Die folgenden Klauseln erachtete das Gericht als rechtswidrig.
1. Wenn Sie print@home, unser Ticket zum sofortigen Ausdruck, gewählt haben, wird Ihnen eine Servicegebühr von 2,50 EUR berechnet.
2. Für mobile tickets wird eine Service-Gebühr von 2,50 EUR berechnet.
3. Wenn Sie Hinterlegung an der Abendkassa ausgewählt haben, wird Ihnen eine Servicegebühr von 2,90 EUR berechnet.
4. Hinterlegung in einer Libro-Filiale: Die Service Gebühr beträgt 1,90.
5. oeticket-Tarif-Hinterlegungsgebühr: Hinterlegung oeticket Center EUR 1,90 (je Auftrag unabhängig von der Anzahl der Tickets).
Das HG Wien beurteilte alle Klauseln als rechtswidrig, weil es diese als überraschend und nachteilig einstufte.
Das OLG Wien hingegen verneinte einen Verstoß gegen § 864a ABGB, weil der "Überrumpelungseffekt" nicht vorhanden sei. Aufgrund der optischen Aufbereitung des Bestellvorganges, insbesondere hinsichtlich der Zustellarten müsse ein Konsument mit diesen Kosten rechnen. Der "Auffälligkeitswert" sei vergleichbar mit jenem des Ticketpreises, oder der Bearbeitungsgebühr bzw Gesamtsumme. Dem durchschnittlich sorgfältigen Verbraucher hätte dies "in die Augen fallen" müssen.
Zum Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB führte das OLG (unter Verweis auf 6 Ob 253/07k) aus, dass eine Kontrollfähigkeit für jene Entgeltklauseln gegeben ist, bei denen eine "im Regelfall mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundenen Leistung" abgegolten werden soll. Mit solchen Klauseln kommt es zur Einschränkung, Veränderung oder Aushöhlung des eigentlichen Leistungsversprechens.
Die Hauptleistung der Beklagten besteht in der Vermittlung von Eintrittskarten für den Veranstalter an den Konsumenten. Die Zurverfügungstellung des Tickets ("in irgendeiner Form") wurde auch vom OLG Wien als Nebenpflicht aus dem Vermittlungsvertrag gesehen. Das Ticket (bzw der Code) ist daher Voraussetzung für den Besuch der gebuchten Veranstaltung. Die reine Vermittlung der Karten bzw Codes ist für den Veranstalter und den Konsumenten nicht von Interesse.
Der Ticketerwerb ist ohne Vermittlung durch die Beklagte über diese nicht möglich. Daher sah das Gericht als Leistungspflicht der Beklagten auch die Zurverfügungstellung des Tickets bzw Codes (egal in welcher Form) an. Eine Aufspaltung in unterschiedliche Hauptleistungen (Vermittlung, Verschaffung) oder die eigenständige Vereinbarung der Abholungsbereitstellung bzw Zustellung kam hier nicht in Betracht.
Durch die Verrechnung des Zusatzentgeltes für alle Zustellarten kommt es zur Aushöhlung, Einschränkung oder Veränderung des Leistungsversprechens. Das Gericht betonte, dass dieses Entgelt nicht nur für Sonderfälle (wie etwa einem "Eilzuschlag"), sondern "gerade für den Normalfall" verrechnet wird, konkret die wie auch immer geartete Zurverfügungstellung der Tickets.
Das Gericht urteilte zudem, dass Kosten für das "abholbereite Bereitstellen" gem § 1063a ABGB vom Verkäufer, also der Beklagten zu tragen sind. Dies betrifft die Klauseln 3 bis 5, in denen Zusatzentgelte für das Bereitstellen geregelt sind. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Abweichung vom dispositiven Recht sah das OLG nicht.
Dem Argument der Beklagten hinsichtlich der sie treffenden Kosten für die Hinterlegung hielt das OLG Wien entgegen, dass diese lediglich als "gewöhnlich mit der Leistungserbringung verbundene Kosten" zu sehen sind. Weil die Beklagte aber bereits ohnehin einen Aufschlag auf den Kartenpreis des Veranstalters für die Vermittlung und Zurverfügungstellung verrechnet, werden diese Kosten zusätzlich dazu verrechnet. Die Klauseln 3 bis 5 wurden daher vom OLG Wien als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB beurteilt.
Dies kann grds auch auf die Klauseln 1 u 2 angewendet werden. Gem § 1063a ABGB trifft die Beklagte hier ebenfalls die Kostentragungspflicht für die Zurverfügungstellung des Tickets für ein "print@home-Ticket", oder "mobile-Ticket". Den Kunden würde dabei lediglich die Pflicht zur Bezahlung von "Transportkosten" treffen. Das Gericht verwies hier auf die Kosten der Datenübermittlung. Das Anfallen solcher Kosten für die Datenübermittlung wurde von der Beklagten aber gar nicht angeführt. Eine Kostentragungspflicht des Konsumenten "für die dahinterstehende Technologie" wurde vom OLG Wien aber verneint. Auch hier weicht die gesonderte Verrechnung von Zusatzentgelten für die Zurverfügungstellung der "mobile-Tickets" oder "print@home-Tickets" vom dispositiven Recht ohne sachliche Rechtfertigung ab. Es liegt daher auch hier ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB vor.
Dem Argument der Investitionen der Beklagten hielt das OLG Wien entgegen, dass es sich dabei gerade um die Voraussetzung für das " auf das Internet fokussierte Geschäftsmodell der Beklagten" handle und dies gerade nicht mit dem jeweiligen Einzelfall in Verbindung stehe bzw anfalle. Das Gericht verwies abermals darauf, dass gerade kein solcher Aufwand von der Beklagten behauptet wurde, wie etwa bei Porto- oder Versandkosten.
Zum Verweis der Beklagten auf die Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EG sowie § 14 FAGG teilte das OLG Wien mit, dass "Investitionen zwecks Schaffung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs" gerade nicht erfasst wären, sondern lediglich "Lieferkosten" thematisiert werden.
Das OLG Wien hob zudem hervor, dass die Beklagte keine Zustellmöglichkeit ohne Zusatzentgelt anbietet. Das Zusatzentgelt wird als Regelfall und nicht nur als Ausnahme verrechnet und wird es dem Verbraucher nicht ermöglicht sein Ticket ohne Zusatzkosten zu erlangen.
Außerdem verwies das OLG Wien noch auf die Judikatur des OGH zur Unzulässigkeit der Verrechnung eines zusätzlichen Entgeltes für die Erfüllung einer vertraglichen Nebenleistungspflicht (4 Ob 141/11f sowie 7 Ob 84/12x oder 3 Ob 168/12w)
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 5.12.2017).
OLG Wien 13.11.2017, 5 R 146/17b
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, RA in Wien