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Urteil: Unzulässige Verkürzung der Verjährungsfrist von Bonusmeilen auf 20 Monate durch KLM Royal Dutch Airlines

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Sozialministeriums gegen die Fluggesellschaft KLM Royal Dutch Airlines (Koninklijke Luchtvaart Maatschappij n.v.) wegen einer rechtswidrigen Klausel in den Flugmeilen-Bedingungen des "Flying Blue"-Programms eine Verbandsklage. Das HG Wien erklärt die Klausel, die einen Verfall von "Premiummeilen" nach nur 20 Monaten vorsieht, für unzulässig. Das OLG Wien hat diese Entscheidung bestätigt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 2.5.2016)

Mit dieser Klausel beschränkt KLM Royal Dutch Airlines die Möglichkeit der Einlösung gesammelter und auch zugekaufter Bonusmeilen von Mitgliedern des "Flying Blue"-Programms auf unzulässige Weise. Eine Verlängerung des Einlösungszeitraums um weitere 20 Monate soll demnach nur dann erfolgen, wenn Kunden innerhalb dieser Frist Leistungen der KLM Royal Dutch Airlines oder ihrer Partner in Anspruch nehmen, oder andere "qualifizierte Aktivitäten" setzen:

Für Ivory-Mitglieder haben Prämienmeilen eine Gültigkeit von 20 Monaten. Ausschließlich das Sammeln von Meilen auf Flügen von AIR FRANCE, KLM, SkyTeam-Partnern oder andere, in der FB-Kommunikation bezeichnet als die Gültigkeit verlängernde, qualifizierte Aktivitäten, werden als solche begriffen. Hat ein Mitglied in einem Zeitraum von 20 Monaten keine die Gültigkeit verlängernden Aktivitäten erbracht, behält sich die Gesellschaft das Recht vor, die Prämienmeilen zu streichen. Für die Prüfung der Verfallsfrist der Meilen ist das Mitglied selbst zuständig.

Diese Klausel wurde vom VKI abgemahnt und in weiterer Folge vom HG Wien als unzulässig erkannt.

Ein Flying-Blue Mitglied muss nicht damit rechnen, dass es die Verfallsfrist der Bonusmeilen selbst zu überprüfen und sich laufend über entsprechende Änderungen der Bedingungen zu informieren hat. Üblicherweise erfolgt eine solche Information vom drohenden Verfall der Bonusmeilen durch das Unternehmen (Verstoß gegen § 864a ABGB). Durch diese mangelnde Information werden die Kunden auch gröblich benachteiligt, da diese Schlechterstellung nicht sachlich gerechtfertigt ist (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB). Zudem ist die Klausel auch intransparent, da aus ihr nicht hervorgeht, welche konkreten Aktivitäten zu einer Verlängerung der Gültigkeit der Premiummeilen führen (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG), und auch gröblich benachteiligend, da das Unternehmen diese Aktivitäten jederzeit einseitig und einschränkungslos abändern kann (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB).

Darüber hinaus ist die Einschränkung der Möglichkeit zur Einlösung von Bonusmeilen aber auch sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Abweichen von der gesetzlichen Verjährungsfrist von 30 Jahren, die auch auf Gutscheine Anwendung findet, ist zwar möglich, setzt jedoch eine Interessenabwägung voraus: Dem Interesse des Unternehmens, den bürokratischen Aufwand gering zu halten und den Umsatz zu erhöhen, steht das Interesse des Kunden gegenüber, Prämienmeilen auch noch 20 Monate nach Enstehen des Anspruchs einlösen zu können, ohne dafür weitere wirtschaftliche Aktionen setzen zu müssen. Premiummeilen bilden ein Lockmittel zur Steigerung der Geschäftstätigkeit, es kann dem Unternehmen zugemutet werden, das Progamm so zu gestalten, dass es allenfalls zu keinen Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Verfallsfristen kommt, die einen bürokratischen Mehr-Aufwand bedeuten würden. Da die Benachteiligung der Teilnehmer am Bonusprogramm nicht durch ein besonderes Interesse des Unternehmens aufgewogen werden kann, ist die Verkürzung der Frist zur Einlösung von Premiummeilen unzulässig (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB)

Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) gab der Berufung der Fluggesellschaft nicht Folge und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, wonach die beanstandete Klausel wegen gröblicher Benachteiligung und  Intransparenz nichtig sei; die Frage, ob die Klausel zudem auch nachteilig und überraschend sei und daher auch ein Verstoß gegen § 864a ABGB vorliege, könne deshalb auf sich beruhen.

Da sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der vorliegenden Klausel bislang nicht befasst habe, erklärte das OLG Wien die ordentliche Revision an den OGH für zulässig. An diesen Ausspruch ist der OGH nicht gebunden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 02.05.2016).

OLG Wien 21.04.2016, 4 R 211/15a

HG Wien 13.10.2015, 39 Cg 43/14p
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien

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