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Urteil: Online-Check-in-Gebühren als fakultative Zusatzkosten bei Flugbuchungen

Nach dem EuGH müssen Gebühren für den Online-Check-in dann nicht als unvermeidbare und vorhersehbare Bestandteile des Endpreises mit diesem gemeinsam ausgewiesen werden, wenn es daneben eine kostenfreie Check-in-Alternative gibt. Die Mehrwertsteuer auf die Preise für Inlandsflüge sowie die Verwaltungsgebühren für Käufe mit einer anderen als der vom Luftfahrtunternehmer bevorzugten Kreditkarte seien dagegen unvermeidbare und vorhersehbare Bestandteile des Endpreises.

Im italienischen Ausgangsfall verhängte die italienische Wettbewerbsbehörde gegen Ryanair eine Geldbuße, da verschiedene Kosten (Gebühren für den Online-Check-in, Mehrwertsteuer auf Flugpreise und fakultative Zusatzleistungen und Verwaltungsgebühren für Käufe mit anderen als der von Ryanair bevorzugten Kreditkarte) von Ryanair  als fakultativ bezeichnet wurde und daher nicht als Bestandteil des Endpreises ausgewiesen wurden, während die Wettbewerbsbehörde der Ansicht war, dass diese Kosten allesamt als unvermeidbare und vorhersehbare Bestandteile des Endpreises anzusehen seien und Ryanair daher gegen Art 23 der VO (EG) 1008/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten verstoße. Das italienische Gericht, bei dem Ryanair die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde bekämpfte, rief daraufhin den EuGH zur Vorabentscheidung bezüglich der Qualifizierung der Kosten nach Art 23 VO (EG) 1008/2008 an.

Der EuGH erklärte dazu, dass fakultative Zusatzkosten im Sinne des Art 23 der VO (EG) 1008/2008 solche Dienste betreffen würden, die nicht unvermeidbar seien und den Luftverkehr als solche ergänzen, aber weder für die Beförderung der Fluggäste obligatorisch seien noch unerlässlich, sodass der Kunde die Wahl habe, sie anzunehmen oder abzulehnen. Es handle sich also um Zusatzkosten für Dienste auf einer "Opt-in"-Basis. Bei Online-Angeboten müssten Fluglinien bei erstmaliger Angabe des Preises sowohl den Flugpreis als auch gesondert alle unvermeidbaren und vorhersehbaren Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte ausweisen. Fakultative Zusatzkosten müssten dagegen am Beginn des Buchungsvorgangs klar, transparent und eindeutig mitgeteilt werden.

Zu den Online-Check-in-Gebühren erklärte der EuGH dabei, dass zwar der Check-in an sich unumgänglich und obligatorisch sei, es aber für die Beurteilung der Gebühren für eine spezifische Check-in-Art, wie den Online-Check-in, darauf ankomme, ob dem Verbraucher auch eine andere kostenlose alternative Check-in-Form zur Verfügung stehe. Könne der Verbraucher zwischen mindestens zwei Arten des Check-ins wählen, sei eine besondere Art des Check-ins, die ihm bei der Buchung angeboten wäre, nicht unbedingt ein für die Beförderung notwendiger und obligatorischer Dienst. Als unvermeidbar wären Check-in-Gebühren nach dem EuGH nur dann zu betrachten, wenn alle vom Luftfahrtunternehmen angebotenen Arten des Check-ins kostenpflichtig wären. Das nationale Gericht müsste daher im Ausgangsfall prüfen, ob es auch eine kostenfreie Check-in-Möglichkeit gebe. Biete Ryanair auch zumindest eine kostenfreie Check-in-Alternative an, seien die Online-Check-in-Gebühren fakultative Zusatzkosten im Sinne des Art 23 VO (EG) 1008/2008.

Ebenso erklärte der EuGH, dass die Mehrwertsteuer, die auf fakultative Zusatzleistungen erhoben würde, genauso wie die Kosten für fakultative Zusatzleistungen selbst, als fakultative Zusatzkosten zu qualifizieren seien, da sie untrennbar mit dieser Zusatzleistung verbunden seien. Die Mehrwertsteuer, die auf die Preise für Inlandsflüge erhoben würde, sei demgegenüber unvermeidbar und vorhersehbar und müsse entsprechend gesondert angegeben werden, sobald der zu zahlende Endpreis, das erste Mal ausgewiesen werde.

Zu den Verwaltungsgebühren für Käufe mit anderen als der von Ryanair bevorzugten Kreditkarte erklärte der EuGH schließlich, dass diese jedenfalls vorhersehbar seien. Auch wenn der Kunde ihrer Bezahlung durch die Nutzung der von Ryanair bevorzugten Kreditkarte entgehen könne, könne man aber nicht sagen, dass sie vermeidbar und damit fakultativ seien. Denn Zusatzkosten könnten, wie der EuGH erläutert, dann nicht als fakultativ angesehen werden, wenn die Wahl, die dem Verbraucher geboten werde, von einer vom Luftfahrtunternehmen vorgegebenen Bedingung abhänge, wonach die betreffende Leistung nur für einen beschränkten Kreis privilegierter Verbraucher kostenlos sei, während die nicht zu diesem Kreis gehörenden Verbraucher de facto dazu gezwungen seien, entweder die kostenpflichtige Leistung zu wählen oder auf den sofortigen Abschluss der Buchung zu verzichten. Die Kosten für diesen anderen Kreditkarten seien daher vorhersehbar und unvermeidbar im Sinne des Art 23 VO (EG) 1008/2008.

EuGH 23.04.2020, C-28/19 (Ryanair/Autorità Garante della Concorezza e del Mercato)

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