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Urteil zu Datenweitergabeklauseln der Post

Das HG Wien beurteilt die Klauseln, die die Österreichische Post AG als Grundlage für die Datenweitergabe zu Werbezwecken bei der Einrichtung eines Urlaubspostfachs bzw eines Nachsendeauftrags verwendet(e), für rechtswidrig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Post AG wegen mehrerer Klauseln in deren Vertragsformblättern bzw in den AGB "Urlaubsfach" und "Nachsendeauftrag". Das Handelsgericht (HG) Wien gab dem Klagebegehren vollumfänglich statt.

Eingangs bestätigt das HG Wien, dass der VKI aktivlegitimiert ist und auch DSGVO-Verstöße im Rahmen der AGB-Kontrolle gemäß § 28 KSchG aufgreifen kann. Prüfungsmaßstab sind sowohl die Vorschriften der DSGVO als auch eine darüber hinaus gehende umfassende Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle. Die Aktivlegitimation des Klägers besteht daher auch in Bezug auf datenschutzrechtliche Bedenken.

Klausel 1  
Ich bin für allenfalls angeführte Urlaubsfachmitbenutzer zu Abschluss der Mitbenutzung des Urlaubsfachs beauftragt und bevollmächtigt.

[ X ] Ich erteile meine Einwilligung zur Verwendung des Namens, des Geburtsdatums und der Anschrift zum Zweck der Werbung und Übermittlung von Informationen über Produkte und Dienstleistungen durch die Österreichische Post AG und deren unter www.post.at abrufbaren Konzernunternehmen sowie zu Werbezwecken gewerblich berechtigter Adressverlage und Direktmarketingunternehmen. Dies gilt auch für allenfalls angeführte Urlaubsfachmitbenutzer; ich bin für diese zur Datenverwendung beauftragt und bevollmächtigt. Diese Einwilligung kann ich jederzeit unter www.post.at/kontaktformular oder mittels Schreiben an das Postkundenservice, Haidingergasse 1, 1030 Wien widerrufen.

Es gelten die AGB Urlaubsfach der Österreichischen Post AG in der jeweils gültigen Fassung, verfügbar u. a. unter www.post.at/agb.

Das HG Wien erläutert, dass eine zulässige Einwilligung freiwillig und eindeutig erfolgen muss. Diesem Erfordernis werden bereits vorangekreuzte Kästchen nicht gerecht. Bereits aus diesem Grund ist die Klausel unzulässig. Weiters verstößt die Klausel gegen das Kopplungsverbot, weil die Einrichtung des Urlaubspostfachs die Einwilligung in die Datennutzung zu Werbezwecken verbindet. Die Bereitstellung der Daten zu Werbezwecken ist für die Erfüllung des Vertrages aber nicht erforderlich.

Klausel 2
Die Post kann Namen und Adresse des Kunden oder der Mitbenutzer Dritten mitteilen, sofern dies nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Datenschutzgesetzes, zulässig ist.

Hier liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KSchG vor. Das HG Wien befindet die Datenweitergabe "nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Datenschutzgesetzes" als zu unklar bzw unverständlich abgefasst, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit die Klausel konkret gültig ist.

Klausel 3
Der Kunde stellt die Post von allen Ansprüchen des Absenders frei, die dadurch entstehen, dass nachzuweisende Sendungen an die Person ausgehändigt werden, die eine Übernahmeberechtigung nachweisen kann. Im Übrigen haftet die Post nach den Bestimmungen der jeweils auf die Sendungen anwendbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Für die VerbraucherInnen ist aus der Klausel nicht ersichtlich, wie weitreichend der Haftungsausschluss ist. Die Verwendung der Klausel im geschäftlichen Verkehr ist daher unzulässig. 

Klausel 4
Ich bin für allenfalls angeführte Mitumzieher zum Abschluss des Nachsendeauftrags beauftragt und bevollmächtigt.

Es gelten die AGB Nachsendeauftrag der Österreichischen Post AG in der jeweils gültigen Fassung, verfügbar u.a. unter www.post.at/agb.

Information über Datennutzung: Ihre personenbezogenen Daten (Anrede, Titel, Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Adresse) können von der Österreichische Post AG an Dritte gem. § 151 Gewerbeordnung zu Marketingzwecke übermittelt werden.

Sie sind jederzeit und ohne Angabe von Gründen berechtigt, die Übermittlung an Dritte zu Marketingzwecken zu untersagen. In diesem Fall kreuzen Sie das nachfolgende Kästchen an oder richten Sie Ihren Widerspruch an www.post.at/kontaktformular, 0800 010 100 oder mittels Schreiben an das Postkundenservice, Bahnsteggasse 17-12, 1210 Wien

[    ] Ich bin mit der Datenweitergabe nicht einverstanden.

In Satz 2 der Klausel räumt sich die Post ein einseitiges Vertragsänderungsrecht ein. Dies verstößt gegen § 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 1 Z 5 KSchG und § 6 Abs 2 Z 3 KSchG und ist folglich unzulässig.

Daneben liegt ein Verstoß gegen den privacy by default Grunsatz gem Art 25 Abs 2 DSGVO vor, da es einen aktiven Widerspruch gegen die Datenweitergabe benötigt. Entsprechend dem genannten Grundsatz müssen veränderliche Einstellungsmöglichkeiten so voreingestellt sein, dass nur jene Datenverarbeitungen vorgenommen werden, die zu Erreichung des Zwecks erforderlich sind. Dies vor dem Hintergrund, dass die Voreinstellungen in vielen Fällen nicht geändert werden, da den Nutzern etwa Wissen, Interesse oder Zeit fehlt. Es darf also kein aktives Handeln des Nutzers erforderlich sein. Darauf läuft die Klausel in der gerügten Form aber hinaus.

Die von den Parteien angeregte Vorlage an den EuGH, ob § 151 GewO mit Art 6 Abs 1 lit a DSGVO vereinbar ist, kann laut HG Wien unterbleiben, da es auf diese Frage für die Beurteilung der Zulässigkeit der gegenständlichen Klausel nicht allein ankommt.

Klausel 5
Es erfolgt eine Preisminderung in Höhe der anteiligen Rückerstattung des Entgelts für jene Kalendertage, in denen die Nachsendung nachweislich nicht bzw. mangelhaft erbracht wurde.

Die Klausel spricht lediglich von der Preisminderung und schließt damit die übrigen Gewährleistungsbehelfe aus. Ebenfalls wird die Beweislast zu Lasten der KonsumentInnen verschoben. Das Gericht beurteilt die Klausel als Verstoß gegen § 9 KSchG und als unzulässige Verschlechterung der gesetzlichen Rechtsposition der VerbraucherInnen.

Klausel 6
Die Post haftet aus dem Titel des Schadenersatzes nur für Schäden, die durch ihr vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten entstanden sind. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist ausgeschlossen. Der Ersatz von mittelbaren Schäden, entgangenem Gewinn, Vermögensschäden, Folgeschäden, nicht erzielten Ersparnissen sowie Schäden aus Ansprüchen Dritter gegen den Empfänger ist, soweit dem nicht zwingende Rechtsvorschriften entgegenstehen, ausgeschlossen.

Das HG Wien befindet die Klausel für unzulässig, weil hier ein pauschaler Haftungsausschluss vorgenommen wurde. Ein solcher umfasst auch die Haftung für Hauptpflichten und Personenschäden. Der pauschale Haftungsausschluss von Hauptpflichten ist nach § 879 Abs 3 ABGB jedoch unzulässig. Weiters ist der Ausschluss von Personenschäden gem § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unwirksam. Zudem ist der Satz "Soweit dem nicht zwingende Rechtsvorschriften entgegen stehen" unzulässig, da für KonsumentInnen nicht ersichtlich ist, inwieweit die Vertragsklausel konkret gültig ist.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 25.11.2019).

HG Wien 18.11.2019, 42 Cg 11/19v
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Update 19.12.2019: Die Post AG hat gegen die Klausel 4, nicht aber gegen die übrigen Klauseln Berufung eingelegt. Die übrigen Klauseln sind damit rechtskräftig.

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