Auch ein niedriger Mitgliedsbeitrag (im Vergleich zum Vertrag ohne Kündigungsverzicht) rechtfertigt diese überlange Vertragsbindung nicht.
In einem Verbandsverfahren hatte die Bundesarbeiterkammer allen voran die Kündigungsverzichtsklausel angegriffen. Der Vertrag mit dem beklagten Fitness-Studio sah mehrere Möglichkeiten einer Mitgliedschaft vor: Der monatliche Mitgliedsbeitrag betrug Euro 90,00. Bei einem Kündigungsverzicht für 24 Monate verringerte sich dieser pro Monat um Euro 10,00. Verzichtete man gar für 36 Monate auf die Kündigung, zahlte man nur Euro 75,00 pro Monat.
Der Oberste Gerichtshof sah darin eine nach § 6 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall KSchG nicht verbindliche Vertragsbestimmung, nach der er während einer unangemessen langen Frist an den Vertrag gebunden ist. Im Lichte mittlerweile unzähliger Entscheidungen zur Vertragsbindung hielt er Folgendes fest:
1. Nicht anwendbar sei § 15 KSchG, weil der wesentliche Inhalt des Vertrags die Zurverfügungstellung von Sport- und Fitnessgeräten sei, wodurch der Vertrag starke mietrechtliche Elemente enthalte. Jedoch könnten die Wertungen des § 15 KSchG für die Beurteilung der zulässigen Höchstbindungsdauer nach § 6 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall KSchG herangezogen werden, zumal der gegenständliche Fitnessvertrag mit den in § 15 KSchG genannten Energielieferungsverträgen bzw. Abonnementverträgen durchaus vergleichbar seien.
2. Die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall KSchG sei hingegen klar: Anders als die in § 6 Abs. 2 KSchG geregelte Gruppe von Vertragsbestimmungen, die zulässig sein können, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt wurden, sind die in § 6 Abs. 1 KSchG geregelten Fälle auch dann unwirksam. Irrelevant sei also für die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 1 Z 1 KSchG - so der OGH - dass es vom Willen des Kunden abhänge, ob er einen Vertrag mit oder ohne Bindungsfrist abschließt. Auch ändere die Wahlmöglichkeit nichts am Charakter dieser Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen.
3. Das von dem beklagten Fitnessstudio ins Treffen geführte Preisargument (Nachteile im Vertrag können durch andere vorteilhaftere Vertragsbestimmungen, zB das Entgelt, ausgeglichen werden) folgt der OGH für diesen Fall jedoch nicht: Es fehle auch unter Berücksichtigung der günstigeren Tarife bei längerer Vertragsbindung im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung an einer sachlichen Rechtfertigung für die 2- bzw. 3-jährige Bindungsfrist: Das Fitness-Studio bringe etwa dem Kunden keine - dem Erwerb eines preisgestützten Handys vergleichbare - Leistung zu Beginn des Vertragsverhältnisses, sondern stelle bloß dem Kunden seine Infrastruktur zur Verfügung.
4. In seine Gesamtschau für die Frage der Zulässigkeit der Bindungsfrist bezog der OGH außerdem mit ein, dass dem Kunden nach den Vertragsbedingungen keine Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung des Vertrags aus Gründen wie Verletzung, Schwangerschaft oder Übersiedlung eingeräumt wird. Bloß "auf dem Kulanzweg" - so die Vertragsbestimmung - könne das Fitness-Studio in diesen Fällen in eine Aussetzung der Mitgliedschaft einwilligen. Da in diesen Fällen auch nach allgemeinem Zivilrecht grundsätzlich kein außerordentliches Kündigungsrecht bestehe (Die genannten Gründe liegen in der Sphäre der Kunden, und die Vertragspartner rechnen bereits bei Vertragsabschluss mit dem Auftreten solcher Gründe.), schlug das Argument des Fitnesscenters fehl, dass Kunden in diesen Fällen trotz Bindungsdauer bzw. Kündigungsverzicht ohnehin den Vertrag außerordentlich auflösen könnten.
Die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts bei einem Fitnessstudio-Vertrag über zwei bzw. drei Jahre ist daher - zusammengefasst - als unangemessen lange iSd § 6 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall KSchG anzusehen. Die Rechtsposition der Kunden sei derart massiv beeinträchtig, dass weder der Vorteil eines niedrigen Monatsbetrags, noch die vom Fitness-Studio behaupteten wirtschaftlichen Investitionen eine sachliche Rechtfertigung für eine derart lange Bindungsfrist darstellen könnten.
OGH 29.5.2012, 9 Ob 69/11d
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