Die Bundesarbeiterkammer (BAK) führte ein Verbandsverfahren gegen PE Digital GmbH, die die Partnervermittlungsportale Parship und Elitepartner betreibt. Grund für das Vorgehen war die Geschäftspraxis des Unternehmens, KundInnen für die Nutzung des Dienstes während der 14-tägigen Rücktrittsfrist ein Entgelt von bis zu 75 % des Gesamtpreises zu verrechnen. Das Unternehmen argumentierte, ein Großteil der Leistungen werde zu Beginn der Vertragslaufzeit erbracht, wie etwa die Erstellung des Persönlichkeitsprofils, und dass die Dienste des Unternehmens zu Beginn der Laufzeit am intensivsten genutzt werden würden. Dies rechtfertige die Verrechnung eines laufzeitunabhängigen Entgelts, wenn KundInnen in weiterer Folge den Rücktritt vom Vertrag erklären.
Bereits das Handelsgericht Wien erklärte dieses Vorgehen für unzulässig: Das Persönlichkeitsprofil werde automationsunterstützt anhand der Angaben der KundInnen ohne besonderen Aufwand für das Unternehmen erstellt und das Hauptleistungsversprechen der Beklagten bestehe darin, die Nutzung ihres Online-Dienstes und den Zugriff auf ihre Kundenkartei während der gesamten Vertragslaufzeit (6, 12 oder 24 Monate) zu ermöglichen; zudem führe auch ein intensives Ausprobieren der Dienste des Unternehmens in den ersten beiden Wochen nicht zwangsläufig zu einem Vermittlungserfolg. Wenn das Unternehmen die Höhe der Wertersatzforderung am Zustandekommen einer bestimmten Kontaktzahl festmache, verstoße dies gegen § 16 Abs 1 FAGG: Der Wertersatz muss sich nach dem für die gesamte Dienstleistung geschuldeten Entgelt richten.
Das Oberlandesgericht und in weiterer Folge auch der Oberste Gerichtshof haben diese Entscheidung bestätigt. Der OGH hat dazu klargestellt: Eine allfällige Wertersatzforderung darf bei Dauerschuldverhältnissen nur laufzeitabhängig berechnet werden.
Zudem bekämpfte die BAK - wie auch schon der Verein für Konsumenteninformation (VKI) - dass KundInnen der Hinweis auf den Ablauf der Kündigungsfrist vor Eintritt der automatischen Vertragsverlängerung durch den Versand eines nichtssagenden E-Mails erteilt wird: Die eigentlichen Informationen, dass die Kündigungsfrist ende und man jetzt handeln müsse, wenn man keine Vertragsverlängerung wolle, sind erst nach Betätigen des übermittelten Links und nach Einloggen in das persönliche Profil unter einem speziellen Profilbereich abrufbar. Dieses E-Mail, das weder im Betreff noch im Text selbst auf die vorgesehene Vertragsverlängerung Bezug nimmt, wurde bis September 2017 verwendet. Das entspricht nicht § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, der einen besonderen Hinweis vor Eintritt der Erklärungsfiktion fordere, hielt der OGH bereits im Parallelverfahren des VKI fest (OGH 24.08.2017, 4 Ob 80/17v). Dieser Ansicht schloss sich das Handelsgericht hier an. Das OLG Wien und in weiterer Folge auch der OGH bestätigten die Entscheidung: Die Wiederholungsgefahr sei auch nicht dadurch weggefallen, dass bereits eine rechtskräftige Entscheidung zur Klage eines anderen Verbands vorliege. PE Digital GmbH habe im konkreten Fall kein Verhalten gesetzt, das auf einen Sinneswandel schließen ließ: Weder bot das Unternehmen einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich an, noch gestand es die Unzulässigkeit seiner Praxis zu. Die bloße Änderung des Erinnerungs-E-Mails sei nicht ausreichend und das Rechtsschutzbedürfnis der BAK daher aufrecht.
Darüber hinaus wurden auch 5 Klauseln der PE Digital GmbH in deren AGB bekämpft, die insbesondere Haftungsfreizeichnungen und eine Gerichtsstandvereinbarung enthielten. Während die Vorinstanzen noch alle Klauseln für unzulässig hielten, erklärte der OGH nur die folgenden vier Bestimmungen für unzulässig:
6.3. PARSHIP übernimmt überdies keine Haftung für den eventuellen Missbrauch von Informationen. Es ist möglich, dass Kunden den PARSHIP-Service trotz Verbot in unzulässiger oder gesetzwidriger Weise nutzen. Für eine solche unzulässige oder gesetzwidrige Nutzung ist jede Haftung von PARSHIP ausgeschlossen.
6.4. Ferner haftet PARSHIP nicht für die unbefugte Kenntniserlangung Dritter von persönlichen Daten von Kunden (z.B. durch einen unbefugten Zugriff von "Hackern" auf die Datenbank).
7.3. Der Kunde verpflichtet sich, PARSHIP schadlos von jeglicher Art von Klagen, Schäden, Verlusten oder Forderungen zu halten, die durch seine Anmeldung und/oder Teilnahme bei diesem Service entstehen könnten, sofern der Kunde schuldhaft gehandelt hat. Dies gilt insbesondere für Schäden wegen übler Nachrede, Beleidigung, Verletzung von Persönlichkeitsrechten, wegen des Ausfalls von Dienstleistungen für andere Kunden, einem Verstoß gegen diese Geschäftsbedingungen, wegen der Verletzung von Immaterialgütern oder sonstiger Rechte ergeben.
10. Als Gerichtsstand wird - soweit zulässig - Wien vereinbart.
Für zulässig erklärte der Oberste Gerichtshof jedoch die folgende Klausel, die gemeinsam mit einer Bestimmung zu lesen sei, die auf die Möglichkeit technischer Ausfälle hinweise, die nicht vom Unternehmen verschuldet sind:
PARSHIP gewährleistet nicht den jederzeitigen ordnungsgemäßen Betrieb bzw. die ununterbrochene Nutzbarkeit bzw. Erreichbarkeit des Services. ... (Punkt 6.4. 1. Satz)
Allfällige Gewährleistungsansprüche würden damit nicht eingeschränkt werden, weshalb die Klausel unbedenklich wäre.
OGH, 23.10.2018, 4 Ob 179/18d
Hinweis: In Deutschland ist die Verbraucherzentrale Hamburg mit ihrer Klage gegen PE Digital GmbH in 2. Instanz rechtskräftig abgeblitzt: Das OLG Hamburg hält den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, wonach dem Unternehmen diese Art der Wertersatzberechnung zu verbieten sei, für unberechtigt (OLG Hamburg, 02.03.2017, 3 U 122/14).