Klausel 1: "Mehrere Gutscheine können nicht miteinander kombiniert werden."
Diese Klausel verstößt gegen § 864a ABGB, da Konsumenten aufgrund des Mindestbetrages von EUR 20,-- beim Kauf eines Gutscheines gerade nicht damit rechnen müssen, dass lediglich ein einziger Gutschein für einen Flug eingesetzt werden kann und weitere Gutscheine nicht verwendet werden können. Für Konsumenten würde daher der Zwang bestehen zusätzliches Geld zu investieren, sowie weitere Flüge zu buchen, um die restlichen Gutscheine einsetzen zu können. Konsumenten würden somit an das Unternehmen gebunden werden und es würde eine Umsatzsteigerung lukriert werden. Aufgrund des geringen Minimalbetrages, der fehlenden Möglichkeit der gleichzeitigen Einlösung/ Kombination mehrere Gutscheine, sowie der Stellung der Klauseln im Vertragsgefüge, insbesondere an mehreren Stellen, wurde ein Verstoß gegen § 864a ABGB festgestellt.
Dass es für das Unternehmen technisch nicht möglich ist für eine Buchung mehrere Gutscheine zu verwenden, stellt jedoch keine sachliche Rechtfertigung für diese Benachteiligung der Konsumenten dar. Das OLG Wien folgte dieser Entscheidung und gab zu verstehen, dass es keineswegs im Widerspruch zur allgemeinen Lebenserfahrung steht, wenn man damit rechnet für einen Flug mehrere Fluggutscheine verwenden zu können.
Auch die Gestaltung der Homepage mit den werbewirksamen Sprüchen "Das beste Geschenk der Welt: die Welt" und "Egal, zu welcher Gelegenheit: überraschen Sie Ihre Lieben mit einem Austrian Fluggutschein" ließ keinen Rückschluss auf das Kombinationsverbot zu. Bei den beträchtlichen Kosten einer Flugreise erwartet der Konsument jedoch mit mehreren Fluggutscheinen bezahlen zu können.
Laut OLG ist es daher überraschend wenn jeder Geschenkgeber nur einen Beitrag von mehreren leistet und der Beschenkte durch das Kombinationsverbot sodann gezwungen wäre entweder die nicht einlösbaren Gutscheine bei weiteren Reisen zu verwenden, oder den Restbetrag aufzuzahlen. Konsumenten werden durch diese Klausel deutlich beeinträchtigt. Das OLG beurteile diese Klausel daher als überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB.
Klausel 2: "Es können keine Gabelflüge (wenn Abflugs und/oder Zielflughafen beim Hin- und Rückflug verschieden sind) wie z.B. Wien-Frankfurt München-Wien oder Wien -Frankfurt Frankfurt-Graz gebucht werden."
Der Ausschluss der Verwendung von Fluggutscheinen für Gabelflüge wurde ebenso als überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB beurteilt, da eine Einschränkung der Flüge beim Kauf der Gutscheine von vornherein nicht vorliegt und somit das "gesamte Sortiment an Flugleistungen" erworben werden kann. Es ist daher überraschend und nachteilig, dass sodann keine Gabelflüge gebucht werden können. Wäre schon beim Erwerb des Fluggutscheines eine Einschränkung vorhanden, so würde einer "für die Konsumenten nachteiligen Überraschung Einhalt geboten werden", führte das HG Wien aus.
Das OLG schloss sich auch bei dieser Klausel der Entscheidung des HG an und erklärte die Klausel für überraschend und nachteilig gem § 864a ABGB. Denn Konsumenten erwarten bei derartigen "Wertgutscheinen", Leistungen aus dem gesamten Warenangebot des Unternehmens in Anspruch nehmen zu können.
Klausel 3: "Der Weiterverkauf ist nicht gestattet." (dies gilt nur für Gutscheine die mit REM beginnen)
Das Verbot eines Weiterverkaufes von Fluggutscheinen wurden als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB eingestuft, da es keine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Untersagung gibt. Ein sachliches Interesse, dass nur der Erstkäufer eine Einlösung des Gutscheines vornehmen darf, wurde vom HG Wien verneint. Das OLG merkte zu dieser Klausel an, dass der Zweck dieser Fluggutscheine gerade die Weitergabe an einen Dritten sei. Der Einlösende ist daher regelmäßig nicht der Käufer. Weder entspricht dies dem "gewöhnlichen und alltäglichen Geschäftsverkehr", noch finden sich Bestimmungen des dispositiven Rechts (§§ 1392ff ABGB), wonach erworbene Rechte nicht übertragen werden können. Auch die Gefahr eines Handels der Fluggutscheine "quasi wie Wertpapiere" verneinte das OLG. Die Klausel wurde daher vom OLG als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB beurteilt.
Klausel 4: "Austrian Airlines übernehmen keine Verantwortung für Missbrauch des Gutscheins durch eine andere Person als den Passagier und/oder Verlust des Gutscheins durch den Passagier"
Der Haftungsausschluss der gegenständlichen Klausel würde auch dann zum Tragen kommen, wenn der Missbrauch "in die Sphäre" des Unternehmens fallen würde. Denkbar wären in diesem Fall auch Angriffe durch Hacker bzw Sicherheitslücken. Eine sachliche Rechtfertigung für diesen Haftungsausschluss, insbesondere in Fällen, in denen ein "zurechenbares Verschulden" des Unternehmens vorliegt bzw der Missbrauch in die Sphäre des Unternehmens fällt, wurde vom HG Wien verneint.
Das OLG Wien beurteilte diese Klausel in zwei Teilen. Der erste Teil der Klausel beinhaltet eine Haftungsfreizeichnung des Unternehmens für die missbräuchliche Verwendung des Gutscheins. Eine ähnliche Klausel, in der die verschuldensunabhängige Haftung von Konsumenten bei technischem Missbrauch in Verbindung mit Bankomat- und Kreditkarten geregelt wurde, hat der OGH bereits als unzulässig erklärt (RIS-Zustiz: RS 0113753). Die gegenständliche Klausel beinhaltet ebenso einen Haftungsausschluss, wenn ein Missbrauch der Fluggutscheine in Ihrer Sphäre stattfindet (zB durch Manipulationen im Computersystem oder Hacker bzw Sicherheitslücken). Die verschuldensunabhängige Haftung des Konsumenten ist jedoch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Der zweite Teil der Klausel beinhaltet den Haftungsausschluss im Zusammenhang mit einem Verlust/Diebstahl des Fluggutscheins. Diese Bestimmung würde eine Haftung des Unternehmens auch dann ausschließen, wenn ein Schaden –nach Mitteilung durch den Konsumenten- durch grob schuldhaftes und rechtswidriges Unterlassen der Sperre eintritt. Dies ist jedoch gröblich benachteiligend urteilte das OLG.
Klausel 5: "Bei Missbrauchsverdacht behalten sich Austrian Airlines vor, den Gutschein nachträglich zu sperren."
Gegenständliche Klausel verstößt gleich mehrfach gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die Sperrmöglichkeit des Fluggutscheines unterliegt der Willkür des Unternehmens, wodurch Konsumenten gröblich benachteiligt werden. Außerdem ist für Verbraucher unklar, in welchen Fällen eine derartige Sperre zum Tragen kommen könnte, wodurch die Klausel zudem intransparent gem § 6 Abs 3 KSchG wird. Zudem soll eine derartige Sperre auch dann möglich sein, wenn ein bloßer "Missbrauchsverdacht" seitens des Unternehmens vorliegt, wobei auch dies eine gröbliche Benachteiligung darstellt.
Diese Klausel wurde vom OLG Wien als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG beurteilt, da eine Beurteilung, wann genau eine Sperre vorgenommen wird, seitens des durchschnittlichen Konsumenten nicht vorgenommen werden kann. Wann konkret ein Missbrauchsverdacht gegeben ist, kann der Klausel nicht entnommen werden. Laut dieser Klausel ist eine entschädigungslose Sperre auch dann möglich, wenn die missbräuchliche Verwendung auch aus der Sphäre des Unternehmens kommt, wie etwa im Fall eines Angriffs auf ihr Computersystem (vgl auch Klausel 4). Es liegt somit eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB vor, wenn auch in diesen Fällen eine Sperre ohne Entschädigung durchgeführt wird.
Klausel 6: "Pro Buchung kann nur ein Gutschein eingelöst werden."
Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu Klausel 1 verwiesen werden.
Klausel 7: "Wird die Buchung storniert, gilt der Gutschein als verwendet und wird nicht rückerstatte."
Klausel 8: "Auch bei refundierbaren Tickets wird der Gutscheinwert nicht rückerstattet."
Gegenständliche Klausel benachteiligt Konsumenten gröblich iSd § 879 Abs 3 ABGB. Das HG Wien führte aus, dass es, bei einer frühen Stornierung, für das Unternehmen die Möglichkeit eines Weiterverkaufes von Flugtickets an andere Passagiere, geben würde. Gem § 1168 ABGB müsste sich ein Werkunternehmer bei Unterbleiben des Werkes nämlich jene Einnahmen anrechnen lassen, welche durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt wurden. Wenn jedoch – wie in diesem Fall - das Ticket vom Unternehmen mit Gewinn weiterverkauft werden kann, der Konsument jedoch keine Rückerstattung erhält und das Unternehmen somit bereichert wird, dann liegt eine gröbliche Benachteiligung vor, wobei eine sachliche Rechtfertigung dafür fehlt.
Das OLG Wien beurteilte diese Klausel ebenso als unzulässig, da es ua auch nicht ersichtlich ist, weshalb bei der Rückerstattung eines Flugpreises zB im Falle einer Stornierung eine Differenzierung zwischen einer Bezahlung bar und mit Fluggutschein vorgenommen wird. Es ist laut OLG gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, dass der Gutscheinwert einbehalten wird, auch wenn eine Rückerstattung sonst durchzuführen gewesen wäre. Das OLG führte zudem aus, dass Verbraucher grundsätzlich damit rechnen, durch den Kauf von Gutscheinen nicht schlechter gestellt zu werden, als durch eine direkte (Geld-)Zahlung. Die Klausel wurde vom OLG daher auch als überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB beurteilt.
Hinsichtlich der Klauseln 6-8 kann erwähnt werden, dass diese Bestimmungen in den "FAQs" enthalten sind und somit gerade noch "nicht in den zu akzeptierenden Gutscheinbedingungen vor Abschluss des Gutscheinerwerbes" aufscheinen.
Klausel 6 ist inhaltlich laut HG Wien mit Klausel 1 gleichzusetzen. Klausel 7 und 8 jedoch beinhalten weitergehende Beschränkungen, die jedoch nicht in den zu akzeptierenden Bedingungen enthalten sind.
Es handelt sich daher um "versteckte" Klauseln, die gegen § 864a ABGB verstoßen.
Das HG Wien beurteilte die "FAQs-Info-Service-Buchung" als AGB-Vertragsformblätter, da diese auf der Homepage verwendet werden und der Text vom Unternehmen vorformuliert ist, womit auch der Rechtsfolgewillen des Unternehmens zum Ausdruck kommt.
Auch das OLG beurteilte die "FAQ" des Unternehmens als Vertragsformblätter gem § 28 KSchG u § 879 Abs 3 ABGB. Konsumenten gehen wohl davon aus, dass diese in "FAQs" enthaltenen Bestimmungen dem Gutscheinkauf zugrundegelegt werden sollen. Laut OLG liegen hier vorformulierte Klauseln vor, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurden. Diese Bestimmungen können zudem vor Vertragsabschluss eingesehen werden und unterlagen daher der Klauselprüfung.
Das Urteil ist rechtskräftig.
OLG Wien, 10.12.2015, 1 R 92/15d
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Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien