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Urteil: OLG Wien: Unzulässige Datenweitergabeklausel der Post

Das OLG beurteilt eine Klausel im Nachsendeauftrag der Post AG, die diese als Grundlage für die Datenweitergabe zu Werbezwecken verwendete, für unzulässig.

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Österreichische Post AG wegen mehrerer Klauseln in deren Vertragsformblättern bzw in den AGB "Urlaubsfach" und "Nachsendeauftrag".

Das Handelsgericht (HG) Wien gab dem Klagebegehren bereits vollumfänglich statt. Die Berufung der Post AG bezog sich lediglich auf die Klausel 4, die im Nachsendeauftrag enthalten war.

Die Post bietet Ihren Kunden die Möglichkeit bei dauerhaftem Umzug einen Nachsendeauftrag einzurichten. Bei Einrichtung eines Nachsendeauftrags werden vom Verbraucher die Namen der Empfänger, bisherige Anschrift, neue Anschrift, Telefon-Nummer, E-Mail-Adresse sowie die nachzusendende Art von Paketen (Brief, Päckchen, etc) angegeben. Weiters war auf dem Formular folgende Vereinbarung enthalten:

Klausel 4

Ich bin für allenfalls angeführte Mitumzieher zum Abschluss des Nachsendeauftrags beauftragt und bevollmächtigt.

Es gelten die AGB Nachsendeauftrag der Österreichischen Post AG in der jeweils gültigen Fassung, verfügbar u.a. unter www.post.at/agb
Informationen über Datennutzung: Ihre personenbezogenen Daten (Anrede, Titel, Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Adresse) können von der Österreichischen Post AG an Dritte gem. § 151 Gewerbeordnung zu Marketingzwecken übermittelt werden.

Sie sind jederzeit und ohne Angabe von Gründen berechtigt, die Übermittlung an Dritte zu Marketingzwecken zu untersagen. In diesem Fall kreuzen Sie das nachfolgende Kästchen an oder richten Sie Ihren Widerspruch an www.post.at/kontaktformular, 0800 010 100 oder mittels Schreiben an das Postkundenservice, Bahnsteggasse 17-23, 1210 Wien.

[ ] Ich bin mit einer Datenweitergabe nicht einverstanden.

Zu Absatz 1 der Klausel führt das OLG Wien aus, dass der datenschutzrechtlich Verantwortliche nicht nur zur Einhaltung der DSGVO-Bestimmungen verpflichtet ist, sondern auch dazu in der Lage sein muss, dies nachzuweisen (s Art 5 Abs 2 DSGVO u Art 24 DSGVO). Die Klausel bürdet diese Rechenschaftspflicht für seine Mitbewohner jedoch dem Verbraucher auf. Das OLG Wien hat hierzu festgestellt: Aus der Formulierung der Klausel ist eine Pflicht des Auftraggebers eines Nachsendeauftrags abzuleiten, im Bedarfsfall die Richtigkeit seiner Angabe, er sei für allenfalls angeführte Mitumzieher zum Abschluss eines Nachsendeauftrags beauftragt und bevollmächtigt, nachweisen zu müssen, obwohl er selbst keinesfalls Daten verarbeitet hat und daher kein Verantwortlicher im Sinne der DSGVO ist.

Die Post AG ist somit als datenschutzrechtlich Verantwortlicher zum Nachweis der rechtmäßigen Verarbeitung der Daten verpflichtet und kann diese Verpflichtung gemäß § 6 Abs 1 Z 11 KSchG nicht auf Verbraucher übertragen.

Zu Absatz 2 der Klausel ("Jeweils-Klausel"): Die Bestimmung beinhaltet ein inhaltlich und zeitlich völlig unbestimmtes Änderungsrecht bezüglich nicht individuell vereinbarten Vertragsbestimmungen. Die Post AG beruft sich bzgl der Zulässigkeit auf § 20 Abs 2 PMG. Hierin ist enthalten, dass nicht ausschließlich begünstigende Änderungen der AGB und neu erlassene AGB frühestens zwei Monate nach Veröffentlichung in Kraft treten. Die Post argumentierte, dass § 20 Abs 2 PMG mit § 25 TKG vergleichbar wäre. Für das OLG Wien unterscheiden sich diese beiden Bestimmungen aber, weil Verbrauchern iZm einseitigen Vertragsänderungen gemäß § 25 TKG ein außerordentliches Kündigungsrecht zukommt (welches den Ausgleich für die gesetzliche Ermächtigung zur einseitigen Vertragsänderung darstellt), welches weder in § 20 PMG vorgesehen ist noch bei Nachsendeaufträgen sinnvoll wäre. Weiters verweist § 20 Abs 4 PMG ausdrücklich auf § 6 KSchG als Prüfungsmaßstab. Eine Übernahme der zu § 25 Abs 2 TKG ergangenen Judikatur auf § 20 Abs 2 PMG ist daher schon deshalb entgegen der Auffassung der Post AG nicht angebracht.

Zu Absatz 3 und 4 der Klausel: Nach Auffassung der Post AG dürfe diese als gewerberechtlicher Adressverlag personenbezogene Daten zu Direktmarketingzwecken in ihrem berechtigten Interesse verarbeiten und an Dritte weitergeben. Die im Nachsendeformular enthaltene Opt-Out-Lösung entspreche der in § 151 Abs 3 und 4 GewO geregelten Voraussetzungen.

Das OLG Wien folgte der Auffassung der Post AG schon deshalb nicht, weil diese die Voraussetzungen des § 151 Abs 3 und 5 GewO gar nicht eingehalten habe: Zum einen hat die Beklagte die im Zuge der Einrichtung eines Nachsendeauftrags einzutragenden personenbezogenen Daten nicht aus einer in § 151 Abs 3 GewO genannten Quellen bzw. mittels Befragung (klassische Papier- oder Telefonbefragung) ermittelt, zum anderen regelt § 151 Abs 5 GewO ausdrücklich nur die Ermittlung der dort aufgezählten Datenkategorien aus einem Kunden- und Interessentendateisystem eines Dritten und nicht die Ermittlung durch die Post AG direkt bei ihren Kunden. Die Post AG kann sich folglich nicht auf § 151 GewO berufen und muss das in Art 25 Abs 2 DSGVO normierte Opt-In-Verfahren anwenden. Die Klausel ist laut OLG Wien unzulässig.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen, die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand: 28.7.2020).

OLG Wien 24.6.2020, 4 R 18/20a
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

 

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