Zum Inhalt

Anschlagserie in der Türkei - kostenloses Rücktrittsrecht für Frühbucher

Am Abend des 28.06.2016 verübten drei mit Schusswaffen und Sprengstoff bewaffnete Männer einen Anschlag auf den Flughafen Atatürk in der Metropole Istanbul; laut Medienberichten gibt es mindestens 41 Tote und ca. 240 Verletzte zu betrauern. Es handelt sich um den zehnten bekannt gewordenen Anschlag in diesem Jahr.

Wer eine Pauschalreise in die Türkei gebucht hat, und diese nun nicht mehr antreten möchte, sollte zunächst den Reiseveranstalter kontaktieren. Es kann Sie natürlich niemand zwingen, eine Reise anzutreten, wenn Sie das nicht möchten.

Frühbucher, die die Reise noch vor Beginn der Anschlagsserie - somit vor dem 12.01.2016 - gebucht haben, steht aus unserer Sicht ein kostenloses Rücktrittsrecht vom Pauschalreisevertrag zu, wenn die Reise in nächster Zeit anzutreten wäre.

Bei Reisen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt und daher wohl in Kenntnis der zahlreichen Anschläge, die mitunter auch Touristenziele betrafen, gebucht wurden, ist hingegen offen, ob ein Gericht nicht die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos annehmen und daher ein kostenloses Rücktrittsrecht vom Pauschalreisevertrag verneinen würde. Gleiches gilt für Reisen, wenn der Reiseantritt in weiterer Zukunft liegt.

Ungeklärt ist ferner, was für Pauschalreisen gilt, die lediglich einen Zwischenstopp oder einen Umstieg in der Türkei vorsahen.

In Zusammenhang mit einem kostenlosen Rücktrittsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei Pauschalreiseverträgen hat der Oberste Gerichtshof folgende Grundsätze herausgearbeitet:

  • Kein Rücktrittsrecht besteht, wenn sich nur ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, irgendwo auf der Welt zufällig in einen Anschlag verwickelt zu werden.
  • Dagegen gibt es ein kostenloses Rücktrittsrecht (wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage), wenn die Gefahr - auch im Lichte seriöser Medienberichte - so hoch erscheint, dass ein durchschnittlicher Reisender die Reise nicht antreten würde. Bei Terrorakten gegen Touristen und fortgesetzten Terrordrohungen kann man von einer solchen Gefahr ausgehen.
  • Eine offizielle "Reisewarnung" des Außenministeriums ist ein klares Indiz für eine solche Gefahr und rechtfertigt den kostenlosen Reiserücktritt jedenfalls.
  • Der Umkehrschluss (Kein Reiserücktritt wenn keine Reisewarnung vorliegt) wurde aber vom OGH ausdrücklich verneint. Es reicht aus, wenn diese Gefahr im Lichte seriöser Medienberichte als gegeben erscheint - auch ohne Reisewarnung kann man dann kostenlos zurücktreten.
  • Der OGH verlangt aber, dass Reisende, deren Abreise noch weiter in der Zukunft liegt, zunächst abwarten, wie sich die Sicherheitslage entwickelt.
  • Auch billigt der OGH dem Reiseveranstalter zu, dass er einem Wunsch nach kostenlosem Rücktritt ein Angebot auf eine zumutbare (und kostenlose) Umbuchung entgegenhält. Gibt es nicht gute Gründe, die Umbuchung abzulehnen (schriftlich dokumentieren!), dann muss man diese akzeptieren. Will man das nicht, zahlt man Stornogebühr.

Von diesen Grundsätzen nicht erfasst bleibt die Frage, wie mit reinen Flugbuchungen in die Türkei umzugehen ist.

Wenn der Reiseveranstalter eine Umbuchung auf eine zumutbare und gleich- oder höherwertige Reise (ohne Mehrkosten) anbietet, dann sollte diese angenommen werden, wenn man Stornokosten vermeiden möchte.

Für Rat und Hilfe steht Ihnen das Beratungszentrum des VKI zur Seite.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums MyTrip (OY SRG FINLAND AB) wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 33 Klauseln, darunter unzulässige Gutscheinregelungen, Haftungsbeschränkungen, Bearbeitungs- und Servicegebühren beanstandet wurden. MyTrip ließ es nicht auf ein Urteil ankommen und erklärte sich zu einem gerichtlichen Unterlassungsvergleich bereit. Der Vergleich ist rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang