Gegenstand der Verbandsklage des VKI war folgende Klausel in den Geschäftsbedingungen (AGB) eines Inkassobüros: " Die Kosten der außergerichtlichen - gemäß Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. 141/1996 § 3-6- und gerichtlichen Betreibungen werden im Namen des Auftraggebers gegen den Schuldner geltend gemacht". Diese AGB gelangen in Verträgen zwischen dem Inkassobüro und seinen Auftraggebern, den Gläubigern der einzutreibenden Forderungen) zur Anwendung, nicht direkt gegenüber den Schuldnern der zum Inkasso übergebenen Forderungen.
Das Ziel der Verbandsklage war die gerichtliche Klärung der Frage, ob die in der VO 141/1996 ("Inkassogebühren-VO") genannten Schuldnergebühren durch eine derartige Klausel gemäß der Schadenersatznorm des § 1333 Abs 2 ABGB iVm § 879 Abs 3 ABGB auf den Schuldner überwälzt werden können. Nach Ansicht des Klägers beinhalte die Klausel ungerechtfertigte Abweichungen vom dispositiven Recht der Schadenersatznorm des § 1333 Abs 2 ABGB. Demnach sei ein Kostenersatz vom Schuldner verschuldeter und dem Gläubiger erwachsener Schäden durch den Einsatz außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen nur dann vorgesehen, wenn diese Kosten notwendig und zweckentsprechend sind und in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen. Die Klausel sähe aber eine Schadenersatzpflicht des Schuldners unabhängig vom Vorliegen eines Verschuldens vor. Darüber hinaus orientiere sich der Kostenersatz nicht am konkreten Schaden des Gläubigers, sondern an den abstrakten Sätzen der Inkassogebühren-VO. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des Schadenersatzrechts nach § 1333 Abs 2 ABGB lasse sich der Ersatz der "Schuldnergebühr" durch den Schuldner nach der genannten VO nicht mehr begründen. Hier sei auch die Auswirkung der Klausel auf das Rechtsverhältnis zwischen dem beklagten Inkassobüro als Vertreter der Auftraggeber und den Schuldnern zu beurteilen. Die Verbandsklage sei auch nicht auf Verträge mit Verbrauchern beschränkt.
Das beklagte Inkassobüro wandte ein, dass es selbst gar nicht aktiv legitimiert sei, die Schuldnergebühren im eigenen Namen unmittelbar gegen den Schuldner geltend zu machen. Daher seien im Rahmen der ordnungsgemäßen Abwicklung des jeweiligen Inkassoauftrages durch das Inkassobüro neben der Zahlung von Kapital und Zinsen auch die Schuldnergebühr als Anspruch des Gläubigers im Namen des Gläubigers gegen den jeweiligen Schuldner geltend zu machen. Ein Eingriff seitens des Inkassobüros in das Verhältnis Gläubiger-Schuldner werde durch die inkriminierte Klausel nicht bewirkt, eine gesonderte Erwähnung des § 1333 Abs 2 ABGB sei daher nicht erforderlich.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es kam in rechtlicher Hinsicht zur Auffassung, dass das beklagte Inkassobüro zwar unzweifelhaft Verwenderin der AGB sei, es aber entscheidend sei, dass die vorliegenden AGB allein im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Inkassobüro, nicht gegenüber dem Schuldner zur Anwendung kämen. Damit sei die Klausel nicht geeignet, die Rechte und Pflichten des Schuldners bei der Vertragsabwicklung zu beschneiden, zu beeinträchtigen oder zu verzerren. Die Klausel verpflichte den Schuldner nicht zur Bezahlung der Schuldnergebühr, sondern berechtige die Beklagte gegenüber ihrem Vertragspartner lediglich zur Einhebung der Gebühr im Namen des Auftraggebers. Auch die Rspr, wonach der Verwender der Klausel im Sinn des § 28 Abs 1 KSchG auch der Vertreter einer Partei ist, der ein erhebliches Eigeninteresse an der Klausel hat, stütze den Klagsstandpunkt nicht.
Auch der Berufung des VKI wurde nicht Folge gegeben. Das Berufungsgericht verkenne zwar ebenso wenig wie das Erstgericht nicht, dass die Ermächtigung zur Einhebung einer Schuldnergebühr, die sich an den Höchstsätzen des § 3 Inkassogebühren-VO orientiere, nicht in Einklang mit dem gesetzlichen Anspruch auf Ersatz der Kosten außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen aus dem Titel des Schadenersatzes gemäß § 1333 Abs 2 ABGB oder einer allfälligen vertraglichen Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner zu bringen sei. Der Schuldner der einzutreibenden Forderung, deren Benachteiligung der Kläger im Auge habe, sei aber nicht Vertragteil. Die Klausel sei für sie nicht verbindlich. Daher liege eine Nichtigkeit nach § 879 Abs 3 ABGB nicht vor und könne damit auch nicht zum Gegenstand einer Verbandsklage nach § 28 KSchG gemacht werden.
Gegen diese Entscheidung hat der VKI Revision erhoben. Nach Ansicht des Klägers berühe die Klausel die Rechtsstellung des Schuldners ganz maßgeblich § 879 Abs 3 ABGB. Die Frage, ob ein nicht unmittelbar an der Vereinbarung einer Klausel Beteiligter, der aber - wie hier der Schuldner der Forderung bei Beauftragung eines Inkassobüros durch seinen Gläubiger immer notwendiger Teil des durch die Klausel geregelten Rechtsverhältnisses ist - durch diese Klausel gröblich benachteilgt werden kann, sei noch nicht thematisiert worden. Es gäbe aber keinen zwingenden Grund, die Wortfolge "einen Teil" in § 879 Abs 3 ABGB so eng zu verstehen , dass darunter nur eine von zwei unmittelbar am Vertragsschluss beteiligten Personen zu verstehen wäre. Nach dieser Auffassung wäre § 879 Abs 3 ABGB nicht einmal auf Mehrparteienverträge anwendbar.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen wurde vom OGH bestätigt. Der OGH erachtete die vom VKI eingebrachte ordentliche Revision für nicht zulässig. § 879 Abs 3 ABGB komme nur zwischen Vertragspartnern zur Anwendung. Daher könne sich die Klageberechtigung der klagenden Partei auch nur auf diesen Bereich beziehen. Das ergebe sich auch durch eine grammatikalische Auslegung des § 879 ABGB. Es spreche doch Absatz 1 ausdrücklich von Vertrag. Auch der Umstand, das § 879 Abs 3 ABGB auf die "beiderseitigen Leistungen" abstelle, spreche für das von den den Vorinstanzen erzielte Auslegungsergebnis und nicht dagegen. Eine Beurteilung, inwieweit ein Verstoß gegen § 1333 Abs 2 ABGB vorliege, erübrige sich daher.
OGH 1.9.2010, 6 Ob 134/10i
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien