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Eine große Bühne mit einer Menschenmenge davor.
Bild: Cristian/stock.adobe.com

Ö-Ticket: OGH beurteilt Klauseln zur Servicegebühr zulässig

2023 der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums die CTS Eventim Austria GmbH, die das Ticketservice „Ö-Ticket“ betreibt, geklagt. Gegenstand des Verfahrens waren Klauseln in den Vertragsbedingungen von Ö-Ticket, darunter auch solche, die „Servicegebühren“ für den Kauf von Veranstaltungstickets und deren Rückerstattung regeln.

Während sowohl Handelsgericht Wien (HG Wien), als auch Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) die Klauseln als unzulässig beurteilten, qualifizierte der Oberste Gerichtshof (OGH) die vom VKI eingeklagten Klauseln als zulässig.

Zur Prüfung der Zulässigkeit der Geschäftspraxis der Beklagten, verwies der OGH zur Verbesserung der vom Kläger gestellten Eventualbegehren an die erste Instanz zurück.

Es ging um folgende Klauseln:

Klausel 1:

Angezeigte Preise inkl. der gesetzl. MwSt., Servicegebühr von max. € 2.50 […]

(Website beim jeweiligen Angebot)

Klausel 2:

IV.2. Bei der Internet-Bestellung werden Service- und Versandkosten erhoben, die je nach Veranstaltung bzw. gewähltem Produkt variieren könne. Eine Servicegebühr von max. € 2,50 ist im ersichtlichen Gesamtkaufpreis eines Tickets, der im Warenkorb angezeigt wird, bereits enthalten:

(in den AGB; Verwendung für alle Vertragsabschlüsse bis 3.2.2023)

Klausel 3:

Bei der Internet-Bestellung werden Service- und Versandkosten erhoben, die je nach Veranstaltung bzw. gewähltem Produkt variieren können […] Ab einem Ticketpreis von € 25 ist eine Servicegebühr von € 2,50 im ersichtlichen Gesamtkaufpreis eines Tickets, der im Warenkorb angezeigt wird, bereits enthalten; darüber hinaus entstehen – abgesehen von den Versandkosten bzw. € 1,50 International Sales Fee pro Ticket bei Veranstaltungen im Ausland – keine weiteren Kosten. Eine vom Kunden gewünschte Geschenkverpackung wird mit den jeweils angezeigten Kosten zusätzlich in Rechnung gestellt.

(Neuformulierung)

Klausel 6:

Zwischensumme € … inkl. MwSt., allfälliger Servicegebühren […]

(Buchungsmaske)

In seinem Teilurteil führte der OGH aus:

„2. Der 9. Senat des Obersten Gerichtshofs war jüngst anlässlich einer gegen dieselbe Beklagte eingebrachten, auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln gerichteten Verbandsklage bereits mit den auch hier vom Kläger beanstandeten Klauseln 1 bis 3 sowie 6 befasst. Der 9. Senat verneinte in seinem Urteil vom 24. 4. 2024, 9 Ob 34/24a, dass die diesen Klauseln entsprechenden dortigen Klauseln 1 (hier Klausel 2) und 2 (hier Klausel 1) gegen § 6 Abs 3 KSchG oder auch § 879 Abs 3 ABGB verstießen. Hinsichtlich der dortigen Klausel 3, die den hier vorliegenden Klauseln 4 und 5 entspricht, wurde ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss gefasst, um mit den Parteien das

zwischenzeitliche Außerkrafttreten des KuKuSpoSiG mit Ablauf des 31. 12. 2023 zu erörtern und um ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Der 9. Senat führte zu den dortigen Klauseln 1 und 2, deren Zulässigkeit abschließend beurteilend, aus:

„[17] 1. Zur Klausel 1:

[...]

[29] 1.10. Die Vorinstanzen sind zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Klausel (für sich genommen) die exakte Höhe der zu zahlenden Servicegebühr nicht entnommen werden kann. Nach den Feststellungen erhält allerdings der Kunde im Rahmen des hier gegenständlichen Webshop-Bestellungsvorgangs unmittelbar vor Abgabe der Bestellung eine Information über die konkrete Höhe der Servicegebühr. Auch bei den im Bestellprozess des Webshops verwendeten Klauseln handelt es sich um vorformulierte allgemeine Vertragsbedingungen, die der Kontrolle gemäß § 28 KSchG unterliegen (RS0128261; vgl RS0128262). Beim festgestellten gesonderten Ausweis der konkret vom Kunden zu zahlenden Servicegebühr am Ende des Bestellvorgangs handelt es sich daher nicht bloß um eine im Verbandsverfahren unbeachtliche praktische Handhabung, sondern um eine weitere Bestimmung des Klauselwerks, die dem abzuschließenden Vertrag zugrunde liegt und die bei der hier vorzunehmenden Transparenzprüfung in einer Gesamtwertung miteinzubeziehen ist (vgl zur Prüfung nach § 879 ABGB: 9 Ob 69/11d Pkt 3.1; 5 Ob 205/13b Pkt 3.2.6. je mwN; 3 Ob 1/23b Rz 35).

[...]

[31] 1.12. Im vorliegenden Fall erfolgt der 'aufklärende Hinweis', nämlich konkret die Information über die exakte Höhe der Servicegebühr, im Rahmen des Bestellvorgangs (als Vertragsformblatt) unmittelbar vor Abgabe der Bestellung. Der tatsächliche Ausweis der

konkreten Höhe der Servicegebühr ist daher sogar präsenter, als die in den AGB bzw Sternchenhinweisen enthaltenen Klauseln zur Servicegebühr von 'max. € 2,-'. Auch wenn sich der Verbraucher durch den Bestellvorgang klicken muss, um diese Information zu erhalten, erfolgt sie dennoch ausreichend deutlich und klar, zumal dieses 'Durchklicken' im – hier ausschließlich gegenständlichen – Webshop ohnehin und in jedem Fall notwendig ist, um den Vertrag abzuschließen. Eine allfällige 'Lockvogelwirkung' – die ohnehin kaum zu erwarten sein wird – ist nicht von Relevanz, sondern wäre in einem darauf gerichteten wettbewerbsrechtlichen Verfahren zu klären. Die Klausel 1 ist daher nach Ansicht des erkennenden Senats ausreichend transparent.

[32] 1.13. Die Klausel 1 verstößt auch nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB. [...]

[33] 1.14. Durch die konkrete Angabe der Höhe der Servicegebühr am Ende des Bestellvorgangs ergibt sich– selbst bei kundenfeindlichster Auslegung – insgesamt kein einseitiges, schrankenloses Recht der Beklagten, die Servicegebühr nach freiem Ermessen festzulegen, sodass – so die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung – 'die Servicegebühr im Ergebnis auch ein Vielfaches des eigentlichen Ticketpreises betragen könnte, was einer Änderung des Entgelts und damit des Vertrags gleichkomme'. Bei dieser Servicegebühr handelt es sich – anders als etwa in 9 Ob 18/23x Rz 19 uva – auch um kein Zusatzentgelt, das das eigene Leistungsversprechen einschränkt, verändert oder aushöhlt. Nach den Feststellungen wird hier ein Gesamtpreis vereinbart, der die gegenständliche Servicegebühr bereits beinhaltet und vor Abgabe der Bestellung konkret ausgewiesen wird.

2. Zur Klausel 2:

[...]

[38] 2.5. Die Klausel 2 ist ebenfalls kontrollfähig im Sinne des § 28 Abs 1 KSchG (vgl 7 Ob 112/22d Rz 16 mwN). Im Übrigen gilt das zur Klausel 1 Gesagte, weshalb auch die Klausel 2 weder gegen § 6 Abs 3 KSchG noch gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt.“

[15] Dieser Entscheidung schloss sich sodann der 8. Senat in seiner Entscheidung vom 22. 7. 2024, 8 Ob 64/24f, in einem ebenso gegen dieselbe Beklagte geführten Verbandsprozess an.

[16] Auch der erkennende Senat schließt sich dieser rechtlichen Beurteilung für das vorliegende Verfahren an. Dass, wie auch in der Vorentscheidung des 9. Senats, die exakte Höhe der Servicegebühr am Ende des Buchungsvorgangs angezeigt wird, wurde vom Kläger nicht bestritten. Tatsachen, die der Prozessgegner iSd §§ 266, 267 ZPO ausdrücklich oder schlüssig zugestanden hat, bedürfen keines Beweises (RS0039941 [T6]). Sie sind der Entscheidung – auch im Rechtsmittelverfahren – ohne weiteres zugrunde zu legen (RS0040101; 3 Ob 215/19t). Eine unterbliebene Bestreitung ist dann als Zugeständnis zu werten, wenn gewichtige Indizien dafür sprechen (RS0039941 [T3, T4]), etwa, weil eine Behauptung offenbar leicht widerlegbar wäre (vgl RS0039927). Die Beklagte brachte bereits in ihrer Klagebeantwortung vor, dass ihre Kunden nicht nur in den AGB und den weiterführenden Informationen, welche über einen Hyperlink erreichbar seien, sondern auch unmittelbar vor Abgabe einer Bestellung im Warenkorb über die genaue Höhe der Servicegebühr informiert würden. Der Kläger brachte dazu in seinem vorbereitenden Schriftsatz lediglich vor, dass es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klausel

irrelevant sei, ob die Kunden im Rahmen des Bestellvorgangs über die tatsächliche Höhe der Servicegebühr informiert werden würden. Sonstiges Vorbringen insbesondere dazu, dass eine solche Information am Ende des Bestellvorgangs und somit vor Vertragsabschluss nicht erfolge, erstattete der Kläger nicht. Da es prozessual unbedenklich ist, unbestrittenes Parteienvorbringen ohne weiteres der Entscheidung zu Grunde zu legen, schadet es somit auch nicht, dass die Vorinstanzen dazu keine Feststellungen trafen (RS0121557 [T10]).

[17] Aus diesem Grund ist auch ein Verstoß gegen § 4 Abs 1 Z 4 FAGG zu verneinen, wird der Verbraucher doch vor Vertragsabschluss über die genaue Höhe der Servicegebühr informiert.

[18] Die Frage eines Verstoßes gegen § 4a Abs 1 Z 6 und 7 FAGG kann hinsichtlich der bekämpften Klauseln dahingestellt bleiben: Die Bestimmung in den AGB der Beklagten, wonach die Preise für Tickets die aufgedruckten Kartenpreise übersteigen können (Punkt IV.1.), wurde vom Kläger nicht angefochten und ist nicht streitgegenständlich. Die Frage der Servicegebühr steht aber nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Veranstalter einen Preis für den Erwerb der Eintrittsberechtigung beziffert hat (§ 4a Abs 1 Z 6 und 7 FAGG).

[19] Eine Anwendbarkeit von § 6c KSchG ist schon deshalb zu verneinen, weil es sich, wie bereits der 9. Senat ausführte, um kein Entgelt für eine Zusatzleistung, somit um eine über die vereinbarte Leistung hinausgehende Leistung handelt, sondern die Servicegebühr Teil des vereinbarten Gesamtpreises ist (vgl 9 Ob 34/24a Rz 33; siehe dazu auch Schumacher, VbR 2024/67, wonach es sich um kein Zusatzentgelt handle, sondern um eine Vermittlungsprovision und somit ein Hauptleistungsentgelt, das dem Ticketvermittler für seine Tätigkeit zustehe).

[20] Die Klausel 3 verstößt schon deshalb nicht gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, da kein höheres als bei Vertragsschließung bestimmtes Entgelt von der Beklagten verlangt wird. Die Kunden haben nach den Feststellungen die Möglichkeit, über einen Hyperlink die konkrete Höhe der jeweils anfallenden Servicegebühr zu erhalten. Zudem wird die exakte Höhe der Servicegebühr am Ende des Bestellvorgangs ausgewiesen. Wie sich aus der unstrittigen Urkunde ./K (vgl RS0121557 [T3]) zudem ergibt, werden auch die Kosten der Geschenkverpackung beim Buchungsvorgang ausdrücklich und exakt ausgewiesen.

[21] Inwiefern die Verrechnung einer Servicegebühr in Höhe von maximal 2,50 EUR zudem überraschend iSd § 864a ABGB sein soll, ist nicht ersichtlich, weist doch die Beklagte nicht nur in ihren AGB, sondern auch mehrmals auf ihrer Website sowie beim Bestellprozess bzw der Buchungsmaske auf diese hin. Ein „Überrumpelungseffekt“ (vgl RS0014646) liegt gerade nicht vor.

[22] Die Klauseln 1, 2, 3 und 6 sind somit zulässig.“

Zu den Klauseln 4 und 5:

4. Angefallene Service- und Versandgebühren werden aufgrund der erbrachten Leistung von oeticket nicht rückerstattet. (Website, FAQ)

5. Die angefallenen Service-, Versand- und Sorgenfreigebühren können aufgrund der erbrachten Leistung von CTS Eventim Austria GmbH nicht rückerstattet werden. (AGB, Verwendung für alle Vertragsabschlüsse bis 3. 2. 2023)

Zu den Klauseln 4 und 5 urteilte der OGH:

[23] 3. Die Klauseln 4 und 5 besagen, dass angefallene Service- und Versandgebühren aufgrund der erbrachten Leistung von der Beklagten nicht rückerstattet werden können. Der Kläger erachtet diese Klauseln als intransparent, weil sie die geltende Rechtslage (§ 3 Abs 1 KuKuSpoSiG) falsch darstellten, zudem seien sie nicht auf COVID-19-bedingte Absagen eingeschränkt, sondern allgemein anwendbar. Sie kämen auch dann zur Anwendung, wenn Verbraucher einen Gutschein iSd KuKuSpoSiG nicht im entsprechenden Zeitraum einlösten und der Gutscheinwert ausbezahlt werde, die Klausel sei daher auch gröblich benachteiligend. Zudem würden die Klauseln die Rechtslage in Zusammenhang mit § 396 Abs 1 UGB falsch darlegen und seien daher intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG und gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Zudem seien die Wertungen des MaklerG heranzuziehen. Der Provisionsanspruch entfalle gemäß § 7 Abs 2 MaklerG, wenn der Vertrag aus nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt werde.

[24] Der 8. Senat führte in seiner Entscheidung vom 22. 7. 2024, 8 Ob 64/24f, zur der hier Klausel 5 entsprechenden Bestimmung in den AGB der Beklagten kürzlich folgendes aus:

„[14] I.2. Soweit die Klägerin in erster Instanz den Klageanspruch auf die Regelung des § 3 KuKuSpoSiG über die Kostenfreiheit der Ausstellung, Übersendung und Einlösung von Gutscheinen gestützt hat, ist sie darauf hinzuweisen, dass nach den – für den Obersten Gerichtshof bindenden – Feststellungen des Berufungsgerichts der Betrag von je 2 EUR von der Beklagten dem Kunden A* P* nicht für die Gutscheinausstellung, sondern (erkennbar) bereits im Rahmen der Ticketbestellung verrechnet wurde. Die Einbehaltung der 12 EUR befindet sich damit außerhalb des (sachlichen) Anwendungsbereichs des § 3 KuKuSpoSiG, sie verletzt demnach diese Vorschrift nicht. Damit erweist sich aber für den vorliegenden Fall die von der Klägerin mehrfach ins Treffen geführte, zu 9 Ob 8/22z ergangene klagestattgebende Entscheidung gegen ein Ticketing-unternehmen wegen – nach Beurteilung des 9. Senats – im Lichte von § 3 KuKuSpoSiG unzulässiger Verrechnung einer Servicegebühr für eine Gutscheinausstellung als nicht einschlägig.

[...]

[19] III.1. Wie bereits unter Punkt I. ausgeführt, kann aus dem KuKuSpoSiG nicht abgeleitet werden, dass es unzulässig sei, dem Kunden anlässlich der Bestellung bzw Ausstellung der Eintrittskarte (des Tickets) eine Servicegebühr zu verrechnen.

[20] III.2. Mit Eintrittskarten ist nach Art der unvollkommenen Inhaberpapiere ein übertragbares Recht des Inhabers gegen den Aussteller – den jeweiligen Veranstalter – verknüpft. Der Aussteller einer Eintrittskarte gibt zu erkennen, dass er dem jeweiligen Inhaber zur Leistung verpflichtet sein will. Die

Eintrittskarten haben in der Regel Wertpapiercharakter, weil die in ihnen verbriefte Forderung nach den Verkehrsgepflogenheiten nur unter Vorlage des Papiers geltend gemacht werden kann. Eintrittskarten sind damit wertpapierähnlich, sofern sie nicht im Einzelfall sogar tatsächlich ein Wertpapier sein sollten. All dem entspricht, dass Eintrittskarten – so wie auch Wertpapiere – Gegenstand eines Kaufs sein können (9 Ob 8/18v [Pkt III.1.] mwN).

III.3. Einem ꞌTicketserviceꞌ (auch ꞌTicketing-unternehmenꞌ oder ꞌVorverkaufsstelleꞌ, allenfalls auch ꞌKartenbüroꞌ genannt), wie es die Beklagte betreibt, können– je nach der Gestaltung der Vertragsbeziehungen mit dem Kunden (Besucher) und dem Veranstalter – rechtlich mehrere Modelle zugrunde liegen:

[21] a) Zum einen ist ein Kommissionsgeschäft iSd § 383 UGB möglich. Das Ticketservice wird als Kommissionär tätig und führt den Verkauf der Eintrittskarten im eigenen Namen, aber für Rechnung des Veranstalters (des Kommittenten) durch. Kommissionsgut ist das – in der Eintrittskarte als Inhaberpapier verbriefte – Recht gegenüber dem Veranstalter auf Teilnahme an der Veranstaltung. Aus

dem Kaufvertrag mit dem Kunden (Besucher) über die Eintrittskarte wird ausschließlich der Kommissionär berechtigt oder verpflichtet. Im Innenverhältnis reicht dieser die Vorteile und Nachteile aus dem Geschäftsabschluss, insbesondere das vereinbarte Eintrittsgeld, an den Veranstalter (dem Kommittenten) weiter (9 Ob 8/18v [Pkt III.2.]; BGH III ZR 192/17 [Pkt II.1.c.] = VuR 2019, 31 [33]; VIII ZR 329/21 [Rz 17] = COVuR 2023, 84 [85]; Bergmann, Kartenvorverkauf und Kommission – Das Aufspaltungsrisiko in der COVID-19 Pandemie, WM 2021, 1209 [1209]; vgl auch Rauter/Merzo in Straube/Ratka/Rauter, UGB I 4 [2022] § 383 Rz 28).

[22] b) Zum anderen kann das Ticketservice bei der Vermarktung der Eintrittskarten als Stellvertreter des Veranstalters auftreten. Diesfalls tritt der Kunde nur mit dem Veranstalter in eine Rechtsbeziehung. Das Ticketservice verkauft die Eintrittskarte im Namen und für Rechnung des Veranstalters, wofür es sich von diesem Vertretungsmacht einräumen lässt (9 Ob 8/18v [Pkt III.2.]; vgl auch BGH VIII ZR 329/21 [Rz 17] = COVuR 2023, 84 [85]; Bergmann, WM 2021, 1209).

[23] c) Drittens ist es möglich, dass das Ticketservice den Kaufvertrag über die Eintrittskarte vermittelt (4 Ob 32/20i [Pkt 1.5.]). Hier kann zusätzlich zum vermittelten Vertrag zwischen dem Kunden und dem Veranstalter ein (Vermittlungs-)Vertrag zwischen dem Kunden und dem Ticketservice vorliegen (vgl JAB 142 BlgNR 27. GP 2 [ꞌKonstellation zweier getrennter Verträge zwischen Veranstalter (Betreiber) und Vermittler einerseits und Vermittler und Besucher (Teilnehmer) andererseitsꞌ]; vgl weiters Kreile/Hombach, Konzertgenuss mit Hindernissen, ZUM 2001, 731 [759]; Kriegner, Kunst, Kultur, Sport:

Gutscheine statt Entgeltrückzahlung, VbR 2020, 124 [126]; Spenner/Estner, Absage von Veranstaltungen wegen des Coronavirus – wer zahlt? BB 2020, 852 [853]).

[24] III.4. Nach den AGB der Beklagten ist diese ꞌbei Veranstaltungen in Österreich lediglich Besorger, bei Veranstaltungen im Ausland lediglich Vermittler der Eintrittskartenꞌ. Jedenfalls tritt sie – wie in der Präambel ihrer AGB weiters festgehalten – ꞌ[h]insichtlich des Kartenkaufsꞌ mit dem Kunden ꞌin eine Vertragsbeziehungꞌ.

[25] Der Oberste Gerichtshof hat in 9 Ob 8/18v (Pkt III.3.) zu den – insoweit bis heute unveränderten – AGB der Beklagten ausgeführt, dass sie in Hinsicht auf Veranstaltungen in Österreich als Verkäufer der Eintrittskarten gegenüber dem einzelnen Verbraucher als Käufer auftritt und daher in Hinsicht auf Veranstaltungen in Österreich vom Kommissionsmodell (bzw ꞌKommissionärs- modellꞌ) auszugehen sei, zumal den AGB nicht entnommen werden könne, dass die Beklagte den jeweiligen Veranstalter bloß vertrete. Der 9. Senat leitete dies damals aber auch aus einer (damaligen) Bestimmung in den AGB der

Beklagten ab, wonach sich diese bei einem Verbraucher ꞌdas Eigentum an der Kaufsache bis zur vollständigen Zahlung des Rechnungsbetragsꞌ vorbehielt.

[26] Einen solchen Eigentumsvorbehalt enthalten die hier anzuwendenden AGB der Beklagten nicht mehr. Ob sich daraus eine von 9 Ob 8/18v abweichende Beurteilung ergibt, kann dahingestellt bleiben, weil – wie bereits vom BGH bei in wesentlich identischer Rechtslage zutreffend ausgeführt – unabhängig von der rechtlichen Konstruktion, mittels derer ein Ticketservice die Karten vertreibt, dessen Rolle ersichtlich auf den Vertrieb der Eintrittskarten und die hiermit zusammenhängende Organisation beschränkt und dieser Vorgang auch aus Sicht eines durchschnittlichen Käufers mit dem Erhalt der Eintrittskarte abgeschlossen ist (BGH VIII ZR 329/21 [Rz 35] = COVuR 2023, 84 [87]; vgl auch die Worte ꞌAbwicklung des Kartenkaufes einschließlich Versandꞌ in den AGB der Beklagten). Vor diesem Hintergrund kann ein verständiger, redlicher Käufer nicht berechtigt erwarten, dass eine Vorverkaufsstelle (Ticketservice, Ticketingunternehmen), die auch aus seiner Sicht ihre geschuldete Leistung durch Übereignung der Eintrittskarten– häufig lange vor dem Veranstaltungstermin – erbracht hat, über die Pflichten eines Verkäufers hinaus bis zum Tag der Veranstaltung für deren von dem Veranstalter geschuldete Durchführung einstehen will (BGH aaO Rz 36). [...]

[28] III.6. Weil unabhängig von der rechtlichen Konstruktion, mittels derer das Ticketservice (Ticketing-unternehmen, Vorverkaufsstelle) die Karten vertreibt, dessen Rolle ersichtlich auf den Vertrieb der Eintrittskarten und die hiermit zusammenhängende Organisation beschränkt ist (BGH VIII ZR 329/21 [Rz 35] = COVuR 2023, 84 [87]), kann ein redlicher Ticketerwerber nicht davon ausgehen, dass der Anspruch des Ticketservices auf Abgeltung seiner bereits erbrachten Leistung unter der auflösenden Bedingung der Durchführung der Veranstaltung stehe. Dass die Vermittlung bzw die Besorgung der Eintrittskarten durch das Ticketservice aufgrund der erfolgten Absage der Veranstaltung für den Kunden letztlich wertlos wurde, reicht nicht für eine Bejahung des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (aA Kriegner, VbR 2020, 126; zur Relevanz der ergänzenden Vertragsauslegung für das genannte Rechtsinstitut vgl RS0017487 [samt T10], RS0017530 [T18] und Welser/Kletečka, BürgerlichesRecht I 15 [2018] Rz 511 und 519 f mwH).“

[25] Auch dieser Rechtsansicht schließt sich der erkennende Senat an. Unabhängig von der rechtlichen Konstruktion hat die Beklagte mit erfolgreicher Übereignung der Eintrittskarte, die als Inhaberpapier dem Käufer eine verbriefte Forderung gegen den Veranstalter vermittelt (vgl bereits 8 Ob 64/24f Rz 26), ihre vertragliche Verpflichtung erfüllt, für die sie neben dem Kartenpreis auch die Servicegebühr sowie Versandgebühren vom Käufer erhalten hat. Wie auch der BGH im vergleichbaren Fall bereits ausführte, betrifft die Absage einer Veranstaltung grundsätzlich nur die Rechtsbeziehungen zwischen dem als Aussteller der Eintrittskarte verpflichteten Veranstalter und deren hieraus berechtigten Inhaber (BGH VIII ZR 329/21 [Rz 63]).

[26] Damit geht auch die Argumentation des Klägers hinsichtlich § 7 Abs 2 MaklerG sowie § 396 Abs 1 UGB ins Leere: Das zu vermittelnde Geschäft ist durch Übereignung des Tickets abgeschlossen, der geschuldete Erfolg eingetreten. Die Ausführung des Rechtsgeschäfts, nämlich die rechtswirksame Übertragung des Inhaberpapiers, ist von der Frage des tatsächlichen Stattfindens der Veranstaltung, der Aufführung, zu unterscheiden. Die zur Durchführung des Vertrags erforderlichen Handlungen, nämlich die Zahlung des Kaufpreises und die Übergabe des Vertragsgegenstands, wurden bereits gesetzt (vgl dazu Gartner/Karandi, MaklerG³ § 7 MaklerG Rz 11; vgl auch zum Effektengeschäft im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts Oppitz in Apathy/Iro/Koziol [Hrsg], Österreichisches Bankvertragsrecht VI² [2007], Rz 2/188, wonach es für den Provisionsanspruch auf die Erfüllung des kaufrechtlichen Verhältnisses ankommt).

[27] Durch die bekämpfte Klausel in Art XVunter dem Titel „Veranstaltungsabsage, Änderungen,

Rückzahlungen“ wird auch nicht der Rückerstattungsanspruch des Verbrauchers für sämtliche möglichen Vertrags-anfechtungen ausgeschlossen, sondern nur für den Fall, dass die Veranstaltung abgesagt wird oder entfällt. Art XVII der AGB regelt schließlich unter der Überschrift „Haftungsbeschränkungen, Ausschluss des Rücktritts bei bestimmten Pflichtverletzungen“, dass die Beklagte unbeschränkt nach dem Produkthaftungsgesetz, für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden, bei arglistigem Verschweigen von Mängeln sowie für Schaden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit haftet. Bei Verletzung wesentlicher Vertragspflichten, die nur auf einfacher Fahrlässigkeit beruht, haftet die Beklagte nach dieser Bestimmung beschränkt auf den Ersatz des vorhersehbaren, typischen Schadens.

[28] Inwiefern die bekämpfte Klausel in Art XV für den Vertragspartner überraschend iSd § 864a ABGB sein soll, er damit vernünftigerweise nicht zu rechnen brauche und die Bestimmung den Vertragspartner überrumple (vgl RS0014646), ist nicht ersichtlich. Da sich die Klausel unter der Überschrift „XV. Veranstaltungsabsage, Änderungen, Rückzahlungen“ befindet, ist auch ihre Stellung im Gesamtgefüge der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Vertragspartner nicht überraschend. Es ist zudem darauf zu verweisen, dass Punkt XV. der AGB der Beklagten auch ausdrücklich den Fall regelt, dass die Beklagte bei Veranstaltungen in Österreich lediglich Besorger, bei Veranstaltungen im Ausland Vermittler der Eintrittskarten ist. In diesem Fall werden die angefallenen Service- und Versandgebühren bei einer Absage oder einem Entfall der Veranstaltung nicht rückerstattet. Der Fall, dass die Beklagte selbst Veranstalter wäre und sie ein Verschulden an einer

Absage treffen könnte, ist somit in dieser Bestimmung nicht geregelt.

[29] Die bekämpften Klauseln 4 und 5 sind somit ebenfalls zulässig.“

Zu den gestellten Eventualbegehren führte der OGH aus, dass die „Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Entscheidung über die Eventualbegehren an das Erstgericht zurückzuverweisen“ ist.

OGH 11.02.2025 10 Ob 26/24g

Klagsvertreter: Dr Stefan LANGER, RA in Wien

Zu den Entscheidungen des HG Wien und OLG Wien: 

Zum News: HG Wien

OLG Wien, 27.02.2024 5 R 190/23g

In einem von der Bundesarbeitskammer geführten Parallelverfahren erging ebenso eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH 24.04.2024 9 Ob 34/24a).

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