Zum Inhalt

Urteil: OGH zu Fristen-Klausel in Unfallversicherung

Transparente Fristenklausel

In einer Klage eines Versicherungsnehmers gegen seine Unfallversicherung ging es ua um die Frage, ob eine Klausel aus den  Unfallversicherungsbedingungen (AVB 2008) zu den Fristen bzgl der Geltendmachung einer Invalidität intransparent ist.

Die Klausel lautet:

"2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung:

 2.1.1.1 [...]

 Die Invalidität ist

 - innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und

 - innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei

 - uns innerhalb von 18 Monaten nach dem Unfall geltend gemacht worden."

Für den OGH ist diese Bestimmung nicht intransparent. Mit der gegenständlichen Vertragsbestimmung wortgleiche oder vergleichbare Fristenregelungen sind in zahlreichen Unfallversicherungsbedingungen enthalten. Sie wurden vom OGH auch bereits unbeanstandet angewendet (zB 7 Ob 63/07a mwN; 7 Ob 102/15y). Der Wortlaut der Klausel ist völlig eindeutig.

Kein treuwidriges Verhalten der Versicherung

Die Vorinstanzen gingen bei der Beurteilung von der Anwendung deutschen Rechts aus, wogegen sich die Revisionen nicht wenden. In den AGB war dazu folgende Klausel enthalten: Für den Versicherungsvertrag gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland. Zwingende Verbraucherschutzvorschriften sind zu Ihren Gunsten auch für diesen Vertrag gültig. 

Der BGH vertritt, dass sich das Berufen des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich erweisen kann. Es dem Versicherer aber nur in Ausnahmefällen verwehrt, sich auf eine Fristversäumnis zu berufen.

In den vereinbarten Zusatzbedingungen 2008 war Folgendes vorgesehen:

"24. Fristverlängerung bei Invaliditätsansprüchen

In Abänderung von Z 2.1.1.1 der Allgemeinen Bedingungen für die J**  Unfallversicherung muss die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eingetreten sein und

spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren sechs Monaten von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht werden."

Die vom Kläger mit der Schadensabwicklung bevollmächtigte Nebenintervenientin übermittelte im August 2011 der Beklagten eine Schadensmeldung über den vom Kläger am 8.5.2011 erlittenen Unfall sowie eine Schadensanzeige. Mit Schreiben vom 18.8.2011 und 31.8.2011 wies die Beklagte den Kläger ausdrücklich auf die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Invaliditätsleistung und auf die einzuhaltenden Fristen nach Pkt 24 der Zusatzbedingungen hin. Im September 2012 informierte eine Mitarbeiterin der Nebenintervenientin die Beklagte telefonisch, dass der Kläger operiert werde. Die Mitarbeiterin der Beklagten meinte daraufhin, dass man die Operation abwarten müsse, sie erklärte jedoch nicht, dass die Fristen zur Geltendmachung des Invaliditätsanspruchs durch dieses Telefonat gehemmt seien. Erst ein Jahr nach der am 11.10.2012 durchgeführten Operation nahm der Kläger wieder Kontakt mit der Nebenintervenientin auf und übermittelte ihr den Unfall betreffende medizinische Unterlagen, welche am 21.1.2014 an die Beklagte weitergeleitet wurden.

Weder die der Beklagten mitgeteilten Verletzungsfolgen (Verstauchung oder Bänderzerrung) noch die anlässlich des - innerhalb der 21-Monats-Frist geführten - Telefonats angekündigte, ebenfalls innerhalb dieser Frist geplante, aber nicht näher definierte Operation legten Dauerfolgen nahe. Der Kläger war auch bereits zwei Mal schriftlich auf die Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs auf Invaliditätsleistung und die einzuhaltenden Fristen hingewiesen worden. Dennoch setzte er über ein Jahr nach der Operation selbst gegenüber der Nebenintervenientin keine Reaktion.

Die Rechtsansicht des BerG, dass selbst unter der Annahme, dass die Nebenintervenientin Versicherungsagentin der Beklagten gewesen wäre, habe nicht nochmals ausdrücklich der Hinweis erfolgen müssen, dass noch kein Nachweis über eine dauerhafte Invalidität vorliege, hält sich im Rahmen der BGH.

Die Klage des Versicherungsnehmers wurde abgewiesen.


OGH 27.9.2017, 7 Ob 129/17x

Das Urteil im Volltext.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang