Der Kläger besitzt eine Gewerbeerlaubnis für das Drehen von Maschinenteilen und Schweißen. Er schloss mit der Feuerwehr einen Vertrag ab, wonach er dieser mietweise einen Tankwagen zum Wassertransport in Dürrezeiten überließ. Er klagte die Feuerwehr auf Zahlung des geschuldeten Betrages inklusive Verzugszinsen. Das Gericht wies das Begehren auf Verzugszinsen ab 2001 wegen des in Slowenien am 1.1.2002 in Kraft getretenen Grundsatz ne ultra alterum tantum ab; die begehrten Verzugszinsen überstiegen den Betrag der Hauptforderung.
Der Kläger reicht Klage gegen die Republik Slowenien auf Ersatz des Schadens ein, der ihm aufgrund der behaupteten Unvereinbarkeit dieser nationalen Regelung mit der Richtlinie 2000/35 entstanden sein soll.
Unternehmerbegriff
Zunächst war zu klären, ob der Kläger, der hier nicht im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung agiert hat, hier als Unternehmer anzusehen ist, ob daher der Vertrag überhaupt in den Anwendungsbereich der RL 2000/35/EG (RL zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr) fällt.
Der EuGH führte dazu aus: Art 2 Z 1 der RL 2000/35 ist dahin auszulegen, dass eine natürliche Person, die eine Genehmigung zur Ausübung einer Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender besitzt, als ein "Unternehmen" iS dieser Bestimmung – und ein von ihr abgeschlossenes Rechtsgeschäft als "Geschäftsverkehr" iS dieser Bestimmung - anzusehen ist, wenn sich das Rechtsgeschäft zwar nicht auf die in der Genehmigung genannte Tätigkeit bezieht, jedoch im Rahmen der Ausübung einer strukturierten und dauerhaften unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit erfolgt, was das vorlegende Gericht anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu prüfen hat.
Die Bejahung der Unternehmereigenschaft setzt voraus, dass die Person, unabhängig von ihrer Form und ihrer Rechtsstellung im nationalen Recht, diese Tätigkeit strukturiert und dauerhaft ausübt - die Tätigkeit kann sich daher nicht auf eine punktuelle und isolierte Leistung beschränken - und dass sich das betreffende Rechtsgeschäft in den Rahmen dieser Tätigkeit einfügt. Es muss die in Rede stehende Tätigkeit nicht zwangsläufig die wirtschaftliche oder berufliche Haupttätigkeit der betreffenden Person sein oder mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Die Frage, ob eine Person als "Unternehmen" iS dieser Bestimmung anzusehen ist, kann nicht davon abhängen, dass die zuständigen nationalen Behörden eine Genehmigung zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit erteilen.
Verbot des ultra alterum tantum vereinbar mit RL 2000/35?
Das Verbot des ultra alterum tantum bedeutet, dass die Verzugszinsen den Betrag der Hauptschuld nicht überschreiten dürfen. Erst vom Tag der Streitanhängigkeit bei Gericht können neuerdings Verzugszinsen verlangt werden.
Für den EuGH ist dieses Verbot mit der RL zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vereinbar. Die RL 2000/35 legt keinen Rahmen für die Vorschriften fest, die den Zeitraum, während dessen die Verzugszinsen laufen, oder die Obergrenze dieser Zinsen betreffen. Es ist hier auch der Kontext, in dem das Verbot des ultra alterum tantum steht, zu beachten. Hierzu sind auch weitere für den Zahlungsverzug geltende Vorschriften des nationalen Rechts heranzuziehen. Nach dem slowenischen Recht hat der Gläubiger, dem aufgrund des Zahlungsverzugs ein über die erhaltenen Zinsen hinausgehender Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Ersatz in Höhe der Differenz. Dadurch wird der Gläubiger vor Zahlungsverzug sichergestellt.
EuGH 15.12.2016, C-256/15 (Nemec/Rupublika Slovenija)
Anmerkung:
Auch in Österreich gibt es das Verbot des ultra alterum tantum in § 1335 ABGB. Die Zinsen dürfen den Betrag der Hauptschuld nicht überschreiten. Vom Tag der Streitanhängigkeit an können jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden. Auf Geldforderungen gegen einen Unternehmer ist § 1335 ABGB nicht anzuwenden (§ 353 UGB).