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Urteil: Papierrechnung darf nicht zusätzlich bepreist werden

Der VKI hatte neben anderen Betreibern Hutchison/Drei geklagt, deren AGB eine Kostenpflicht über 2 Euro pro Rechnung vorsehen, wenn Kunden die Rechnung auf Papier bevorzugen. Das Wiener Handelsgericht gab dem VKI nun Recht und untersagte die betreffende AGB-Klausel. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich und folgte den Argumenten des VKI. 

Gröblich benachteiligend
Einerseits sei die Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Es handle sich bei dieser Vereinbarung eines Zusatzentgelts um eine vertragliche Nebenleistungspflicht. Der Begriff der Hauptleistung sei eng auszulegen und betreffe im Regelfall nur die essentiellen Vertragsbestandteile. Dem Vorteil des Betreibers, dass er sich Kosten spart, stehe der Nachteil des Kunden gegenüber, der nun mehr zahlen muss, ohne irgendeinen Vorteil daraus zu haben. Auch wenn viele Kunden über einen Internetzugang verfügten, wäre das nicht bei allen so. Selbst wenn alle Mobiltelefone der Beklagten dem Kunden den Internetzugang ermöglichten, müssten nicht alle Kunden diesen nutzen. Nicht jeder sei in der Lage, sich im Internet zurecht zu finden, insbesondere die ältere Generation. Andere wiederum würden sich wegen der günstigen Tarife zum Vertragsabschluss entscheiden, ohne notwendigerweise Interesse am Internet zu haben. 

Darüber hinaus könnten jene Konsumenten, die nur über das Mobiltelefon ins Internet gehen, die Rechnung nur in einem sehr ungünstigen kleinen Format ansehen. Nicht zumutbar sei den Kunden, das Internet anderweitig zu nutzen, z.B. an öffentlichen Plätzen, im Kaffeehaus etc., um die Rechnung abzurufen. Auch am Arbeitsplatz verfüge nicht jeder über Internet, bzw. sei die private Nutzung des Internet am Arbeitsplatz nicht immer erlaubt.
Das Gericht berücksichtigt aber auch den schlichten Wunsch der Kunden, die Rechnung eben auf Papier zu erhalten- diese würden einem faktischen wirtschaftlichen Zwang ausgesetzt, sich für die elektronische Rechnung zu entscheiden. 

Die Vorteile für Kunden seien dagegen nicht nachvollziehbar. Der zeitlich und örtlich uneingeschränkte Zugriff mag zwar gegeben sein, allerdings nur am Mobiltelefon, auf welchem die Rechnung eben unzulänglich dargestellt sei, außerdem stünden die Rechnungen maximal 6 Monate zur Verfügung.

Der Kunde kann bei Drei wählen, ob er die Rechnung an eine Email-adresse erhält oder auf der Betreiberwebseite abruft. Man könne nun aber nicht davon ausgehen, dass jeder über eine Emailadresse verfüge. Auch wenn der Betreiber bei Vertragsabschluss eine Emailadresse vergibt, schließe der Kunde üblicherweise einen Sprachtelefonievertrag, um damit zu telefonieren, die zur Verfügung gestellte Emailadresse sei für die meisten Kunden wohl eher irrelevant. Das Einsehen der Rechnung auf der Webseite setze eine Registrierung voraus, was mit einigem Aufwand verbunden sei, den wohl nicht jeder auf sich nehmen werde. 

Auch die Vorabinformation per SMS, mit der die Höhe des Rechnungsbetrages mitgeteilt wird, ändere daran nichts. Die SMS berge die Gefahr, dass der Kunde gerade geringfügige Abweichungen übersieht, wenn der Betrag im Großen und Ganzen plausibel erscheine. Abgesehen davon, könnten SMS leicht übersehen werden, weil sie oft unterwegs gelesen oder nicht bewusst wahrgenommen würden. 

Weiters sei es üblich, dass AGB-Änderungen auf der Rechnung aufgedruckt mitgeteilt würden. Erscheine der Rechnungsbetrag korrekt, würden die Kunden unter Umständen die Rechnung im Internet nicht mehr einsehen und keine Kenntnis von den Änderungen erlangen. 

Überraschend und nachteilig
Die Klausel sei auch überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB, weil die elektronische Rechnungslegung nicht dem Regelfall entspreche. Dem Argument, bei Multimediaanbietern sei eine elektronische Rechnungslegung zu erwarten, könne gerade bezüglich Sprachtelefoniekunden nicht gefolgt werden. Zahlreiche Konsumenten würden den Vertrag persönlich und in Papierform, oft in einer Filiale der Betreiber abschließen, und könnten daher davon ausgehen, dass auch die Abrechnung in Papier erfolge. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass die elektronische Rechnungslegung branchenüblich sei, müsse der Kunde nicht mit einer Entgeltpflicht rechnen. Er könne vielmehr davon ausgehen, dass ihm eine solche kostenlos zur Verfügung gestellt würde. 

Unzulässige Zugangsfiktion
Das Gericht folgte weiters dem VKI in seiner Argumentation, dass die Klausel eine gesetzwidrige Zugangsfiktion regle. 
Nach § 6 Abs 1 Z 3 KschG sind Klauseln nicht verbindlich, nach denen eine Erklärung des Unternehmers, die dem Verbraucher nicht zugegangen ist, als ihm zugegangen gilt. Die einzige Ausnahme davon sei, dass am die vom Verbraucher zuletzt bekannt gegebene Anschrift zugestellt wurde. Eine zulässige Zugangsfiktion könne daher nur für den Umzugsfall des Verbrauchers getroffen werden (Verweis auf VR 2010 H4, 18).
Hier gelte die elektronische Rechnung aber schon dann als zugestellt, wenn sie dem Kunden unter gewöhnlichen Umständen abrufbar ist. Insbesondere für Kunden, die über keinen Internetzugang verfügen, die ihr Telefon nicht regelmäßig verwenden oder die sich mit der Internetnutzung nicht gut auskennen, könne ein solcher Zugang nicht wirksam fingiert werden. 

TKG-Novelle 2011
Am 21.2.2012 tritt der neue § 100 Telekommunikationsgesetz in Kraft, wonach die Möglichkeit der Teilnehmer, eine unentgeltliche Rechnung in Papierform zu erhalten, vertraglich nicht ausgeschlossen werden darf. Dies gilt - nach Meinung der RTR - auch für bestehende Verträge. 
In der aktuellen Entscheidung geht das Gericht davon aus, dass diese Gesetzesnovelle die derzeit bestehenden Unsicherheiten über die Rechtslage klären soll, nachdem die Betreiber aus der Novellierung ableiten, dass die Verrechnung eines Entgelts für die Papierrechnung vor diesem Zeitpunkt zulässig wäre.


Hutchison: HG Wien, 9.2.2012, 22 Cg 118/10m

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