Zum Inhalt

Coronavirus und bevorstehende Urlaube

Nach anfänglicher Ausbreitung des SARS-CoV-2 Erregers primär in China und Asien hat sich in den vergangenen Tagen die Zahl der mit dem neuartigen Virus Infizierten auch in Europa dramatisch gesteigert. Insbesondere in Italien ist die Zahl der Infizierten innerhalb weniger Tage auf zumindest 322 Fälle angestiegen. Das österreichische Außenministerium hat vor diesem Hintergrund sogar eine partielle Reisewarnung für die betroffenen Gemeinden in der Lombardei und Venetien erlassen. Für Reisende mit gebuchten Reisen in den nächsten Wochen und Monaten, insbesondere nach Italien, stellt sich daher die Frage, ob sie von diesen kostenlos zurücktreten können.

Es muss hier zu allererst unterschieden werden, ob es sich bei der gebuchten Reise um eine Pauschalreise (also eine Kombination von mehreren Reiseleistungen, wie Beförderung und Unterbringung, z.B. eine Busreise nach Italien in den Osterferien) oder eine Individualreise (also z.B. unabhängig von einander gebuchter Flug und gebuchtes Hotel) handelt. Pauschalreisende sind hier allgemein besser geschützt.

Rücktrittsrecht der Reisenden von Pauschalreise
Verbraucher, die eine Pauschalreise gebucht haben, können vor Antritt der Reise ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen (§ 10 Abs 2 PRG). Außergewöhnliche Umstände sind beispielsweise Kriegshandlungen am Reiseziel, Naturkatastrophen oder eben auch erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit, wie der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel, die eine sichere Reise an das im Pauschalreisevertrag vereinbarte Reiseziel unmöglich machen. Die Verbraucher erhalten in diesem Fall volle Erstattung aller ihrer für die Pauschalreise geleisteten Zahlungen, haben aber keinen Anspruch auf darüber hinausgehende Entschädigung (z.B. kein Ersatz für entgangene Urlaubsfreude).

Die Frage, welche Risiken noch zumutbar sind und wann außergewöhnliche Umstände vorliegen, muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Eine klare Reisewarnung des Außenministeriums für den Bestimmungsort würde jedenfalls als Rücktrittsgrund gelten, muss aber nicht zwingend vorliegen. Eine (partielle) Reisewarnung des österreichischen Außenministeriums besteht derzeit etwa für die in der Lombardai und Venetien stark betroffenen Gemeinden in Italien, für einzelne Städte im ebenfalls stark von der Infektion betroffenen Südkorea und natürlich die Provinz Hubei in China. Aktuelle Informationen zu den einzelnen Ländern finden sich auf der Webseite des Außenministeriums:  https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/laender/

Bei einer Pauschalreise, die in unmittelbarer Zukunft, die direkt in eines der betroffenen Gebiete geht (z.B. in die italienischen Regionen Lombardei oder Venetien), liegen nach Meinung des VKI jedenfalls außergewöhnliche Umstände vor, die zum kostenlosen Rücktritt berechtigen. Bei gebuchten Pauschalreisen, die nicht direkt in die stark betroffenen Gebiete gehen (z.B. Pauschalreise nach Apulien in Italien) kann dagegen aus aktueller Sicht noch nicht von einem kostenlosen Rücktrittsrecht ausgegangen werden. Selbiges gilt für gebuchte Pauschalreisen, die erst in ein paar Wochen (z.B. zu Ostern) oder Monaten stattfinden. In diesen Fällen gilt es abzuwarten und die Lage weiter zu beobachten. Bei Verschlechterung der Lage können hier zu einem späteren Zeitpunkt außergewöhnliche Umstände vorliegen. Derzeit wäre aber kostenloser Rücktritt noch nicht möglich.

Reisenden, die eine noch bevorstehende Pauschalreise gebucht haben und die wegen dem Coronavirus besorgt sind, ist zu empfehlen, Kontakt mit ihrem Reisebüro aufzunehmen. Liegen die Voraussetzungen für einen kostenlosen Rücktritt aufgrund außergewöhnlicher Umstände (noch) nicht vor, möchten Reisende aber dennoch von ihrer geplanten Pauschalreise Abstand nehmen, so können sie gegen eine angemessene und vertretbare Entschädigung (im Pauschalreisevertrag sind hier in der Regel Stornosätze ausgewiesen) vom Pauschalreisevertrag zurücktreten.

Änderung der Pauschalreise durch den Reiseveranstalter
Ist der Reiseveranstalter aufgrund der derzeitigen Situation in Italien gezwungen wesentliche Eigenschaften der Reiseleistung (z.B. Reiseroute, im Preis enthaltene Besichtigungen/Ausflüge oder erhebliche Änderungen der Reise durch Reisebeschränkungen im Landesinneren von China) vor Beginn der Pauschalreise erheblich zu ändern, so muss dies dem Reisenden mitgeteilt werden und der Reisende hat das Recht innerhalb einer vom Reiseveranstalter festgelegten angemessenen Frist der vorgeschlagenen Änderung zustimmen oder vom Vertrag kostenfrei zurücktreten (§ 9 Abs 2 PRG).
 
Individualreisen
Anders als Pauschalreisende haben Personen, die Reiseleistungen individuell gebucht haben, kein vergleichbares kostenloses Rücktrittsrecht. Es kommt hier in vielen Fällen auch nicht österreichisches Recht zur Anwendung, sondern das Recht des Ortes an dem die touristische Leistung erbracht wird. Es empfiehlt sich hier, in jedem Fall mit dem Dienstleister Kontakt aufzunehmen, um allenfalls eine kulante Lösung zu erreichen.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://verbraucherrecht.at/cms/index.php?id=49&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4543&cHash=27098b491b071f176314cbda91b21f7d

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Gerichtlicher Unterlassungsvergleich mit MyTrip

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums MyTrip (OY SRG FINLAND AB) wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 33 Klauseln, darunter unzulässige Gutscheinregelungen, Haftungsbeschränkungen, Bearbeitungs- und Servicegebühren beanstandet wurden. MyTrip ließ es nicht auf ein Urteil ankommen und erklärte sich zu einem gerichtlichen Unterlassungsvergleich bereit. Der Vergleich ist rechtskräftig.

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Unzulässige Klauseln in AGB der „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Dezember 2022 im Auftrag des Sozialministeriums die „Hüttenpartner“ Alm-, Ski-, und Wanderhüttenvermietung GmbH wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei 25 Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw der „Bedingungen Annullierungsvertrag“ beanstandet wurden. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte nun das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichtes Korneuburg und erklärte alle 25 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang