Zum Inhalt

Urteil Parkplatzfalle: Unlauteres Provozieren von Besitzstörungen

Das LG Eisenstadt untersagte auf eine Verbandsklage des VKI hin einem Parkplatzbetreiber, durch eine mangelhafte Kennzeichnung von bewirtschafteten kostenpflichtigen Parkflächen Besitzstörungen zu provozieren und Autofahrer, die infolge der mangelhaften Beschilderung in die Parkplätze eingefahren sind, zur Abgabe von Anerkenntnissen über Zahlungsverpflichtungen iHv 175 Euro, aufzufordern.

Der Betreiber kennzeichnete von ihm bewirtschaftete Parkplätze so schlecht, dass zahlreiche Autofahrer glaubten, es handle sich um gratis Parkplätze. Sobald sie in diese einfuhren, wurden sie fotografiert, und zwar selbst dann, wenn sie den Irrtum entdeckten, und den Parkplatz sofort wieder verließen. In der Folge erhielten die Autofahrer Rechtsanwaltsschreiben, wo sie informiert wurden, eine Besitzstörung begangen zu haben und  aufgefordert wurden, eine Unterlassungserklärung abzugeben und 175 Euro als Abschlagszahlung zu leisten.

Der VKI brachte dagegen im Auftrag des Sozialministeriums eine Unterlassungsklage wegen irreführender bzw. aggressiver Geschäftspraktiken gem §§ 1a, 2 UWG ein.

Die Erstinstanz gab dem Klagebegehren statt. Unter Berücksichtigung der Situation bei der Parkplatzsuche im städtischen Bereich und einen allfälligen Termindruck sei es nachvollziehbar, dass die Hinweisschilder übersehen wurden.

Abgesehen davon sei in der heutigen überplakatierten und rundum überbeworbenen Konsumgesellschaft ein neben einem Supermarkt stehender durchschnittlich großer Plakatständer, der den Hinweis auf die Notwendigkeit eines Tickets enthielt, nicht ausreichend auffällig. Aufgrund der Lebenserfahrung sei bekannt, dass eine überlange Textierung beim Einfahren nicht gelesen werden kann, vor allem, wenn der Fahrer zusätzlich noch Fußgänger beachten muss.

Das Gericht bejahte in der Folge eine irreführende Geschäftspraktik, weil die Beschilderung vom durchschnittlichen Autofahrer leicht übersehen werden konnte. Weiters gehe der durchschnittliche Nutzer eines Kundenparkplatzes davon aus, dass Kundenparkplätze für die Dauer eines Einkaufs üblicherweise gratis sind. Dass es hier anders war, hätte man nur durch aufmerksames Lesen der Plakatständer erkennen können, und diese Aufmerksamkeit forderte des Gericht hier nicht.

Wenn auf einem Parkplatz ein großes Park & Ride - Schild angebracht ist, und die Autofahrer irrtümlich davon ausgingen, dass es sich dabei um den Parkplatz der Beklagten handle, der aber trotz Kenntnis dieser Irreführungsgefahr keine deutliche Beschilderung anbrachte, sei ebenfalls eine irreführende Geschäftspraktik zu bejahen.

Hinsichtlich der Verfolgung auch bei nur kurzzeitigem Befahren der Parkplätze könne von einer aggressiven GP gesprochen werden.  

Die Geschäftspraktiken des Beklagten zielten genau darauf ab, ein Einkommen aus der Irreführung zu lukrieren. Die Intention des Beklagten lag nämlich nach Ansicht des Gerichts nicht primär auf der Einhaltung der jeweiligen Parkordnungen, sondern auf der Erfassung möglichst vieler Falschparker und zu diesem Zweck der Provokation von Besitzstörungen. Diese verwerfliche Vorgehensweise diente vorrangig der Generierung von Einkommen für den Beklagten. Ein solches Verhalten ist sittenwidrig.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (13.6.2016).

LG Eisenstadt 29.4.2016, 18 Cg 7/16f
Volltextservice
Klagsvertreterin: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwältin in Wien

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Vergleichsangebot von Aurena beseitigt laut OLG Graz die Wiederholungsgefahr

Vergleichsangebot von Aurena beseitigt laut OLG Graz die Wiederholungsgefahr

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums insgesamt 27 Klauseln aus den AGB der Aurena GmbH – einem Veranstalter von Online-Versteigerungen – abgemahnt. Die Aurena GmbH war in Folge bereit, zu 22 Klauseln eine Unterlassungserklärung abzugeben, bestritt aber die Gesetzwidrigkeit der übrigen fünf Klauseln, woraufhin der VKI eine Verbandsklage einbrachte. Zentrales Thema im Verfahren um diese Klauseln war die Frage, ob Verbraucher:innen bei einem Kauf im Rahmen einer Auktion der Aurena GmbH ein Rücktrittsrecht haben. In den AGB wurde ein solches Rücktrittsrecht ausgeschlossen. Während das LG Leoben dem VKI zur Gänze recht gab und die fünf eingeklagten Klauseln für gesetzwidrig erklärte, war das OLG Graz als Berufungsgericht der Ansicht, dass die von der Aurena GmbH angebotene Unterlassungsverpflichtung trotz der vorgenommenen Einschränkung die Wiederholungsgefahr beseitigen würde. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang