Im Zuge einer beabsichtigten Vertragskündigung erhielt der langjährige Kunde von T-Mobile/Telering ein neues Angebot. Auf der Vorderseite dieses Angebotes fand sich im Stil eines in sich geschlossenen Briefes, inklusive persönlicher Anrede neben anderen Tarifvarianten auch der "Treue Basta Europa, 0 Cent in alle Netze und in die EU um EUR 19,-- im Monat (inkl. Norwegen, Schweiz und Lichtenstein)". Ein Verweis auf die Rückseite des Schreibens fand sich auf der Vorderseite nicht. Auf der Rückseite des Schreibens fand sich, unter der die gesamte Hälfte des Blattes einnehmenden Werbefigur der Beklagten "Der Inder", eine Aufschlüsselung aller Treue-Tarife in der Gesamtgröße von einem Fünftel des Blattes, wobei hinsichtlich des Tarifs "Treue Basta Europa" die monatliche Gebühr von EUR 19,-- auf 1.000 Minuten beschränkt war und zusätzlich darüber informiert wurde, dass bei Überschreiten der 1.000 Minuten weiterhin EUR 0,-- zu tele.ring. gelten. Die Gebühren für Telefonate nach Überschreiten der 1.000 Minuten in andere Netze wurden erst in einem untersten Rand des Blattes in Kleinstschrift aufgelistet.
Aufgrund dieser Zusendung unterfertigte der Konsument eine Vertragsverlängerung mit dem Tarif "Treue Basta Europa". Die dem Vertrag zugrunde liegenden AGB enthielten eine Rechnungsanerkenntnisklausel. Die Onlinerechnungen 11/2010, 12/2010 und 1/2011, die der Konsument mangels Internetzugang nicht kontrollierte, enthielten erhöhte Entgelte aufgrund Überschreitens der 1.000 Freiminuten. Erst bei der letzten Rechnung wurde der Konsument aufmerksam und beeinspruchte mit Schreiben vom 3.2.2011.
Der VKI klagte daher unter Abtretung des Anspruches den Betrag von EUR 632,65 (Überschreitungsentgelt abzüglich einer Kulanzgutschrift von EUR 219,10) unter Berufung auf Irrtum und Schadenersatz ein, weil der Konsument auf Basis der Vorderseite des Schreibens zu Recht davon ausgehen konnte, dass es beim gewählte Tarif kein Limit für Freiminuten gibt. Die Beklagte sah keine Irreführung und wandte darüber Verfristung der Forderungen aufgrund der AGB Klausel ein.
Das Erstgericht folgte der Rechtsansicht der Beklagten.
Das Berufungsgericht hat der Berufung des VKI hingegen Folge gegeben. Die Formulierungen auf der Vorderseite suggerieren ein in sich geschlossenes Angebot und verschleiern die auf der Rückseite befindlichen ergänzenden Informationen als Werbung. Dadurch veranlasst irrte der Konsument über das abzuschließende Geschäft im Sinn von § 871 ABGB. Der Irrtum betraf die wesentliche Beschaffenheit der Hauptsache, nämlich die Ausgestaltung der Zahlungspflicht, wodurch ein wesentlicher Geschäftsirrtum iSd § 872 ABGB vorliege. Durch die widersprüchliche Formulierung auf der Vorder- bzw der Rückseite sei der Irrtum von der beklagten Partei veranlasst. Dass den Irrtum veranlassende Verhalten stelle eine sorgfaltswidrige Verletzung der Aufklärungspflichten im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung dar, daher stehe Schadenersatz wegen cic zu. Es sei der Vertrauensschaden zu ersetzen, der Geschädigte sei so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde. Das umfasse die nach Überschreitung der 1000 Freiminuten anfallenden Kosten von EUR 632,65. Die Klausel 20 der AGB (Anerkenntnis bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung der Ansprüche) habe der OGH in 7 Ob 84/12x für nichtig erklärt. Dies sei auch auf diesem Fall anzuwenden, sodass die Klage zu Recht eingebracht wurde.
Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand 21.11.2013).
HG Wien 4.11.2013, 50 R 34/12z
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien