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Urteil: Abschlagszahlungsklausel bei vorzeitiger Kündigung des Handyvertrages rechtswidrig

In einer Verbandsklage des VKI im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums hat das Handelsgericht Wien festgestellt, dass die "Abschlagszahlungsklausel" in den Entgeltbestimmungen von T-Mobile/telering gröblich benachteiligend und überraschend ist. Nach der Klausel muss ein Kunde, der seinen Handyvertrag vor Ablauf der Mindestvertragsdauer kündigt oder einen weiteren Kündigungsverzicht abgegeben hat, eine Abschlagszahlung von EUR 80,00 für jede aktive SIM-Karte für Vorteile (zB Endgerätestützung, Gesprächsgutschrift) zahlen.

Folgende Klausel hat das HG Wien als rechtswidrig gemäß § 879 Abs 3 ABGB und § 864a ABGB beurteilt. "Weiters verrechnen wir Ihnen eine Abschlagszahlung von 80 Euro je aktivierter SIM-Karte-für Vorteile (zB Endgerätestützung, Gesprächsgutschrift), die wir Ihnen bei Vertragsabschluss oder bei Abgabe eines weiteren Kündigungsverzichtes gewährt haben."

Der VKI brachte dazu im Wesentlichen vor, dass durch Klausel derjenige Kunde, der bis zum Ende seiner Mindestvertragsdauer am Vertrag festhalte besser gestellt werde als der vorzeitig Kündigende. Jener bezahle das gleiche Entgelt, könne sein "gestütztes" Handy aber benutzen und letztlich behalten, ohne bei einer Kündigung mit Ablauf der Mindestvertragsdauer eine Abschlagszahlung leisten zu müssen.

Diese "Nachzahlungspflicht" bei vorzeitiger Auflösung durch den Verbraucher habe im Ergebnis zusätzlichen "Strafcharakter", der einer sachlichen Grundlage entbehre. Darüber hinaus sei die Klausel nachteilig und überraschend gemäß § 864a ABGB, weil der Verbraucher nicht mit einer Klausel rechne, die neben der Verpflichtung zur Zahlung von offenen Grundgebühren auch noch die Zahlung eines weiteren Entgelts vorsehe. Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, dass § 25 Abs 4 Z 3 lit b TKG in der Fassung der Novelle BGBl 102/2011 vorsehe, das AGB zwischen Betreibern und Endnutzern zumindest die Vertragslaufzeit und die Bedingungen für eine Verlängerung und Beendigung der Dienste und des Vertragsverhältnisses einschließlich der bei Beendigung des Vertragsverhältnisses fälligen Entgelte einschließlich einer Kostenanlastung für Endeinrichtungen zu enthalten haben. Daraus ergebe sich die Üblichkeit und Zulässigkeit der Klausel.

Die Beklagte gehe bei der Preiskalkulation für die den Verbrauchern zur Verfügung gestellten Endgeräte davon aus, dass die Verbraucher ihre Verträge erst nach durchschnittlich 28 bis 30 Monaten kündigen. Bei einer vorzeitigen Aufkündigung käme es dazu nicht, weshalb eine entsprechende Abschlagszahlung in die Tarife einkalkuliert werden müsse. Die Klausel sei auch nicht "ungewöhnlich" nach § 864a ABGB, weil sie verkehrs- und branchenübliche Praxis sei. 

Nach dem HG Wien ist die Klausel überraschend und nachteilig gemäß § 864a ABGB. Die Nachteiligkeit sei evident, weil sie jedes Abweichen vom dispositiven umfasse bzw auch, dass der Vertragspartner ohne die Klausel besser stünde. Auch die weite Verbreitung der Klausel in einer bestimmten Branche mache sie aus der Sicht des Vertragspartners noch nicht üblich. Ein Verbraucher müsse auch nicht damit rechnen, dass ihm dadurch höhere Kosten entstehen als bei Einhaltung der Mindestvertragsdauer. Er gehe davon aus, dass höchstens jene "Restentgelte" zu bezahlen sind, die bei der Aufrechterhaltung des Vertrages für die Mindestvertragsdauer angefallen wären. Das er darüber hinaus - ohne eine Gegenleistung zu erhalten - noch mit einer "Abschlagszahlung" in nicht unbeträchtlicher Höhe belastet werde sei sicher überraschend. 

Die Bestimmung des § 25 Abs 4 Z 3 lit b TKG könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass solche Entgelte uneingeschränkt zulässig sein und nicht mehr der Kontrolle der §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB unterlägen. Über die inhaltliche Berechtigung einer "Abschlagszahlung" sage die Bestimmung nichts aus. 

Die Klausel sei auch gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB. Mangels dispositiven Rechts sei als Vergleichsmaßstab auf die Lage für den Verbraucher ohne die Klausel abzustellen. Ohne die Klausel müsse der Vertragspartner bei vorzeitiger Aufkündigung nur die ausstehenden Entgelte für die Mindestvertragsdauer - nicht aber mehr - bezahlen. Somit bestehe ein auffallendes Missverhältnis zwischen den vergleichbaren Vertragspositionen des vorzeitig Kündigenden und des mit der Mindestvertragsdauer kündigenden Verbrauchers. 

Interne Kalkulationen würden keine sachliche Rechtfertigung für die Verwendung einer gröblich benachteiligenden Klausel darstellen. Das es Kunden gäbe, die mit Mindestvertragsdauer bzw bereits davor kündigen wollen könne in die (Gesamt-)Kalkulation Eingang finden. 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand 22.2.2013).

HG Wien 27. 12. 2012, 39 Cg 9/12k
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Klagevertreterin: Dr. Annemarie Kosesnik-Wehrle, RA in Wien

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