Für Ivory-Mitglieder haben Prämienmeilen eine Gültigkeit von 20 Monaten. Ausschließlich das Sammeln von Meilen auf Flügen von AIR FRANCE, KLM, SkyTeam-Partnern oder andere, in der FB-Kommunikation bezeichnet als die Gültigkeit verlängernde, qualifizierte Aktivitäten, werden als solche begriffen.
Hat ein Mitglied in einem Zeitraum von 20 Monaten keine die Gültigkeit verlängernden Aktivitäten erbracht, behält sich die Gesellschaft das Recht vor, die Prämienmeilen zu streichen. Für die Prüfung der Verfallsfrist der Meilen ist das Mitglied selbst zuständig.
Das Erstgericht beurteilte diese Klausel, die mitunter bestimmt, dass gesammelte oder zugekaufte Bonusmeilen nach 20 Monaten verfallen, wenn sie in diesem Zeitraum nicht einlöst werden, und sofern keine Leistungen der KLM Royal Dutch Airlines oder ihrer Partner in Anspruch genommen oder andere "qualifizierte Aktivitäten" erbracht werden, aus folgenden Gründen für unzulässig:
Weder müsse ein Flying-Blue Mitglied damit rechnen, die Verfallsfrist der Bonusmeilen selbst zu überprüfen und sich laufend über entsprechende Änderungen der Bedingungen zu informieren (Verstoß gegen § 864a ABGB), noch sei die mit diesem Informationsdefizit bewirkte Schlechterstellung des Kunden sachlich gerechtfertigt (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB). Darüber hinaus sei die Klausel auch intransparent, da aus ihr nicht hervorgehe, welche konkreten Aktivitäten zu einer Verlängerung der Gültigkeit der Premiummeilen führen (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG), sowie auch gröblich benachteiligend, da das Unternehmen diese Aktivitäten jederzeit einseitig und einschränkungslos abändern könne (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB). Generell sei die Einschränkung der Möglichkeit zur Einlösung von Bonusmeilen - in Abweichung zur gesetzlichen Verjährungfrist von 30 Jahren - aber auch sachlich nicht gerechtfertigt (Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB).
Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) gab der Berufung der Fluggesellschaft nicht Folge und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, wonach die beanstandete Klausel wegen Intransparenz und gröblicher Benachteiligung nichtig sei (Verstöße gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB):
Die Klausel lasse offen, inwiefern eine Information an Kunden des Flying Blue Programms zum Ablauf der Premiummeilen oder zu den die Gültigkeit der Premiummeilen verlängernden, qualifizierten Aktivitäten erfolge; auch gebe sie keinen Aufschluss darüber, was unter derartigen Aktivitäten zu verstehen sei und in welcher Fassung der FB-Kommunikation sie für den Kunden maßgeblich sein sollten.
Weiters bestehe für die mit der Klausel vorgesehene Verkürzung der Verfallsfrist der Premiummeilen auf 20 Monate, die eine Schlechterstellung des Kunden im Hinblick auf die allgemeine 30-jährige Verjährungsfrist für Gutscheine darstelle, keine sachliche Rechtfertigung: Das Unternehmen unterhalte offenbar ohnehin eine elektronische Kommunikation mit den Kunden und müsse aktuelle Kundendaten verwalten, weshalb eine individuelle Warnung an die Kunden rechtzeitig vor Ablauf der Premiummeilen nicht mit einem unzumutbaren bürokratischen Mehraufwanf abgetan werden könne, zumal die vom Verfall bedrohten Premiummeilen oft geldwerten Leistungen von mehreren hundert Euro entsprechen würde. Auch der Umstand, dass hinsichtlich des Verfalls käuflich erworbener und (ohne Einsatz weiteren Entgelts) gesammelter Bonusmeilen nicht unterschieden wird, spreche gegen die Zulässigkeit der kurzen Verfallsfrist und für ein Überwiegen des berechtigten Interesses des Kunden, Prämienmeilen auch noch 20 Monate nach Enstehen des Anspruchs einlösen zu können, ohne dafür weitere wirtschaftliche Aktionen setzen zu müssen. Da das Flying Blue Programm allen Fluggästen offen stehe, könne auch das Argument, die Prämienmeilen seien ohnehin nur für Vielflieger gedacht, nicht überzeugen.
Mit der vom Erstgericht vertretenen Auffassung, dass die Klausel zudem auch nachteilig und überraschend sei und daher auch ein Verstoß gegen § 864a ABGB vorliege, setzte sich das OLG Wien nicht mehr auseinander; diese Frage ließ es auf sich beruhen.
Da sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der vorliegenden Klausel bislang nicht befasst habe, erklärte das OLG Wien die ordentliche Revision an den OGH für zulässig. An diesen Ausspruch ist der OGH nicht gebunden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 13.05.2016)
OLG Wien 21.04.2016, 4 R 211/15a
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien