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Urteil: Unzulässige Zinsberechnung bei vorzeitiger Auflösung von Kapitalsparbüchern

Auch die zweite Instanz bestätigt die Unzulässigkeit von zwei Klauseln zur Verzinsung von Kapitalsparbüchern der Bawag P.S.K. Der VKI geht im Auftrag der AK Tirol gegen diese Klauseln, die beide den Kunden gröblich benachteiligen, vor.

Die Bedingungen der Bawag P.S.K für Kapitalsparbücher enthalten folgende Klauseln: 

1. Bei Teilbehebungen (ab 100 Euro in vollen 10-Euro-Beträgen zuzüglich Zinsen möglich) oder bei gesamter Rückzahlung werden Zinsen nur für volle Monate der tatsächlichen Einlagedauer berechnet. 

Die Klausel widerspricht § 32 Abs 7 BWG. Gemäß § 32 Abs 7 BWG beginnt die Verzinsung der Einzahlungen auf Spareinlagen zwingend mit dem Wertstellungstag (§ 37 BWG). Diese Bestimmung ist relativ - zu Gunsten des Sparers - zwingend, dh es kann nicht wirksam durch Parteienvereinbarung oder sonstige Klauseln davon abgegangen werden. Gegenständliche Klausel der Bawag regelt die Habenzinsen und verstößt gegen § 32 Abs 7 BWG.

2. Die Auszahlung (Kapital einschließlich Zinsen und Zinseszinsen) erfolgt laut Tabelle. Die in der Tabelle enthaltenen Rückzahlungswerte gelten pro 100 Euro eingelegtem Kapital. 
Sie erhalten für je EUR 100,- Einzahlungsbetrag: 
Anzahl der vollen Monate   EUR
1      100,01
2      100,01
3      100,02
4      100,02
5      100,03
6      100,03
7      100,04
8      100,04
9      100,05
10      100,05
11      100,06

Gemäß § 38 Abs 8 BWG sind bei einer vorzeitigen Abhebung 0,1 Prozent pro Monat für die nicht eingehaltene Bindungsdauer vom Kunden zu zahlen (= Vorschusszinsen). Für die Berechnung der Frist gilt § 902 ABGB, sodass etwa eine Abhebung am Folgetag des zahlenmäßig dem Tag des Endes der Bindung entsprechenden Tags des Vormonats keine Vorschusszinsenzahlungspflicht auslöst. Für den Zeitraum der nicht eingehaltenen Bindung entfällt auch der Verzinsungsanspruch. 

Es ist jedoch an Vorschusszinsen nicht mehr zu berechnen, als insgesamt an Habenzinsen auf den hereingekommenen Betrag vergütet wird. Überdies können für Vorschusszinsen insgesamt nur die Habenzinsen des laufenden Jahres und des Vorjahres herangezogen werden, nicht jedoch die weiterer Vorjahre.

Damit wird - einseitig zu Gunsten des Sparkunden - geregelt, welchen maximalen Abschlag von der bei Einhaltung der gesamten Bindungsdauer erreichbaren Zinsenleistung der Bank (Habenzinsen) er durch die vorzeitige Abhebung des gesamten Sparbetrages oder von Teilen davon hinnehmen muss.

Das OLG Wien führt folgendes Beispiel an, um zu Schlechterstellung der Sparer durch die Praktik der Bawag zu zeigen: 
Bei einem Sparbuch mit einjähriger Bindung (ab 1.Februar) und einer Verzinsung - bei Einhaltung der gesamten Laufzeit - von 1 % wird der gesamte Betrag vorzeitig am 16. Dezember behoben. Das ergibt sich bei Anwendung Auszahlungstabelle der Bawag eine Auszahlung von (einschließlich Kapital) 100,05 %, weil nach den Klauseln der Bawag erst 10 volle Monate (1.2. bis 30.11.) seit der Einzahlung vergangen sind. Unter Heranziehung der gesetzlichen Vorschriften ergibt sich zunächst eine Verzinsung von 0,875 % (1 % durch 360 Tage Laufzeit x 315 Tage bis zur vorzeitigen Abhebung). Davon abzuziehen sind 0,1 % (= 1 vT) pro vollem Monat der nicht eingehaltenen Bindungsdauer, das ist in diesem Beispiel nur der letzte volle Monat (Jänner). Daraus ergibt sich eine Verzinsung des vorzeitig abgehobenen Betrages von 0,775 % (0,875 - 0,1). Durch die von der Bawag verwendeten Klauseln ist der Kunde daher in diesem Beispiel um die Differenz der Verzinsung, das sind 0,725 %, schlechter gestellt. Bei einer Spareinlage von EUR 10.000,- beläuft sich dieser Unterschied auf EUR 72,50.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

OLG Wien 24.02.2012, 15 R 32/12d
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Klagevertreter: Kanzlei Kosesnik-Wehrle & Langer, Rechtsanwälte-KG in Wien

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