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Eine Frau sitzt vor einem Bildschirm und trägt ein Headset.
Bild: goodluz/stock.adobe.com

Kostenpflichtige Hotline für Kund:innen unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die PNEUS ONLINE TRADING C.V., die einen Online-Handel mit Autoreifen und Zubehör betreibt und ihre Leistungen über ihre Website www.reifen-pneus-online.at anbietet, weil diese unter der Nummer 0900 120 240 auch für Bestandskund:innen eine kostenpflichtige Kundendienstrufnummer als „Service Hotline“ anbot. Nachdem bei Anruf dieser 0900er-Nummer den Kund:innen über ihren „Grundtarif“ hinausgehende Gebühren angelastet wurden, hat die PNEUS ONLINE TRADING C.V. laut Handelsgericht (HG) Wien wegen dieser unzulässigen Geschäftspraktik gegen § 6b KSchG verstoßen.

Nach § 6b KSchG darf der Unternehmer, sofern er einen Telefonanschluss eingerichtet hat, um im Zusammenhang mit geschlossenen Verbraucherverträgen seinen Vertragspartner:innen eine telefonische Kontaktaufnahme zu ermöglichen, einem:einer Verbraucher:in, der:die diese Möglichkeit in Anspruch nimmt, dafür kein Entgelt anlasten. Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für eigentliche Kommunikationsdienstleistungen zu verlangen, bleibt aber dadurch unberührt. Das bedeutet, dass bei Telefongesprächen nach § 6b KSchG Verbraucher:innen nicht mehr als der „Grundtarif“ verrechnet werden darf. Unzulässig sind daher höhere Telefonkosten, als sie im Rahmen des konkreten Telefonvertrages für die eigentliche Kommunikationsdienstleistung anfallen.

Auch wenn die PNEUS ONLINE TRADING C.V. Bestandskund:innen verschiedene unentgeltliche Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme angeboten hat bzw. anbietet, hat sie dennoch zB im Hinblick auf die bis Juli 2024 geltenden AGB im dort abgedruckten Widerrufsformular, das wesensimmanent nur von Bestandskund:innen in Anspruch genommen wird, bezüglich der Kontaktaufnahme nur auf die entgeltliche 0900er Telefonnummer hingewiesen, was - wie das HG Wien ausführt – unzulässig ist. Nach Ansicht des Gerichts kommt es nämlich nicht darauf an, ob es andere, auch nicht telefonische Möglichkeiten gibt, als Kund:innen unentgeltlich mit der PNEUS ONLINE TRADING C.V. in Kontakt zu treten, sondern darauf, ob die eingerichtete Telefonnummer für Bestandskund:innen kostenfrei ist, bzw. ob das verrechnete Entgelt nicht über die reinen Gesprächsentgelte, die national üblich sind, hinausgeht, was nach dem zuvor Ausgeführten nicht der Fall war. Nachdem bei Anruf dieser 0900er Nummer den Kund:innen über ihren „Grundtarif“ hinausgehende Gebühren angelastet wurden, hat die PNEUS ONLINE TRADING C.V. schon dadurch gegen § 6b KSchG verstoßen.

Da § 6b KSchG das Anlasten der über den Grundtarif hinausgehenden Telefongebühren verpönt, würde es die PNEUS ONLINE TRADING C.V. laut HG Wien auch nicht exkulpieren, wenn sie – wie von ihr behauptet - Bestandskund:innen die zuvor verrechneten und damit angelasteten Gebühren rückvergüten würde. Abgesehen davon ist eine anderweitige behauptete praktische Handhabung einer rechtswidrigen

Geschäftspraktik nicht zu berücksichtigen, weil der Schutzzweck der Norm, ausgehöhlt würde: die Verbraucher:innen sollen vor zusätzlichen Gebühren und damit einerseits vor verzerrten Preisen geschützt werden und andererseits sollen sie durch Mehrwertnummern nicht an ihrer vertraglichen Rechteausübung be- bzw. gehindert werden. Wenn sie Unternehmen, mit denen sie einen Vertrag geschlossen haben, anrufen müssen, beispielsweise um eine Beschwerde zu erstatten, sollen sie dabei – wie das HG Wien weiter ausführt - nicht durch drohende Gebühren beschränkt werden.

Wenn die PNEUS ONLINE TRADING C.V. meint, dass die 0900er Nummer auf der Homepage lediglich an Nicht-Kund:innen adressiert gewesen wäre, so ist ihr vom HG Wien entgegen gehalten worden, dass sich das aus der Aufmachung dieser in keiner Weise ergab. In der von der PNEUS ONLINE TRADING C.V. veranlassten Meinung, lediglich die kostenpflichtige Kundennummer anrufen zu können, werden Kund:innen dann noch von der Tonbandansage bestärkt, die einerseits auf die Kostenpflicht hinweist und anderseits nach der Bestellnummer fragt. All das zeigt laut HG Wien, dass schon die Ausgestaltung der Homepage (alt), AGB (alt), Rechnungen bzw. Bestellbestätigungen geeignet sind, Verbraucher:innen an der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte zu hindern.

Die PNEUS ONLINE TRADING C.V. wurde vom HG Wien aufgrund des Verstoßes gegen § 6b KSchG somit für schuldig erkannt, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbraucher:innen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich zu unterlassen, einen telefonischen Kundendienst, der Verbraucher:innen die Kontaktaufnahme in Zusammenhang mit geschlossenen Verträgen ermöglicht, in der Form anzubieten, dass Verbraucher:innen, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, ein über das Entgelt für die eigentliche Kommunikationsdienstleistung hinausgehendes Entgelt, nämlich mehr als der Grundtarif, etwa ein über das Entgelt für Anrufe zu einer gewöhnlichen österreichischen Festnetznummer oder einer österreichischen Mobilfunknummer hinausgehendes Entgelt, dafür angelastet wird, oder sinngleiche Praktiken anzuwenden.

Das Urteil ist rechtskräftig.

HG Wien 12.12.2024, 24 Cg 64/24f

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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