10x
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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, Rechtsanwalt in Wien